Normenkette

AMG § § 84, 84 Abs. 1, § 84a, § 84a Abs. 1; ZPO §§ 141, 286, 301, 529, 533, 540 Abs. 1 Nr. 1; EGBGB Art. 229 § 8 Abs. 1

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft gemäß § 84 a AMG zu erteilen über sämtliche ihr bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und diesbezügliche Verdachtsfälle hinsichtlich des von Seiten der Beklagten in Deutschland bis zum 30. September 2004 vertriebenen Medikaments V... und den davon ausgehenden schädlichen Wirkungen, soweit sie Herzinfarkte und thrombische Ereignisse betreffen, sowie über sämtliche Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit solcher schädlicher Wirkungen des Medikaments von Bedeutung sein können, insbesondere sämtliche Schadensmeldungen seit 1999.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I.

Der Kläger nimmt als Erbe seiner am 9. November 2004 verstorbenen Ehefrau E... K... die Beklagte, die in Deutschland das Schmerzmittel V... vertrieb, das sie im September 2004 nach dem Bekanntwerden möglicher erheblicher Gesundheitsrisiken freiwillig vom Markt nahm, unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelhaftung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens sowie auf Auskunft über bekannte Nebenwirkungen und Wechselwirkungen in Anspruch.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil des Landgericht Neuruppin vom 27. April 2007 - Az: 3 O 72/06 - Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Gegen dieses Urteil hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese auch fristgemäß begründet.

In der mündlichen Verhandlung vom 21. Januar 2009 hat der Kläger, wie bereits mit Schriftsatz vom 20. Januar 2009 angekündigt, erklärt, den bis dahin lediglich hilfsweise gestellten Auskunftsanspruch zurückzunehmen und diesen nunmehr als Hauptantrag gestellt.

Der Senat hat Beweis erhoben zu der Frage, ob die verstorbene Ehefrau des Klägers Frau E... K... das Arzneimittel V... kontinuierlich von März 2000 bis August 2004 eingenommen hat, durch Vernehmung der Zeugen Dr. A... N..., Dr. B... Ki... und Frau S... H... (Schwester der Verstorbenen). Wegen der Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 20. Mai 2009 sowie vom 30. September 2009 verwiesen.

Der Kläger ist hinsichtlich des Auskunftsanspruchs der Ansicht, dass dieser auch im laufenden Haftungsprozess geltend gemacht werden könne und begründet sei, weil er darauf ziele, ihm diejenigen Informationen zu verschaffen, die er benötige, um seinen Vortrag im Haftungsprozess - insbesondere zum Risiko-Nutzen-Verhältnis des Arzneimittels - zu substantiieren. Die Beklagte verfüge über die entsprechenden Informationen, weil sie im Rahmen des Zulassungsverfahrens und der Nachbeobachtungsphase des Medikaments verpflichtet sei, entsprechende Schadensmeldungen zu sammeln und zu registrieren.

Der Kläger beantragt zuletzt unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin:

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft gemäß § 84a AMG zu erteilen über sämtliche ihr bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen, Wechselwirkungen und diesbezügliche Verdachtsfälle hinsichtlich des von Seiten der Beklagten in Deutschland bis zum 30. September 2004 vertriebenen Medikaments V... und den davon ausgehenden schädlichen Wirkungen, soweit sie Herzinfarkte und thrombische Ereignisse betreffen, sowie über sämtliche Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit solcher schädlicher Wirkungen des Medikaments von Bedeutung sein können, insbesondere sämtliche Schadensmeldungen seit 1999.

2. Für den Fall der nicht richtigen oder nicht vollständigen Auskunftserteilung wird die Beklagte verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit durch Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu erklären.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung der Klage zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger beginnend mit dem 9. November 2004 und endend mit dem 9. Mai 2026 eine monatliche Geldrente in Höhe von 1.340,86 € zu zahlen.

4 a. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die Beerdigungskosten für seine Ehefrau in Höhe von 3.531,91 € zu erstatten. Dieser Betrag ist mit 5%-Punkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 1. Dezember 2004 zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage hinsichtlich des Auskunftsantrags abzuweisen.

Die Beklagte hält den Übergang von dem hilfsweisen zu dem unbedingt gestellten Auskunftsantrag für unzulässig und stimmt weder der Klageänderung, noch der ihrer Ansicht nach hierin liegenden teilweisen Klagerücknahme zu. Sie ist hinsichtli...

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