Verfahrensgang

LG Arnsberg (Entscheidung vom 16.01.2008; Aktenzeichen 4 O 279/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 20.02.2008 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 16.01.2008 abgeändert.

Dem Antragsteller wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt U aus C zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts für den Antrag bewilligt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 3.675,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und den Antragsteller von seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber seinen Verfahrensbevollmächtigten aus deren Kostenrechnung vom 22.05.2007 in Höhe von 402,82 EUR freizustellen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf die Hälfte zu ermäßigen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller, der in der (vor dem 01.01.1977 errichteten) JVA X eine Freiheitsstrafe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verbüßt, begehrt mit seiner beabsichtigten Klage vom Land Nordrhein-Westfalen die Zuerkennung einer Entschädigung wegen der Unterbringung in einem Gemeinschaftshaftraum über einen Zeitraum von insgesamt 371 Tagen sowie Freistellung von Kosten, die ihm durch die außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten berechnet worden sind.

Er war vom 11.05.2006 bis zum 07.05.2007 - unterbrochen vom 19.10.2006 bis zum 08.11.2006 und erneut vom 01.02.2007 bis zum 15.02.2007 - zusammen mit jeweils einem weiteren Gefangenen in jeweils einem 10,8 qm großen Gemeinschaftsraum untergebracht. Dieser Raum war ausgestattet mit 2 Betten, 2 Stühlen, 1 Tisch und 2 Kleiderschränken. Ferner befand sich eine Toilette in dem Raum, die durch eine verstellbare Holzwand von 1,07 m x 1,20 m abgetrennt war.

Einem Antrag des Antragstellers auf Einzelunterbringung wurde durch die Anstaltsleitung nicht stattgegeben. Ihm ist - nach Vortrag des Landes am 03.08.2006, nach Behauptung des Antragstellers erst im Ferbuar 2007 - die Verlegung in einen etwa 24 qm großen Haftraum mit abgetrennter Toilette angeboten worden, der mit zwei weiteren Gefangenen belegt war. Gegen die Versagung der Zuweisung eines Einzelhaftplatzes hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Nach am 07.05.2007 erfolgter Verlegung in einen Einzelhaftraum hat die Strafvollstreckungskammer den auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner vorherigen Unterbringung gerichteten Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, die Unterbringung sei nicht menschenunwürdig gewesen, weil der Antragsteller diese Unterbringung selbst gewählt habe, obwohl ihm eine andere Unterbringung in dem größeren Haftraum, die der Menschenwürde nicht widersprochen habe, angeboten worden sei.

Die JVA war in dem hier maßgeblichen Zeitraum unstreitig permanent überbelegt.

Der Antragsteller macht geltend, dass die gemeinschaftliche Unterbringung in dem Haftraum gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung verstoßen habe. Das begründe eine Amtspflichtverletzung, für die das Land zumindest wegen Organisationsverschuldens hafte. Die Unterbringung mit den weiteren Gefangenen habe ihn stark belastet, weil die Mitgefangenen deutlich mehr geraucht hätten als er, die Mitgefangenen Kenntnis von seiner Straftat gehabt und ihn deshalb drangsaliert hätten, er mit HIV infizierten und an Hepatitis C erkrankten Gefangenen untergebracht gewesen sei und von einem Gefangenen auch tätlich angegriffen worden sei. Er habe zudem häufig Magen- und Darmprobleme gehabt und es hätten sich infolge der ständigen Drangsalierungen durch Mitgefangene Depressionen eingestellt. Ein Schmerzensgeld von 100 EUR pro Tag der menschenunwürdigen Unterbringung sei angemessen.

Das Land ist dem entgegengetreten und macht geltend, der Antragsteller habe die ihm angebotene Verlegung in den größeren Haftraum abgelehnt. Überdies seien die Belastungen auch durch Teilnahme an Freizeitveranstaltungen und Arbeitstherapie abgemildert gewesen. Es bestehe kein Junktim zwischen der Verletzung der Menschenwürde und einem Anspruch auf Geldentschädigung. Die verlangte Entschädigung sei in jedem Fall übersetzt.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Unterbringung des Antragstellers sei aus den zutreffenden Erwägungen der Strafvollstreckungskammer nicht rechtswidrig gewesen. Ergänzend sei festzustellen, dass der Antragsteller auch gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund der ggf. zur Rechtswidrigkeit führenden Umstände nicht substantiiert dargelegt habe. Dass auch der Antragsteller die Situation nicht als absolut unzumutbar gewertet habe, ergebe sich aus der Ablehnung der Verlegung in eine größere Zelle mit abgetrennter Toilette.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der er unter Wiederholung und Vertiefung des erstinstanzlic...

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