Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine isolierte Anfechtung einer auf § 93a ZPO beruhenden Kostenentscheidung

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung ist nicht statthaft, wenn diese auf § 93a ZPO beruht.

Eine analoge Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO ist in diesem Fall nicht geboten.

 

Normenkette

ZPO § 93a Abs. 1, § 99 Abs. 2, § 269 Abs. 5

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Pankow/Weißensee (Urteil vom 08.03.2006; Aktenzeichen 17 F 2996/04)

 

Nachgehend

KG Berlin (Beschluss vom 25.06.2007; Aktenzeichen 19 WF 97/07)

BGH (Beschluss vom 28.02.2007; Aktenzeichen XII ZB 165/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen die Kostenentscheidung des am 8.3.2006 verkündeten Verbundurteils des AG Pankow/Weißensee - 17 F 2996/04 - wird auf seine Kosten bei einem Beschwerdewert von bis zu 900 EUR verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Der Senat entscheidet gem. § 568 Satz 2 ZPO.

Im vorliegenden Verfahren hat die Antragstellerin die Scheidung ihrer Ehe beantragt. Im Wege der Stufenklage hat der Antragsgegner Ehegattenunterhalt geltend gemacht, den er nach übereinstimmender Erledigungserklärung des Auskunftsanspruchs zunächst beziffert und hinsichtlich dessen er nach einem entsprechenden Hinweis des Gerichts im Termin vom 8.3.2006 den Zahlungsantrag zurückgenommen hat. Durch Urteil vom 8.3.2006, auf das Bezug genommen wird, hat das AG die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich ausgesetzt und die Kosten zu 80 % dem Antragsgegner und zu 20 % der Antragstellerin auferlegt. Gegen die Kostenentscheidung des ihm am 14.3.2006 zugestellten Urteils wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 28.3.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er erachtet sie in entsprechender Anwendung von § 269 Abs. 5 ZPO für zulässig und rügt, dass bei der Kostenverteilung nicht die Quote der jeweiligen Streitwerte, sondern lediglich die der Antragstellerin durch die Unterhaltsforderung entstandenen Mehrkosten hätten zugrundegelegt werden dürfen.

Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht statthaft, da sich der Antragsgegner ausschließlich gegen die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils wendet, und zwar gegen die Kostenlast aufgrund des von ihm zurückgenommenen Antrages auf Zahlung nachehelichen Unterhalts. Insoweit steht ihm ein Rechtsmittel nicht zur Verfügung.

Gemäß § 99 Abs. 1 ZPO ist die Anfechtung der Kostenentscheidung grundsätzlich nicht zulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Eine Ausnahme sieht das Gesetz für den Fall des Anerkenntnisses (§ 99 Abs. 2 ZPO), der übereinstimmenden Erledigungserklärung (§ 91a Abs. 2 ZPO) und der Klagerücknahme (§ 269 Abs. 5 ZPO) vor. Eine isolierte Anfechtungsmöglichkeit wird auch für den Fall der gemischten Kostenentscheidung bei einer Teilklagerücknahme bejaht, und zwar hinsichtlich des auf der Klagerücknahme beruhenden Kostenteils (vgl. BGH v. 28.1.1999 - III ZB 39/98, NJW-RR 1999, 1741 f.; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 723 f.; v. 28.1.1994 - 22 U 188/93, OLGReport Düsseldorf 1995, 13 = NJW-RR 1994, 827 f.; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 823; OLG Frankfurt v. 21.4.2005 - 6 W 218/04; Stein/Jonas/Bork, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 99 Rz. 15, 17).

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils - wie hier - auf § 93a Abs. 1 ZPO beruht, der eine die allgemeinen Kostenvorschriften verdrängende Sonderregelung darstellt (vgl. BGH FamRZ 1983, 683; v. 13.11.1985 - IVb ZB 112/82, MDR 1986, 657 = FamRZ 1986, 253 [254]; KG FamRZ 1988, 1075 f.). Entgegen den erfolgsabhängigen §§ 91, 92 ZPO enthält § 93a ZPO eine Abkehr vom Prinzip des Obsiegens und Unterliegens und sieht "in Konsequenz der Abkehr des Gesetzgebers vom Schuldprinzip grundsätzlich die kostenmäßige Gleichbehandlung der Ehegatten vor" (BGH FamRZ 1983, 683; v. 13.11.1985 - IVb ZB 112/82, MDR 1986, 657 = FamRZ 1986, 253 [254]; vgl. ferner Stein/Jonas/Bork, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 93a Rz. 1; Belz in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 93a Rz. 1). Der Kostenaufhebungsgrundsatz erstreckt sich auch auf die im Verbund geltend gemachten Folgesachen. Eine anderweitige Kostenverteilung kann das Gericht gem. § 93a Abs. 1 Satz 2 ZPO aus wirtschaftlichen Erwägungen oder aus Billigkeitsgründen treffen. § 93a ZPO verdrängt auch § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nach Rücknahme eines eine Folgesache betreffenden Antrages (vgl. KG FamRZ 1988, 1075 f.; OLG Frankfurt FamRZ 1985, 823; OLG Zweibrücken v. 19.11.1996 - 5 UF 138/95, OLGReport Zweibrücken 1997, 29 = FamRZ 1997, 504 [506]; Stein/Jonas/Bork, Kommentar zur ZPO, 22. Aufl., § 93a Rz. 1; Musielak, Kommentar zur ZPO, 4. Aufl., § 93a Rz. 3).

§ 93a ZPO sieht jedoch anders als § 269 ZPO die gesonderte Anfechtung der getroffenen Kostenentscheidung nicht vor. Auch eine analoge Anwendung des § 99 Abs. 2 ZPO ist nicht geboten. Abgesehen davon, dass der Gesetzgeber im Ehescheidungsverfahren eine entsprechende Anwendung des § 269 ZPO ausdrücklich nur für den Fall der Zurücknahme d...

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