Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen, unter denen der Betreiber eines Meinungsforums im Internet auf Unterlassung (Entfernen) einer Meinungsäußerung eines Benutzers in Anspruch genommen werden kann.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 14.09.2005; Aktenzeichen 12 O 440/04)

 

Nachgehend

OLG Düsseldorf (Urteil vom 13.02.2008; Aktenzeichen I-15 U 180/05)

BGH (Urteil vom 27.03.2007; Aktenzeichen VI ZR 101/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 14.9.2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird bei Vermeidung eines vom Gericht im Falle jeder Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft von 6 Monaten verurteilt, es zu unterlassen, ggü. Dritten nicht erweislich wahre Tatsachen zu behaupten oder zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen, welche den Kläger beleidigen, verächtlich machen oder in der öffentlichen Meinung herabwürdigen können und zwar im Internet unter der Website http://www.XXX.de/folgende Aussagen zu verbreiten:

"Sie (Anmerkung der Kläger) dagegen haben nichts zu verlieren, weder einen Ruf, noch eine Arbeit. Sie suhlen sich wie eine Sau im Deck und laben sich am Leid anderer Menschen. Sie verstecken sich feige und dreckig hinter dem scheinbar sauberen Mantel des Kinderschutzes, um damit Ihre eigenen Unzulänglichkeiten zu verstecken. Sie müssen faul und arbeitsscheu sein, leben seit Geburt an auf Kosten der Allgemeinheit. Um Ihrem erbärmlichen Dasein einen Sinn zu geben, haben Sie sich ein Feindbild geschaffen, eines, dass zumindest so wie Sie es sehen nicht existiert. Zum größten Teil trieb Sie wahrscheinlich der Neid auf andere Menschen, die es im Gegensatz zu Ihnen, zu etwas gebracht haben."

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 310,65 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger zu 57 % und die Beklagte zu 43 % zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Parteien je zu 50 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 4.500 EUR.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beitreibbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor Beginn der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

Der Kläger ist Mitbegründer und Vorstandsvorsitzender des eingetragenen Vereins Y" der die Bekämpfung von Kinderpornographie und Gewaltdarstellungen im Internet zum Satzungszweck hat. Die Beklagte ist Inhaberin der Domain www.XXX.de, das sich u.a. mit sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie beschäftigt.

In dem Forum veröffentlichten am 26.5.2004 ein nicht namentlich bekannter Teilnehmer unter dem Pseudonym "K" sowie am 14.12.2004 der frühere Mitbegründer des Vereins J. unter dem Pseudonym "R" jeweils einen Beitrag, der sich kritisch mit dem Kläger auseinandersetzt. Mit der Klage begehrt der Kläger Unterlassung bestimmter Äußerungen aus diesen Beiträgen, Schmerzensgeld sowie Erstattung von Rechtsanwaltskosten. Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das LG hat den Unterlassungsanträgen sowie teilweise dem Zahlungsantrag stattgegeben und hat die Klage im Übrigen abgewiesen. Es hat dies, soweit es der Klage stattgegeben hat, damit begründet, durch die streitgegenständlichen Äußerungen würde der Kläger in seiner Individualsphäre beeinträchtigt. Im Verbreiten dieser Äußerungen durch die Beklagte Siege eine Verletzungshandlung. Eine Distanzierung von der ersten Äußerung liege nicht in der Anmerkung und werde bezüglich der zweiten Äußerung nicht behauptet. Die Äußerungen seien unzweifelhaft ehrverletzend. Die Formulierungen der ersten Äußerung zeigten, dass es nicht um die Auseinandersetzung mit der Sache, sondern um Diffamierung ginge. Auch die zweite Äußerung verletze sein allgemeines Persönlichkeitsrecht, weil ihm, wenn auch in Frageform, der Vorwurf gemacht werde, pädophil zu sein, sich aber im Griff zu haben und mit Vehemenz alle zu hassen, die das auslebten. Durch die weiteren Ausführungen werde ihm die Lust am perversen Verhalten vorgeworfen. Ein Rechtfertigungsgrund sei nicht gegeben. Die Abwägung ergebe, dass es in der ersten Äußerung allein um persönliche Diffamierung und Herabsetzung gehe und auch hinsichtlich der zweiten Äußerung dem Schutz des Persönlichkeitsrechts der Vorrang zu geben sei. Zu berücksichtigen sei dabei, dass durch diese Äußerung in die Intimsphäre des Klägers eingegriffen werde. Soweit sich die Beklagte darauf berufe, den in der Äußerung dargestellten Vorwürfen lägen tatsächliche Ereignisse zugrunde, vermöge dies die angegriffene Darstellung nicht zu rechtfertigen, weil diese deutlich mache, dass es in erster Linie um die Diffamier...

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