Leitsatz (amtlich)

a) Die Anordnung des Sofortvollzugs der Rückübertragung eines Grundstücks nach dem Vermögensgesetz führt nicht nur zum vorläufigen Übergang des Volleigentums auf den Berechtigten, sondern auch zum vorläufigen Übergang der Mietverhältnisse der Mieter des Grundstücks auf den Berechtigten (Fortführung von BGH v. 12.4.1996 - V ZR 310/94, BGHZ 132, 306 = MDR 1996, 1110).

b) Hausverwaltungsverträge gehen auch bei Anordnung des Sofortvollzugs nicht auf den Berechtigten über (Anschluss an BGH, Urt. v. 1.3.2001 - III ZR 329/98, ZOV 2001, 317).

c) Die zivilrechtlichen Wirkungen des Sofortvollzugs treten mit Bekanntgabe der Anordnung an alle Betroffenen ein (Fortführung des BGH, Urt. v. 14.3.1997 - V ZR 129/95, MDR 1997, 536 = VIZ 1997, 346).

d) Die Bekanntgabe der Anordnung des Sofortvollzugs an eine Erbengemeinschaft kann auch gegenüber dem Testamentsvollstrecker erfolgen (Anschluss an BFH v. 30.9.1987 - II R 42/84, NJW 1989, 936).

 

Normenkette

VermG § 33 Abs. 6, § 34 Abs. 1 S. 8

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 02.10.2003; Aktenzeichen 22 U 86/01)

LG Berlin

 

Tenor

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 22. Zivilsenats des KG in Berlin v. 2.10.2003 unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage i.H.v. 1.428,96 EUR abgewiesen worden ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger weitere 1.428,96 EUR zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger 67 % und die Beklagte 33 %.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger 85 % und die Beklagte 15 %.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger 95 % und die Beklagte 5 %.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Am 15.9.1941 verkaufte der für den in die USA emigrierten und später von den Klägern beerbten E. K. bestellte Abwesenheitspfleger dessen Anwesen M. str. 21-23/S. Str. 21 in B. -M. an M. J. und P. K. zu gleichen Teilen, die als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden. Später wurde das Grundstück unter staatliche Verwaltung gestellt und 1995 durch den staatlichen Verwalter, die Wohnungsbaugesellschaft B. -M. mbH (WBM), an die Rechtsnachfolger der Erwerberinnen herausgegeben, die die Beklagte mit einem Vertrag v. 24./29.5.1996 mit der Verwaltung beauftragten. Dieser Vertrag berechtigte die Beklagte u.a. zum Einzug der Mieten von den Mietern des Anwesens. Er endete am 31.7.1999. Die Beklagte führte die Verwaltung aber noch bis zum 30.9.1999 weiter.

Am 21.1.1994 ordnete das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen in Berlin-Mitte die Übertragung des Anwesens an die Kläger an und gab diesen zugleich auf, an Dr. K., den Erben der P. K., und an die WBM, die gesetzliche Vertreterin der seinerzeit unbekannten Erben der M. J., jeweils 2.643,45 DM für getilgte Hypotheken zu zahlen. Gegen diesen Bescheid erhoben Dr. K. und die WBM Widerspruch, der durch Bescheid des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen in Berlin v. 23.6.1998 abschlägig beschieden wurde. Gegen diesen Bescheid, der Dr. K. und anstelle der WBM H., S. und S. K., Erben nach M. J., zugestellt wurde, erhob Dr. K. Anfechtungsklage, die das VGH Berlin mit am 29.3.1999 zugestelltem Urteil abwies. Zu den Erben der M. J. gehörte auch der 1996 verstorbene und von M. und P. E. beerbte W. E.. Mit Bescheid v. 26.11.1998, der W. E. nicht mehr zugestellt werden konnte, ordnete das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin Mitte den sofortigen Vollzug des Rückübertragungsbescheids in Ansehung der Restitution an. Diesen leitete das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin am 13.1.1999 auch P. E. als Testamentsvollstrecker des Nachlasses von W. E. zu. Dieser meldete am 30.9.1999 Entschädigungsansprüche nach § 7a Abs. 3b VermG an.

Die Kläger verlangen von der Beklagten die Auszahlung der Überschüsse aus den von Mai bis September 1999 von den Mietern des Anwesens eingezogenen Mieten.

Das LG hat der Klage bis auf einen Teil des damals auch noch geltend gemachten Anspruchs auf Herausgabe von Mietkautionssparbüchern stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hin hat das KG die Verurteilung der Beklagten zur Herausgabe der Mietkautionssparbücher bestätigt, ihre Verurteilung zur Zahlung jedoch bis auf die hälftigen Mietüberschüsse für August und September 1999 abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision der Kläger, mit der diese ihren weiter gehenden Zahlungsantrag weiterverfolgen. Die Beklagte tritt dem entgegen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts scheitert der Zahlungsantrag wegen der Mietüberschüsse von Mai bis Juli 1999 an dem zu dieser Zeit noch bestehenden Verwaltungsvertrag der Beklagten mit den Rechtsnachfolgern der seinerzeitigen Erwerberinnen. Insoweit bestehe ein Auskehrungsanspruch nur gegen diese, nicht aber gegen die Beklagte als deren Beauftragte. Die Mietüberschüsse für August und September 1999 könnten die Kläger nur zur Hälfte verlangen, weil der Rückübertragungsbescheid in diesem Zeitraum nur in Ansehung des Miteigentumsanteils der P. K., nicht aber in Ansehung des Miteigentumsanteils der M. J. unanfechtbar gewesen sei. Der Widerspruchsbescheid sei nämlich dem Miterben W. E. und seinen Erben nicht zugestellt worden. Unanfechtbar sei er erst mit dem Antrag des P. E. auf Entschädigung v. 30.9.1999 geworden.

II.

Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nur teilweise stand.

1. Soweit die Kläger ihren Anspruch auf Auskehrung der Mitüberschüsse für die Monate Mai bis Juli 1999 weiterverfolgen, ist die Revision unzulässig.

a) Das Berufungsgericht hat die Revision zwar im Tenor des Berufungsurteils ohne Einschränkungen zugelassen. Das hat aber nicht zwingend zur Folge, dass die Revision unbeschränkt zugelassen ist. Die Beschränkung der Zulassung einer Revision muss sich nämlich nicht aus dem Tenor, sie kann sich auch aus der Begründung ergeben, die für die Zulassung gegeben wird (BGH BGHZ 48, 134 [136]; Urt. v. 9.3.2000 - III ZR 356/98, MDR 2000, 629 = NJW 2000, 1794 [1796]; Urt. v. 12.7.2000 - XII ZR 159/98, MDR 2000, 1233 = WM 2000, 1967 [1968]; Urt. v. 20.5.2003 - XI ZR 248/02, MDR 2003, 1190 = BGHReport 2003, 961 = NJW 2003, 2529; Urt. v. 11.7.2003 - V ZR 430/02, BGHReport 2003, 1256 = MDR 2003, 1283 = WM 2004, 234 [235]; Beschl. v. 29.1.2004 - V ZR 244/03, Umdr. S. 5). Allerdings muss aus den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit ausreichender Klarheit hervorgehen, dass das Berufungsgericht die Möglichkeit einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nur wegen eines abtrennbaren Teils seiner Entscheidung eröffnen wollte (BGH, Urt. v. 11.7.2003 - V ZR 430/02, BGHReport 2003, 1256 = MDR 2003, 1283 = WM 2004, 234 [235]; Beschl. v. 29.1.2004 - V ZR 244/03, Umdr. S. 5).

b) So liegt es hier. Die von dem Berufungsgericht aufgeworfene Frage stellte sich für die Mietüberschüsse von Mai bis Juli 1999 genauso wie für die Monate August und September 1999. Das Berufungsgericht hat es aber nicht bei der Benennung der zu klärenden Frage belassen. Es hat vielmehr hinzugefügt, hiervon hänge ab, ob die Kläger die Mietüberschüsse ab dem 1.8.1999 vollständig oder nur zur Hälfte verlangen könnten. Diese zeitliche Eingrenzung ist nicht zufällig. Für die Monate Mai bis Juli 1999 hat das Berufungsgericht nämlich Ansprüche der Kläger auch insoweit verneint, als es den Übergang des Eigentums auf die Kläger nach dem Rückübertragungsbescheid des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen v. 21.1.1994 als wirksam angesehen hat. In diesem Zeitraum sei die Beklagte nur Beauftragte der Verfügungsberechtigten gewesen und deshalb nicht selbst passivlegitimiert. Deshalb schieden Ansprüche der Kläger aus der Sicht des Berufungsgerichts in diesem Zeitraum von vornherein auch insoweit aus. Aus der für die Auslegung der Zulassungsentscheidung maßgeblichen Sicht des Berufungsgerichts war die zulassungsrelevante Frage nur für die Monate August und September 1999 klärungsbedürftig. Darauf ist die Zulassung beschränkt. Daran würde es entgegen der Ansicht der Revision nichts ändern, wenn der Übergang des Eigentums in Ansehung des Miteigentumsanteils der M. J. ohnehin daran scheitern würde, dass die Kläger die ihnen aufgegebene Verpflichtung zur Zahlung von 2.643,45 DM an die Erben der M. J. nicht erfüllt hatten. Denn das ist nur ein Teilaspekt der Frage nach einem wirksamen Eigentumsübergang auch in Ansehnung dieses Miteigentumsanteils, die das Berufungsgericht insgesamt der revisionsrechtlichen Überprüfung zugänglich machen wollte. Außerdem nimmt das Berufungsgericht, was die Revision übersieht und in der Sache nicht angreift, auf S. 18 seines Urteils an, auch die Erben der M. J. hätten auf ihre Zahlungsansprüche aus dem Rückübertragungsbescheid wirksam verzichtet.

c) Gegen die Nichtzulassung der Revision in Ansehnung der Mietüberschüsse für Mai bis Juli 1999 ist Beschwerde nicht, auch nicht hilfsweise erhoben. Die Kläger können diese auch nicht mehr einlegen.

2. Die im Übrigen zulässige Revision ist begründet. Den Klägern steht aus § 816 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Auskehrung der vollen Mietüberschüsse für August und September 1999 zu.

a) Das Eigentum an dem Grundstück ist im Januar 1999 auf die Kläger übergegangen.

aa) Hierfür kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht darauf an, ob und wann der Rückübertragungsbescheid v. 21.1.1994 gegenüber allen Beteiligten bestandskräftig geworden ist. Richtig ist allerdings, dass die Zivilgerichte auf Grund der mit seinem Erlass eingetretenen Tatbestandswirkung nur an das Bestehen dieses Bescheids als solches gebunden sind (BGH, Urt. v. 19.6.1998 - V ZR 43/97, MDR 1998, 1280 = NJW 1998, 3055 [3056]). Es trifft auch zu, dass die zivilrechtlichen Wirkungen eines Bescheids gegenüber den Betroffenen gewöhnlich erst mit seiner Unanfechtbarkeit eintreten (BGH, Urt. v. 14.3.1997 - V ZR 129/95, MDR 1997, 536 = VIZ 1997, 346; Urt. v. 18.1.2002 - V ZR 104/01, BGHReport 2002, 450 = MDR 2002, 630 = VIZ 2002, 422 [424]).

bb) Das Berufungsgericht hat aber übersehen, dass das Vermögensgesetz die zivilrechtlichen Wirkungen eines Rückübertragungsbescheids nicht nur gem. § 34 VermG mit seiner Unanfechtbarkeit eintreten lässt. Ein Rückübertragungsbescheid kann vielmehr nach § 33 Abs. 6 VermG auch für sofort vollziehbar erklärt werden. Die zivilrechtlichen Wirkungen des Sofortvollzugs eines Rückübertragungsbescheids waren zwar umstritten. Der Senat hat aber mit seinem Urt. v. 12.4.1996 (BGH v. 12.4.1996 - V ZR 310/94, BGHZ 132, 306 [310 f.] = MDR 1996, 1110) entschieden, dass auch der sofort vollziehbare Rückübertragungsbescheid zur, wenn auch vorläufigen, Übertragung von Volleigentum am Restitutionsgegenstand führt. Deshalb ging Volleigentum an dem Grundstück auf die Kläger nicht erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit des Rückübertragungsbescheids v. 21.1.1994 über, sondern schon mit dem Eintritt von dessen sofortiger Vollziehbarkeit. Das setzt allerdings voraus, dass die sofortige Vollziehung des Bescheids gegenüber allen materiell Betroffenen angeordnet und damit auch ihnen allen gegenüber wirksam geworden ist (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1997 - V ZR 129/95, MDR 1997, 536 = VIZ 1997, 346 [347]).

cc) Das ist hier der Fall.

(1) Der Restitutionsbescheid ist allen Betroffenen gegenüber bekannt gemacht worden. Denn die Erben nach M. J. waren seinerzeit sämtlich durch die WBM vertreten, die auch in ihrer aller Namen Widerspruch eingelegt hatte. Der Bescheid v. 26.11.1998, durch den der Restitutionsbescheid v. 21.1.1994 für sofort vollziehbar erklärt wurde, ist indessen nicht allen Erben nach M. J. gegenüber bekannt gemacht und deshalb auch nicht unmittelbar allen Betroffenen gegenüber wirksam geworden (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1997 - V ZR 129/95, MDR 1997, 536 = VIZ 1997, 346 [347]). Zu diesen Erben gehörten nämlich nicht nur H., S. und S. K., denen der Bescheid zugestellt wurde, sondern auch W. E.. Diesem konnte der Bescheid zunächst nicht zugestellt werden, weil er zu diesem Zeitpunkt schon verstorben war.

(2) Dieser Mangel ist aber dadurch behoben worden, dass der Bescheid v. 26.11.1998 am 13.1.1999 P. E. als Testamentsvollstrecker des Nachlasses von W. E. zugeleitet wurde. Dadurch wurde er auch den Erben des W. E. gegenüber bekannt gemacht und damit auch ihnen gegenüber zivilrechtlich wirksam. Dies ergibt sich aus § 2213 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach kann ein Anspruch gegen den Nachlass sowohl gegenüber dem Testamentsvollstrecker als auch gegenüber den Erben gerichtlich durchgesetzt werden. Ansprüche, über die - wie bei den Ansprüchen nach dem Vermögensgesetz - eine Verwaltungsbehörde im Verwaltungsverfahren zu entscheiden hat, können aber nicht unmittelbar durch eine Leistungsklage durchgesetzt werden, sondern nur durch Erlass eines Verwaltungsakts. Dieser ersetzt funktionell die gerichtliche Geltendmachung. Daraus folgt umgekehrt, dass ein Bescheid in Bezug auf einen Nachlassgegenstand sowohl gegenüber dem Testamentsvollstrecker als auch den Erben gegenüber erlassen werden kann (BFH v. 30.9.1987 - II R 42/84, NJW 1989, 936; Bamberger/Roth/J. Mayer, § 2213 Rz. 2; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen v. 24.10.1995 - 15 A 3695/91, NVwZ-RR 1997, 62 [63]). Allerdings ist der Bescheid v. 26.11.1998 dem P. E. nicht durch das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin-Mitte, sondern durch das Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen zugeleitet worden, das für den Erlass des Bescheids nicht zuständig war. Das ist aber unschädlich. Denn durch die Anordnung der Senatsverwaltung der Finanzen von Berlin über die Auflösung des Amts zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin-Mitte v. 28.12.1998 (Amtsbl. Berlin 1999, 862) ist dieses Amt mit Wirkung v. 1.1.1999 aufgelöst und die Erledigung der bei ihm noch anhängigen offenen Anträge nach § 25 Abs. 1 S. 3 VermG dem Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen übertragen worden, das deshalb auch die noch ausstehende Bekanntgabe gegenüber dem Nachlass nach W. E. zu bewirken hatte.

(3) Unschädlich ist schließlich auch, dass das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin-Mitte in den Gründen des Bescheids v. 26.11.1998 irrig ausführte, W. E. sei dem Widerspruch nicht beigetreten, er erhalte den Bescheid - wie die übrigen Erben nach M. J. - nur nachrichtlich. Das aber ändert nichts daran, dass der Bescheid auch diesem gegenüber Wirkungen entfalten sollte und entfaltete, sobald er ihm bekannt gegeben war. Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen Berlin-Mitte hatte W. E. in der Rolle des nachrichtlich zu Beteiligenden nur deshalb aufgenommen, weil es glaubte, dieser habe den Rückübertragungsbescheid nicht angegriffen. Der Restitutionsausspruch aus dem Restitutionsbescheid v. 21.1.1994 konnte gegenüber keinem der Beteiligten wirksam werden, solange der Widerspruch auch nur eines Beteiligten gegen den Restitutionsbescheid noch nicht abschließend beschieden war. Inhaltlich konnte die Anordnung seines Sofortvollzug in ihren Wirkungen nicht auf einzelne Beteiligte begrenzt, sondern nur umfassend angeordnet werden.

(4) Schließlich ist unerheblich, dass P. E. "nur" eine Kopie des Duldungsbescheides übersandt worden ist. Der Zweck der Bekanntgabe nach § 41 VwVfG ist erreicht, wenn dem Adressaten eine zuverlässige Kenntnis des Inhalts des Bescheids verschafft wird. Diese Kenntnis vermittelt auch eine Fotokopie, wenn sie das Original nach Inhalt und Fassung vollständig wiedergibt (BVerwG BVerwGE 104, 301 [314]; BFH BFHE 119, 219 [222]; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 41 Rz. 16). Außerdem muss die Kopie dem Empfänger zum Zwecke der Bekanntgabe überlassen werden (BVerwG BVerwGE 104, 310 [314]; v. 15.1.1988 - 8 C 8/86, NJW 1988, 1612 [1613]). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. In dem Bescheid v. 26.11.1998 war ausdrücklich eine Bekanntgabe des Bescheids auch gegenüber W. E. vorgesehen. Sie ist versucht worden und am Ableben des W. E. gescheitert. Der Bescheid v. 26.11.1998 ist P. E. am 13.1.1999 nicht zur bloß informellen Information überlassen, sondern mit förmlichen Anschreiben als Testamentsvollstrecker des W. E. übersandt worden, um die in dem Bescheid vorgesehene Bekanntgabe an W. E. zu erreichen. An dem Bekanntgabewillen des Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen in Berlin ändert auch der Umstand nichts, dass es in seinem Schreiben die Formulierung "zur Kenntnisnahme" verwandte (vgl. BFH BFHE 116, 467 [469]). Damit hat das Amt nicht etwa eine mindere Form der Information gewählt, sondern nur den Zweck des Schreibens, nämlich P. E. den Bescheid bekannt zu machen, beschrieben.

dd) Der sofortige Vollzug des Rückübertragungsbescheids verschuf den Klägern unmittelbar Volleigentum. Dies war nicht davon abhängig, dass auch die anderen Bedingungen eingehalten wurden. Insbesondere kam es auch nicht darauf an, ob die Kläger die Zahlungspflichten aus dem Bescheid erfüllten oder ob die Verfügungsberechtigten auf ihre Ansprüche verzichteten. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen oder ein Verzicht der Verfügungsberechtigten hierauf war zwar Voraussetzung für den endgültigen Erhalt des Eigentums, weil der Gesetzgeber mit dem Vermögensrechtsbereinigungsgesetz v. 20.10.1998 (BGBl. I, 3180) den Eintritt der Unanfechtbarkeit von der Erfüllung auch solcher Zahlungspflichten abhängig machte (§ 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VermG in der seitdem geltenden Fassung) und eine abweichende Regelung für zuvor erlassene Bescheide, die noch nicht unanfechtbar geworden waren, nicht vorsah. Für den Erwerb vorläufigen Eigentums ist dies aber unerheblich. Erwarben die Kläger aber schon im Januar 1999 Eigentum, bedarf es auch keiner Entscheidung darüber, ob der Rückübertragungsbescheid v. 21.1.1994 nach Maßgabe der vor der Rückübertragung bestehenden Miteigentumsanteile schrittweise bestandskräftig werden konnte, obwohl nicht die früheren Miteigentumsanteile, sondern unter Aufhebung dieser Miteigentumsanteile das ungeteilte Eigentum auf die Kläger übertragen wurde.

b) Die Beklagte war auch Nichtberechtigte. Mit dem (vorläufigen) Übergang des Eigentums sind die Kläger nach § 17 S. 1 VermG auch in die Mietverhältnisse der Mieter des Anwesens eingetreten. Dieser gesetzliche Vertragsübergang (dazu: BGH, Urt. v. 14.9.2000 - III ZR 211/99, VIZ 2000, 734 [735]) erfolgt zwar gewöhnlich erst mit dem Eintritt der Bestandskraft (BGH, Urt. v. 14.9.2000 - III ZR 211/99, VIZ 2000, 734 [735]; Urt. v. 1.3.2001 - III ZR 329/98, ZOV 2001, 317). § 17 S. 1 VermG stellt aber nur auf die "Rückübertragung" und nicht auf deren Unanfechtbarkeit ab. Er greift seinem Wortlaut nach auch dann, wenn die Rückübertragung vorläufig erfolgt. Der Übergang der Mietverhältnisse in diesem Fall entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift, da deren Schicksal bei einem vorläufigen Übergang des Eigentums ohne gleichzeitigen Übergang der Mietverhältnisse ungewiss wäre, was aber, wie schon das Bestehen des neben § 16 Abs. 2 VermG an sich nicht gebotenen § 17 S. 1 VermG zeigt, gerade vermieden werden sollte. Nicht eingetreten sind die Kläger allerdings in den Hausverwaltungsvertrag der Beklagten mit den Erben der vormaligen Verfügungsberechtigten. Ein Hausverwaltungsvertrag kann zwar bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise wie ein Bauvertrag (für diesen: BGH v. 15.4.1999 - VII ZR 290/98, BGHZ 141, 203 [205 f.] = MDR 1999, 929) als grundstücksbezogenes Rechtsverhältnis angesehen werden, das grundsätzlich nach § 16 Abs. 2 S. 1 VermG auf den Restitutionsberechtigten übergehen würde. § 16 Abs. 2 S. 1 VermG ist aber in Ansehnung von Hausverwaltungsverträgen einschränkend auszulegen (BGH, Urt. v. 1.3.2001 - III ZR 329/98, ZOV 2001, 317 [318]). Durch die Restitution soll der Berechtigte sein Eigentum nicht nur als Rechtstitel zurückerlangen, sondern selbst wieder in Besitz nehmen können. Das aber würde vereitelt, wenn auch ein Hausverwaltungsvertrag auf ihn übergehen würde. Geht der Hausverwaltungsvertrag aber nicht auf den Berechtigten über, kann er dem Verwalter auch kein Recht zum Besitz und auch nicht das Recht vermitteln, Mieten einzuziehen.

c) Es fehlt auch nicht an einem Bereicherungsverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten. Hierfür kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts weder auf das Ende des Hausverwaltungsvertrags noch darauf an, für wen die Beklagte nach dem Auslaufen des Hausverwaltungsvertrags tätig wurde. Die Zahlungen der Mieter an die Beklagte konnten seit Mai 1999 den Klägern gegenüber nicht mehr zur Erfüllung von deren Mietzinsverpflichtungen führen, weil der Hausverwaltungsvertrag keine Grundlage mehr für eine Empfangszuständigkeit der Beklagten war. Den Klägern gegenüber führten diese Zahlungen erst und nur dadurch zur Erfüllung, dass diese die Beklagte verklagten und damit (BGH, Urt. v. 20.3.1986 - III ZR 236/84, MDR 1986, 916 = NJW 1986, 2104 [2106]; RGZ 106, 44 [45]; Bamberger/Roth/Bub, § 182 Rz. 3) die Zahlungen der Mieter an die Beklagte genehmigten (BGH, Urt. v. 15.5.1986 - VII ZR 211/85, MDR 1987, 48 = NJW 1986, 2430; Urt. v. 9.2.1989 - IX ZR 145/87, BGHZ 106, 375 = MDR 1989, 630 = NJW 1989, 1348 [1350, 1351]; Bamberger/Roth/Wendehorst, § 816 Rz. 30). Verfügungen der Verfügungsberechtigten haben die Kläger damit nicht genehmigt. Deshalb konnte ein Bereicherungsverhältnis zu diesen auch nicht entstehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92, 91a ZPO. Die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils waren, wie von dem Berufungsgericht entschieden, beiden Parteien je zur Hälfte, die übrigen Kosten nach dem geänderten Umfang des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens aufzuerlegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1171399

BGHZ 2005, 179

BGHR 2004, 1271

FamRZ 2004, 1486

EWiR 2004, 1111

NZM 2004, 959

VIZ 2004, 496

WM 2005, 198

ZIP 2004, 1762

ZMR 2004, 656

ZfIR 2004, 733

MDR 2004, 1233

NJ 2004, 512

BBB 2004, 57

JWO-MietR 2004, 233

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