Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung von Kindesunterhalt (vereinfachtes Verfahren). Familiensache

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 1612 b Abs. 5 BGB in der seit 01.01.2001 gültigen Fassung ist nicht verfassungswidrig.

2. § 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz in Verbindung mit § 655 ZPO ist nicht verfassungswidrig, soweit das Vereinfachte Verfahren nach diesen Bestimmungen sich auf Unterhaltstitel erstreckt, die auf mindestens 110 % des bei ihrer Errichtung maßgebenden Regelbedarfs oder Regelbetrages oder des jeweiligen Regelbetrages (abzüglich des anteiligen Kindergeldes) lauten.

 

Normenkette

BGB § 1612b Abs. 5; Unterhaltstitelanpassungsgesetz (Art. 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000) § 2; ZPO § 655

 

Verfahrensgang

AG Biberach (Aktenzeichen 12 FH 320/00)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Biberach vom 19.2.2001 wird auf seine Kosten

zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.536,00 DM

 

Gründe

I.

Die am 1986 geborene Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Dieser hat sich durch vollstreckbare Urkunde vom 00.7.1999 vor dem Landratsamt L. verpflichtet, an die Antragstellerin 110 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergeldes für ein zweites Kind zu bezahlen. Die Antragstellerin nimmt ihn im vereinfachten Verfahren gemäß §§ 2 Unterhaltstitelanpassungsgesetz (im Folgenden: UTAG; Art. 4 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhalts vom 2.11.2000), 655 ZPO auf Abänderung der vollstreckbaren Urkunde ab 1.1.2001 dahin in Anspruch, dass der Antragsgegner nunmehr 110 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe gemäß § 1 Regelbetragsverordnung abzüglich der jeweils für ein zweites Kind anrechenbaren Kindergeldleistung nach § 1612 b BGB schuldet, somit zunächst 561,00 DM (Rundung gemäß § 1612a Abs. 2 S. 2 BGB) – 7,00 DM = 554,00 DM. Das Familiengericht (Rechtspfleger) hat nach Anhörung des Antragsgegners durch den angefochtenen Beschluss antragsgemäß entschieden. Gegen die ihm am 6.3.2001 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die am 8.3.2001 beim Familiengericht einging. Er hält die Neuregelung des § 1612 b Abs. 5 BGB, die zu der Abänderung geführt hat, für verfassungswidrig, weil der Rechtsstaats- und Sozialstaatsgedanke (Art. 20 GG) und die verfassungsrechtlichen Elternrechte des Vaters sowie die Gleichberechtigung der Geschlechter hierdurch verletzt worden seien, und führt hierzu aus, nach der Neuregelung zahlten wenig verdienende Väter ebenso viel Unterhalt wie besser verdienende; gerade die schlecht verdienenden Väter erhielten damit kein Kindergeld, während Millionäre weiterhin Kindergeld erhalten könnten oder den Aufwand steuerlich freistellen könnten. Die schlechter verdienenden Väter würden auch dadurch im Vergleich zu anderen besonders hart betroffen, dass sie weiterhin zum Umgang mit ihren Kindern berechtigt und verpflichtet seien und die Umgangskosten nunmehr nicht mehr aus dem Kindergeld bestreiten könnten. Nach der Neuregelung obliege es allein dem barunterhaltspflichtigen Elternteil, in aller Regel bei Nichtehelichkeit dem Vater, das – willkürlich bei 135 % des Regelbetrags festgelegte – Existenzminimum des Kindes zu bestreiten, während die Mütter ihren Anteil am Unterhalt weiterhin nur durch Erziehung leisten könnten, wobei ihnen der Kindergeldanteil unabhängig davon belassen werde, wie qualitätvoll diese Erziehung ausfalle. Außerdem bezweifelt er die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, wenn, wie nach seiner Ansicht hier, verfassungsrechtlich bedeutende Fragen zu erörtern seien. Er beantragt zum Verfahren die Vorlage der Akten an das Bundesverfassungsgericht zur Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Neuregelung und in der Sache die Aufrechterhaltung des alten Titels. Das Familiengericht Biberach hat die Akten nicht dem Bundesverfassungsgericht, sondern dem OLG Stuttgart zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden und auch sonst zulässig. Zwar sieht § 655 Abs. 5 ZPO i.V.m. Abs. 3 der Vorschrift (auf beide verweist § 2 UTAG) vor, dass mit der sofortigen Beschwerde nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung, gegen die Berechnung des Betrags der anzurechnenden Kindergeldleistungen sowie die Unrichtigkeit der Kostenfestsetzung geltend gemacht werden und im Falle eines (nach Meinung des Beschwerdeführers) sofortigen Anerkenntnisses die Kostengrundentscheidung angegriffen werden können. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers stellen aber jedenfalls auch die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens in Frage. Wenn es zuträfe, dass § 1612 b Abs. 5 BGB in der gesetzlichen Neuregelung durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindes...

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