Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Schuldner einer Unterlassungsverfügung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2018, 292 [BGH 11.10.2017 - I ZB 96/16] - Produkte zur Wundversorgung) gehalten, seine Abnehmer aufzufordern, bereits ausgelieferte Produkte vorläufig nicht weiter zu vertreiben, kommt der Schuldner den sich daraus ergebenden Verpflichtungen nicht nach, wenn er lediglich darauf hinweist, dass das Produkt derzeit nicht vertrieben wird.

2. Liegt in dem in Ziffer 1. genannten Fall eine Zuwiderhandlung vor, ist dem Schuldner ein Verschulden auch dann anzulasten, wenn die gebotenen Maßnahmen bereits vor der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs hätten getroffen werden müssen; der Grad des Verschuldens ist jedoch gering.

 

Normenkette

ZPO § 890

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 06.06.2016; Aktenzeichen 3-10 O 126/15)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.

Gegen die Antragsgegnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 28.9.2015, Az. 3-10 O 126/15 ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 900,00, ersatzweise für je EUR 180,00 ein Tag Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, verhängt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Vollstreckungsverfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens und des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Antragstellerin hat die Hälfte der Kosten der Streithelferin der Antragsgegnerin zu tragen.

Beschwerdewert: 1.800,- EUR

 

Gründe

I. Das Landgericht hat der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 28.9.2015 untersagt, im geschäftlichen Verkehr Verpackungen von Produkten zur Wundversorgung, die mit dem Kennzeichen "X" und/oder "X//Y" gekennzeichnet sind, ohne Zustimmung der Markeninhaberin durch Aufbringen eines Klebeetiketts wie im Beschluss abgebildet zu verändern sowie veränderte Verpackungen abzugeben, in Verkehr zu bringen und zu bewerben. Das Verbot ist auf § 14 II Nr. 1 MarkenG und Art. 9 I S. 2 lit. a) UMV gestützt.

Die einstweilige Verfügung ist der Antragsgegnerin spätestens am 6.10.2015 zugestellt worden. Sie hat die von der einstweiligen Verfügung betroffenen Produkte nach ihrer Behauptung daraufhin "in Quarantäne gebucht" und sie in der sogenannten Lauertaxe als "außer Vertrieb" gemeldet. Bereits an Dritte ausgelieferte Ware hat sie nicht zurückgerufen und auch ihre Abnehmer nicht über die einstweilige Verfügung vom 28.9.2015 informiert.

Die Antragstellerin ließ am 9.10.2015 einen Testkauf durchführen. Die B AG, ein pharmazeutischer Großhändler, lieferte dabei an den Testkäufer von der Antragsgegnerin bezogene Produkte mit der in der einstweiligen Verfügung beschriebenen Kennzeichnung.

Auf Antrag der Antragstellerin vom 23.10.2015 hat das Landgericht gegen die Antragsgegnerin mit Beschluss vom 6.6.2016 wegen Zuwiderhandlung gegen die mit einstweiliger Verfügung vom 28.9.2015 ausgesprochene Unterlassungsverpflichtung ein Ordnungsgeld in Höhe von EUR 1.800,00 verhängt. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat der Senat mit Beschluss vom 19.9.2016 den Vollstreckungsantrag zurückgewiesen (OLG Frankfurt, GRUR 2016, 1319 = WRP 2017, 98 [BGH 21.04.2016 - I ZR 100/15]).

Der Bundesgerichtshof hat auf die vom Senat zugelassene Rechtsbeschwerde den Beschluss des Senats vom 19.9.2016 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde und die der Streithelferin der Antragsgegnerin im Rechtsbeschwerdeverfahren entstandenen Kosten, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen (BGH GRUR 2018, 292 [BGH 11.10.2017 - I ZB 96/16] - Produkte zur Wundversorgung).

Im wiedereröffneten Beschwerderechtszug hat die Antragsgegnerin dargelegt, die Abnehmer seien durch die "Außer-Vertrieb-Meldung" hinreichend darüber informiert gewesen, dass die Produkte nicht mehr vertrieben werden. Sie habe auch schuldlos gehandelt, da die aktuelle BGH-Rechtsprechung nicht absehbar gewesen sei. Das verhängte Ordnungsgeld sei übersetzt. Der Antragsgegnerin sei es auch nicht zumutbar gewesen, das Großhandelsunternehmen, zu dem eine langjährige Geschäftsbeziehung bestehe, aufzufordern, die Produkte einstweilen nicht weiter zu vertreiben.

II. Die zulässige Beschwerde führt zu einer Ermäßigung des festgesetzten Ordnungsmittels. Im Übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

1. Ein Zuwiderhandlung ist gegeben. Die Antragsgegnerin hat dadurch gegen die ihr in der einstweiligen Verfügung auferlegte Unterlassungsverpflichtung verstoßen, dass sie keine Maßnahmen ergriffen hat, um den Weitervertrieb der von ihr vor Zustellung der einstweiligen Verfügung an Großhändler ausgelieferten Produkte zur Wundversorgung zu verhindern. Insoweit kann auf die Gründe der Rechtsbeschwerdeentscheidung Bezug genommen werden.

2. Die angeblich ergriffenen Maßnahmen, die rechtsverletzend gekennzeichneten und aufgemachten Produkte "in Quarantäne" zu buchen und in der Lauertaxe als "außer Vertrieb" zu meld...

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