Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich (hier: Anrechte bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg)

 

Leitsatz (amtlich)

Anrechte bei der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (ZVK-KVBW) sind nach der Änderung der für sie geltenden Satzung der ZVK-KVBW im Anwartschaftsstadium als statisch, im Leistungsstadium jedoch als volldynamisch zu beurteilen (im Anschluss an die BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474; v. 8.9.2004 - XII ZB 144/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 147 = FamRZ 2004, 1706; v. 6.10.2004 - XII ZB 133/04, BGHReport 2005, 163 = MDR 2005, 149= FamRZ 2004, 1959).

 

Normenkette

BGB § 1587a Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3, 4

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Beschluss vom 30.10.2003; Aktenzeichen 18 UF 170/03)

AG Überlingen

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des 18. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des OLG Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg - v. 30.10.2003 aufgehoben.

Die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des AG - FamG - Überlingen v. 21.7.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der monatliche Ausgleichsbetrag, bezogen auf den 31.8.2002, nicht 468,44 EUR, sondern 455,43 EUR beträgt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der weitere Beteiligte zu 1); die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 500 EUR

 

Gründe

I.

Die Parteien haben am 10.8.1973 geheiratet. Der Scheidungsantrag des Ehemannes (Antragsteller; geboren am 15.3.1941) ist der Ehefrau (Antragsgegnerin; geboren am 17.10.1951) am 12.9.2002 zugestellt worden. Das AG - FamG - hat die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den abgetrennten Versorgungsausgleich nachfolgend dahin geregelt, dass es zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1)) im Wege des Quasisplittings nach § 1587b Abs. 2 BGB auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA; weitere Beteiligte zu 2)) Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 468,44 EUR, bezogen auf den 31.8.2002, begründet hat.

Dabei ist das AG nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1) bis 3) von ehezeitlichen (1.8.1973 bis 31.8.2002; § 1587 Abs. 2 BGB) Anwartschaften des Antragstellers beim LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 S. 1 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001i.H.v. monatlich 1.282,59 EUR sowie der Antragsgegnerin bei der BfA i.H.v. monatlich 339,94 EUR, bezogen auf den 31.8.2002, ausgegangen. Die für die Antragsgegnerin bei der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (KVBW; weitere Beteiligte zu 3)) bestehenden Anwartschaften hat das AG als insgesamt statisch bewertet und nach entsprechender Dynamisierung anhand der Barwert-Verordnung für die Antragsgegnerin monatlich 5,77 EUR dem Versorgungsausgleich zu Grunde gelegt.

Die hiergegen gerichtete Beschwerde des LBV hat das OLG zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des LBV, mit der es weiterhin geltend macht, das OLG habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien, die BfA und die KVBW haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II.

Die nach §§ 621e Abs. 2 S. 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. i.V.m. § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Zwar ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers rechtlich nicht zu beanstanden, dass das OLG den Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 durchgeführt hat.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1.1.2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gem. § 14 BeamtVG i.d.F. des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001v. 20.12.2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1.1.2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 75/02, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 378; v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379 = FamRZ 2004, 256 ff. [259 ff.]). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag ggf. später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (BGH, Beschl. v. 26.11.2003 - XII ZB 30/03, MDR 2004, 335 = BGHReport 2004, 379 = FamRZ 2004, 256 ff. [261]).

Dass der Antragsteller vorliegend die Regelaltersgrenze von 65 Jahren (§ 25 Abs. 1 BRRG) im Jahre 2006 und damit vor dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG erreichen wird, gebietet keine andere Bewertung.

Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragsgegnerin durch das Quasisplitting - auf Grund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragsgegnerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit v. 1.7.2001 bis zum 1.7.2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255e SGB VI. Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, dass dem Antragsteller unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte der ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese ggf. der Abänderung nach § 10a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.

Allerdings ergibt sich hinsichtlich der Anwartschaften des Antragstellers rechnerisch eine Abänderung durch die nunmehr erforderliche Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2005 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften v. 10.9.2003 - BGBl. I, 1798 - i.V.m. § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung ≪LANDESSONDERZAHLUNGSGESETZ -- LSZG≫ v. 29.10.2003 - GBl., 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt BGH, Beschl. v. 4.9.2002 - XII ZB 130/98, BGHReport 2003, 69 = FamRZ 2003, 437 ff., m.w.N.). Damit errechnet sich für den Antragsteller ein Ehezeitanteil von 1.260,33 EUR.

2. Indessen hat das OLG die für die Antragsgegnerin bei der KVBW bestehenden Anwartschaften als insgesamt statisch beurteilt. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass die Versorgungsanrechte aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bei der VBL nach der Neufassung der Satzung zum 1.1.2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind (BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474). Gleiches gilt für Versorgungsanrechte bei der Zusatzversorgungskasse der bayerischen Gemeinden und der Bahnversicherungsanstalt, Abteilung B (BGH, Beschl. v. 8.9.2004 - XII ZB 144/04, BGHReport 2005, 26 = MDR 2005, 147 = FamRZ 2004, 1706; v. 6.10.2004 - XII ZB 133/04, BGHReport 2005, 163 = MDR 2005, 149 = FamRZ 2004, 1959).

3. Ebenso sind die Versorgungsanrechte der Antragstellerin bei der KVBW nach der Neufassung der Satzung der Zusatzversorgungskasse des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg i.d.F. v. 2.7.2002 als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten.

Die KVBW hat - wie die VBL - mit Wirkung ab 1.1.2002 ihre Versorgungsregelungen grundlegend geändert und anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sog. "Punktemodell" eingeführt. Nach dem Punktemodell bestimmen sich die Anrechte bei der KVBW im Anwartschaftsstadium nach § 34 Abs. 1 S. 1a), S. 2, Abs. 2 der Satzung der KVBW (Neufassung v. 2.7.2002) grundsätzlich anhand von Versorgungspunkten, die ab dem 1.1.2002 jährlich aus dem Verhältnis eines Zwölftels des zusatzversorgungspflichtigen Jahresentgelts zum Referenzentgelt von 1.000 EUR, multipliziert mit einem Altersfaktor, festgestellt werden. Die monatliche Zusatzversorgung ergibt sich nach § 33 Abs. 1 der Satzung der KVBW dann dadurch, dass die Summe der erworbenen Versorgungspunkte mit einem Messbetrag von 4 EUR multipliziert wird. Dies gilt auch für die Versorgungspunkte, die als sog. Startgutschrift sich aus den bis zum 31.12.2001 erworbenen unverfallbaren Anwartschaften ergeben. Wie bei der VBL ist in § 34 Abs. 3 der Satzung der KVBW während der Anwartschaftsphase eine jährliche Verzinsung von 3,25 % angesetzt. Darüber hinaus können Versorgungspunkte nach §§ 34 Abs. 1 S. 1c), d), 35, 66, 68 der Satzung der KVBW noch für soziale Komponenten (Kindererziehung u.Ä.) und durch Bonuspunkte für Überschüsse erworben werden. Dass die KVBW bisher solche Überschüsse erzielt hätte, ist nicht ersichtlich. Im Leistungsstadium wird die Betriebsrente der KVBW nach § 37 der Satzung jeweils zum 1.7. jährlich um 1 % erhöht.

Danach entspricht die Zusatzversorgung bei der KVBW strukturell derjenigen bei der VBL, so dass Versorgungsanrechte bei der KVBW aus denselben Gründen wie bei der VBL (BGH, Beschl. v. 7.7.2004 - XII ZB 277/03, BGHReport 2004, 1422 = MDR 2004, 1240 = FamRZ 2004, 1474) ebenfalls als im Anwartschaftsstadium statisch und im Leistungsstadium dynamisch zu bewerten sind.

4. Danach ergibt sich folgende Berechnung:

Bei der Umwertung der KVBW-Anwartschaften in eine dynamische Versorgung kommt Tabelle 1 zu § 2 Abs. 2 BarwertVO zur Anwendung. Dies führt zur Erhöhung des sich daraus ergebenden Faktors 4,9 (Alter der Antragsgegnerin bei Ende der Ehezeit: 50 Jahre) um 65 % auf 8,085 (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 BarwertVO). Aus der Jahresrente von 248,28 EUR errechnet sich demnach ein Barwert von 248,28 EUR x 8,085 = 2.007,34 EUR. Nach Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung für 2002 von 0,0001835894 ergeben sich 0,3685 Entgeltpunkte und nach weiterer Multiplikation mit dem allgemeinen Rentenwert zum Ehezeitende von 25,86 EUR eine dynamische Rente von 9,53 EUR.

Der in der Ehezeit erworbenen Versorgung des Antragstellers i.H.v. 1.260,33 EUR stehen somit Anwartschaften der Antragsgegnerin i.H.v. insgesamt 339,94 EUR + 9,53 EUR = 349,47 EUR ggü., so dass sich eine Ausgleichspflicht des Antragsgegners i.H.v. 455,43 EUR errechnet (1.260,33 EUR ./. 349,47 EUR = 910,86 EUR; 910,86 EUR: 2 = 455,43 EUR).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1346241

NJW 2005, 1778

BGHR 2005, 1057

FamRZ 2005, 878

DÖD 2006, 87

MDR 2005, 1113

ZFE 2005, 291

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