Leitsatz (amtlich)

Durchbrechung des Grundsatzes von § 99 Abs. 1 ZPO und Zulassung einer Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung, soweit diese eine Antragsänderung durch den Antragsteller als teilweise Rücknahme des Eilantrags mit entsprechender Kostenfolge wertet.

 

Normenkette

ZPO § 99 Abs. 1, § 269 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 08.11.2004; Aktenzeichen 2-6 O 445/04)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerinnen zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse der Antragstellerinnen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerinnen haben mit Schriftsatz vom 4.11.2004 den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt, mit der es der Antragsgegnerin untersagt werden sollte,

1. sowohl Abschleppaufträge anzunehmen als auch Abschleppungen und Bergungen vorzunehmen, ohne dass vorher der Abzuschleppende ausdrücklich darüber belehrt wurde, dass der ... die Abschleppkosten nur dann übernimmt, wenn ein ...-Vertragspartner abschleppt und die Antragsgegnerin selbst nicht mit dem ... abrechnen darf und der Abzuschleppende daher die Kosten der Abschleppung selbst zu tragen hat;

2. dritten Personen, die im Besitz einer ...-Mitgliedschaft sind und Abschleppleistungen jedweder Art benötigen mit dem Ziel der Erlangung des Abschleppauftrages in jeglicher Form zu bedrängen, zu beeinflussen und über die Nichtabrechnungsmöglichkeit der Abschleppleistungen mit dem ... hinwegzutäuschen.

Auf einen - offenbar fernmündlich erteilten - Hinweis des LG änderten die Antragstellerinnen ihr Petitum und beantragten anstatt der zunächst gestellten Anträge mit Schriftsatz vom 5.11.2004, es der Antragsgegnerin zu untersagen,

wahrheitswidrig ggü. dritten Personen, insb. ggü. abzuschleppenden Personen zu behaupten, dass die Antragsgegnerin berechtigt sei für den ... abzuschleppen und mit dem ... direkt die Abschleppleistungen abrechnen kann.

Das LG entsprach diesem Antrag mit Beschl. v. 8.11.2004, erlegte den Antragstellerinnen jedoch unter Verweis auf § 269 Abs. 3 ZPO 2/3 der Kosten auf.

Gegen die Kostenentscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen vom 22.11.2004, der das LG unter Hinweis auf § 99 Abs. 1 ZPO nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerinnen sind der Auffassung, ihr neuer Antrag sei nicht als Klagerücknahme zu werten; jedenfalls sei es unbillig, ihnen 2/3 der Kosten aufzuerlegen.

II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft und auch sonst zulässig (§§ 269 Abs. 3 S. 5, 567 Abs. 2 ZPO).

Zwar ist grundsätzlich die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, § 99 Abs. 1 ZPO. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes sieht das Gesetz jedoch in den §§ 99 Abs. 2, 91a Abs. 2 ZPO vor. Es handelt sich dabei um Fälle, in denen die Kostenentscheidung nicht von einer Entscheidung in der Hauptsache abhängt. Der BGH hat die in diesen Fällen vorgesehene Beschwerde auch bei sog. Mischentscheidungen zugelassen, bei denen das Gericht einheitlich über die gesamten Kosten entschieden hat, obwohl die Kostenentscheidung zum Teil dem Ergebnis der Sachentscheidung folgt und sich nur zum Teil auf § 91a oder § 93 ZPO stützt; allerdings soll dann lediglich die zu dem erledigten oder anerkannten Teil gehörige Kostenentscheidung angegriffen werden können (BGHZ 40, 265 [270]; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 99 Rz. 13). Stets bleibt das Beschwerdegericht an die (teilweise) Kostenverteilung, die aufgrund der Hauptsacheentscheidung ausgesprochen wurde, gebunden.

Die Durchbrechung des Grundsatzes des § 99 Abs. 1 ZPO ist gleichfalls gerechtfertigt, wenn das Gericht bei teilweiser Rücknahme einer Klage oder eines Verfügungsantrages abschließend über die Kosten entschieden hat und nur der sich auf die Teilrücknahme stützende Kostenausspruch angegriffen werden soll (OLG Frankfurt, Beschl. v. 20.9.1984 - 6 W 89/84, S. 3; OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 723; LG Freiburg NJW 1977, 2217; Lüke in MünchKomm/ZPO, § 269 Rz. 60). Denn auch in diesem Fall ist die Kostenentscheidung gem. § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO anfechtbar und die Nachprüfung des auf die Klagerücknahme gestützten Kostenausspruchs unabhängig von dem Ergebnis einer Sachentscheidung möglich und nicht durch diese vorweggenommen. Das gilt auch dann, wenn - wie hier - die Frage streitig ist, ob der Tatbestand einer Klagerücknahme überhaupt erfüllt ist. Denn auch, soweit diese Feststellung in dem die einstweilige Verfügung erlassenden Beschluss inzident getroffen wurde, handelt es sich um eine Entscheidung nach § 269 Abs. 3 S. 3 ZPO (BGH v. 22.6.1993 - X ZR 25/86, MDR 1993, 1073 = NJW-RR 1993, 1470; v. 2.3.1978 - III ZR 99/76, NJW 1978, 1585; Lüke in MünchKomm/ZPO, § 269 Rz. 35; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl., § 129 Rz. 40), die im Wege der sofortigen Beschwerde gem. § 269 Abs. 3 S. 5 ZPO angreifbar ist (in der Entscheidung BGH v. 2.3.1978 - III ZR 99/76, NJW 1978, 1585 behandelte der BGH die Beschwerde als unstatthaft, weil sie...

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