Verfahrensgang

LG Arnsberg (Entscheidung vom 05.11.2007; Aktenzeichen 4 O 337/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 05.11.2007 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 17.10.2007 abgeändert.

Dem Antragsteller wird ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt U aus C zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts für den Antrag bewilligt, das beklagte Land zu verurteilen, an ihn 2.880,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und ihn von seiner Zahlungsverpflichtung in Höhe von 316,18 EUR gegenüber seinen Verfahrensbevollmächtigten aus deren Kostenrechnung vom 11.06.2007 freizustellen.

Die weitergehende sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren ist auf die Hälfte zu ermäßigen.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller, der in der (vor dem 01.01.1977 errichteten) JVA X eine Freiheitsstrafe verbüßt, begehrt mit seiner beabsichtigten Klage vom Land Nordrhein-Westfalen die Zuerkennung einer Entschädigung wegen der Unterbringung in einem Gemeinschaftshaftraum über einen Zeitraum von insgesamt 285 Tagen sowie Freistellung von Kosten, die ihm durch die außergerichtliche Tätigkeit seiner Prozessbevollmächtigten berechnet worden sind.

Er war vom 02.11.2006 bis zum 06.11.2006 im Haftraum F 2/18 mit zwei weiteren Gefangenen untergebracht. Dieser Haftraum war mit einer abgetrennten und gesondert entlüfteten Toilette ausgestattet. Vom 06.11.2006 bis zum 13.08.2007 war er jeweils mit einem weiteren Gefangenen zunächst im Haftraum F 3/24, dann im Haftraum F 3/26 und schließlich im Haftraum F 3/53 untergebracht, die sämtlich eine Bodenfläche von 11,15 qm hatten und mit 2 Betten, 2 Stühlen, 1 Tisch und 2 Kleiderschränken. Ferner befand sich eine Toilette in dem Raum, die nur durch einen Vorhang abgetrennt war und keine gesonderte Entlüftung hatte.

Einem Antrag des Antragstellers vom 09.05.2007 auf Einzelunterbringung wurde durch die Anstaltsleitung nicht stattgegeben. Ihm ist allerdings am 16.05.2007 die Verlegung in einen etwa 21 qm großen Haftraum mit abgetrennter Toilette angeboten worden, der mit zwei weiteren Gefangenen belegt war. Dieses Angebot hat der Antragsteller nicht angenommen.

Zwischen den Parteien ist streitig, ob und wann der Antragsteller bereits zuvor Verlegungsanträge gestellt hat.

Die JVA war in dem hier maßgeblichen Zeitraum unstreitig permanent überbelegt.

Der Antragsteller macht geltend, dass die gemeinschaftliche Unterbringung in den Hafträumen gegen das Gebot menschenwürdiger Unterbringung verstoßen habe. Das begründe eine Amtspflichtverletzung, für die das Land zumindest wegen Organisationsverschuldens hafte. Im Haftraum F 2/18 sei er von den beiden Mitgefangenen an der Religionsausübung gehindert worden, die für ihn als gläubigen Moslem fünf tägliche Gebete erfordere. Die anschließende Unterbringung mit jeweils einem weiteren Gefangenen habe ihn abgesehen von der Toilettensituation stark belastet, weil die Mitgefangenen starke Raucher gewesen seien und er den Gefahren des Passivrauchen ausgesetzt gewesen sei. Zwar sei er selbst auch Raucher, die Rauchbelastung durch zwei Raucher auf einem derart engen Raum sei aber ungleich größer. Die ihm am 16.05.2007 angebotene Verlegung sei für ihn nicht akzeptable gewesen, weil die beiden bereits in dem angebotenen Haftraum untergebrachten Häftlinge bereits im Vorfeld deutlich gemacht hätten, sie wüssten es zu verhindern, wenn er seine Gebete machen oder gar albanische Musik hören wolle. Ein Schmerzensgeld von 100 EUR pro Tag der menschenunwürdigen Unterbringung sei angemessen.

Das Land ist dem entgegengetreten und macht geltend, der Antragsteller habe die ihm angebotene Verlegung in den größeren Haftraum abgelehnt. Überdies seien die Belastungen auch durch Teilnahmemöglichkeiten an Freizeitveranstaltungen und der seit dem 18.12.2006 erfolgten Zuweisung einer Arbeitstätigkeit abgemildert gewesen. Es bestehe kein Junktim zwischen der Verletzung der Menschenwürde und einem Anspruch auf Geldentschädigung. Die verlangte Entschädigung sei in jedem Fall übersetzt.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch scheitere bereits daran, dass der Antragsteller den gebotenen Primärrechtsschutz nicht in Anspruch genommen habe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass der Antragsteller auch gesundheitliche Beeinträchtigungen aufgrund der ggf. zur Rechtswidrigkeit führenden Umstände nicht substantiiert dargelegt habe. Dies und der Umstand, dass der Antragsteller von Rechtsschutzmöglichkeiten keinen Gebrauch gemacht habe, zeige, dass die Mindestschwelle nicht überschritten worden sei, die zur Auslösung eines Schmerzensgeldes erreicht sein müsse.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner rechtzeitig eingelegten sofortigen Beschwerde, mit der er unter Wiederholung...

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