Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung wegen Anfechtung von Gemeinschaftsbeschlüssen

 

Leitsatz (amtlich)

Es ist unzulässig, auf ein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft dadurch Druck dahingehend auszuüben, in Zukunft Beschlüsse der Gemeinschaft nicht mehr anzufechten, dass ihm für künftige Beschlussanfechtungen eine Abmahnung mit der Androhung der Entziehung des Wohnungseigentums in Aussicht gestellt wird.

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 10.12.2003; Aktenzeichen 29 T 17/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 10.12.2003 - 29 T 17/03 - dahingehend abgeändert, dass auch der Beschluss der Eigentümergemeinschaft vom 24.3.2000 zum Tagesordnungspunkt 15 für ungültig erklärt wird.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner wird zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten erster Instanz und des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller 45 % und die Antragsgegner 55 %. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegner. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in allen Instanzen nicht statt.

 

Gründe

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller ist zulässig und begründet. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 24.3.2000 unter TOP 15 ist rechtswidrig und daher aufzuheben. Der Beschluss lautet:

"Antrag Vorwaltungsbeirat: Entziehung des Wohnungseigentums (hier: Eheleute L)

Vorbemerkung:

Die Miteigentümer - Eheleute L - fechten jährlich die wesentlichen Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft (hier: Hausgeldabrechnung, Wirtschafsplan, Entlastung Verwalter, Entlastung Verwaltungsbeirat, größere Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen) an. Dieses Verfahren betreiben die Eheleute L dann über die Instanzen (AG, LG und OLG).

Dies hat für die Eigentümergemeinschaft folgende Konsequenzen:

  • jährlich fallen Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten an.
  • Wichtige Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, wie z. B. die Sanierung der Dehnungsfugen und Hofabläufe Tiefgaragen der Attikaabdeckungen und Flachdächer werden um Jahre verzögert und führen zwangsläufig zu höherem Sanierungsbedarf und damit verbundenen höheren Kosten.
  • Potentielle Käufer von Eigentumswohnungen werden abgeschreckt, obwohl die Wohnanlage X-Straße 2 - 2 G wohl eine der gepflegtesten und preiswertesten Großwohnanlagen im Kölner Raum ist.

Beschluss:

Die Eigentümergemeinschaft legitimiert die Verwaltung, die Eheleute L abzumahnen, nicht jährlich willkürlich Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft anzufechten und über alle Instanzen zu betreiben.

Der Eigentümergemeinschaft entsteht durch überfällige und über Jahre nicht ausführbare Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen erhebliche Mehrkosten und Gerichts- und Anwaltskosten.

Dies ist der Eigentümergemeinschaft nach über 10-jährigem Gerichtsmarathon nicht länger bereit hinzunehmen.

Darüber hinaus schädigen die Eheleute I und H L durch ihre jährlichen Beschlussanfechtungen den Wert der Immobilie ihrer Miteigentümer, da potentielle Käufer von Eigentumswohnungen durch die Vielzahl von Gerichtsverfahren, die in den Protokollen dokumentiert sind, abgeschreckt werden.

Sollten die Abmahnungen zu keinem Ergebnis führen, wird die Verwaltung legitimiert, eine Klärung im Verfahren nach § 43 WEG herbeizuführen.

Zu diesem Zwecke wird die Verwaltung legitimiert, eine im Wohnungseigentumsrecht versierte Anwaltskanzlei einzuschalten und dieser übliche Prozessvollmachten zu erteilen."

Der Beschluss ist inhaltlich unzulässig, weil er die Antragsteller als Wohnungseigentümer in einem ihrer gesetzlichen Rechte, nämlich Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlungen anzufechten, beschränken will. Gegen die Antragsteller wird durch den Beschluss eine Drohgebärde dahin erhoben, dass sie mit einem Verfahren auf Entziehung ihres Wohnungseigentums rechnen müssen, wenn sie Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft anfechten. Dadurch sollen die Antragsteller veranlasst werden, ihnen missliebige Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft hinzunehmen. Für eine solche Beschränkung der elementarsten Rechte der Wohnungseigentümer fehlt aber der Wohnungseigentümergemeinschaft die Beschlusskompetenz. Gegen willkürliche Beschlussanfechtungen durch die Antragsteller sind die Antragsgegner hinreichend durch § 47 WEG geschützt: Stellt das Gericht fest, dass ein Anfechtungsantrag tatsächlich willkürlich war, ihm also jede innere Berechtigung fehlte, so ist es nicht gehindert, den Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Würde der angefochtene Beschluss, wie er unter TOP 15 gefasst wurde, fortbestehen und die Berechtigung einer Abmahnung erst im Entziehungsverfahren überprüft werden, stünden die Antragsteller bei jeder beabsichtigten Beschlussanfechtung unter dem massiven Druck, die Entziehung ihres Wohnungseigentums befürchten zu müssen, wenn sie einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht hinnehmen. Sie wären dann nicht mehr unbefangen in der Lage, ihre sich aus der Mitgliedsch...

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