Leitsatz (amtlich)

Für den Raum Kehl/Offenburg (Postleitzahlengebiet 776) stellt die Schwacke-Liste 2010 keine geeignete Schätzgrundlage dar. Bedenken gegen die auf Grundlage der Fraunhofer-Liste ermittelten Normaltarife werden durch einen 20%igen Zuschlag und ggf. durch einen weiteren 10%igen Zuschlag für spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte ausgeglichen (so auch LG Ansbach, NZV 251 ff). Nach dem eindeutigen Wortlaut von Nr. 2300 RVG-VV kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war. Ob der Rechtsanwalt das ihm insoweit gemäß § 14 RVG eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat, ist vom Gericht zu prüfen (entgegen BGH, NJW 2011, 1603 ff). Wenn die "Durchschnittlichkeit" der Tätigkeit des Rechtsanwalts offensichtlich ist, ist die Bestimmung einer 1,5 Gebühr unbillig im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG.

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 7,50 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 22.04.2010 zu bezahlen.

  • 2.

    Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin zu 80% die Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Inanspruchnahme ihrer Vollkaskoversicherung bei der Versicherung (...) betreffend ihr Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen (...) aus Anlass des Verkehrsunfalls vom 22.12.2010 auf dem Parkplatz des Krankenhauses in Kehl entstanden sind und entstehen werden.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

  • 3.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

  • 4.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leisten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der beklagten Haftpflichtversicherung Bezahlung restlichen Schadensersatzes.

Die Klägerin kollidierte am 22.02.2010 mit ihrem 2007 erstmals zugelassenen PKW (VW Golf) auf dem Parkplatz des Kehler Krankenhauses mit dem vom Beklagten zu 1 geführten, bei der Beklagten zu 2 haftpflichtversicherten Opel, als beide dabei waren, rückwärts auszuparken. Hinsichtlich der Örtlichkeit wird auf die Fotos, AS 221 ff, verwiesen. Die Klägerin nahm wegen ihres Fahrzeugschadens ihre Vollkaskoversicherung in Anspruch. Für die Zeit vom 22.02. bis zum 01.03.2010 überließ die Firma K. GmbH der Klägerin ein Ersatzfahrzeug gemäß Vertrag vom 22.02.2010 und Rechnung vom 08.03.2010 über 1.612,45 EUR. Die Beklagten regulierten während des Rechtsstreits auf einer 50%-Basis insgesamt 2.245 EUR, nämlich 300 EUR Vollkasko-Selbstbeteiligung, 450 EUR Wertminderung, 523,90 EUR Gutachterkosten, 454,90 EUR Mietwagenkosten, 12,50 EUR Unfallpauschale und 504,20 EUR Rechtsanwaltskosten, nämlich die kompletten, im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der Vollkaskoversicherung der Klägerin entstandenen Kosten in Höhe von 274,65 EUR sowie 229,55 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. In dieser Höhe erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass der Beklagte zu 1 den Unfall allein schuldhaft verursacht habe, da dieser trotz ihres Hupens in ihr bereits stehendes Fahrzeug gefahren sei. Ihr Rückstufungsschaden belaufe sich auf voraussichtlich 1.763,80 EUR.

Die Beklagten schuldeten entsprechend der vorgelegten Rechnung Bezahlung weiterer Mietwagenkosten in Höhe von 1.032,48 EUR. Sie habe das Fahrzeug gemäß dem Vertrag vom 22.02.2010 angemietet. Auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2010, Gruppe 5 Modus, PLZ 776, hätte sie sogar Kosten in Höhe von 2.033,38 EUR geltend machen können, nämlich

1x Wochenpauschale:

1.142,40 EUR

1x Tagespauschale:

190,40 EUR

20% Aufschlag:

266,56 EUR

abzgl. 3%

47,98 EUR

zzgl. Nebenkosten

Vollkasko:

176,00 EUR

Zusatzfahrer:

96,00 EUR

Zustellkosten:

25,00 EUR

Abholkosten:

25,00 EUR

Winterreifen:

80 EUR

Navigationsgerät:

80 EUR

Gesamt:

2.033,38 EUR

Die Beklagten schuldeten auch eine Auslagenpauschale von 30 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe einer 1,5 Gebühr aus einem Gegenstandswert von 7.154,49 EUR gemäß Aufstellung vom 14.04.2010 zzgl. Auslagenpauschale, 21,50 EUR für Kopien sowie Umsatzsteuer, insgesamt somit 771,72 EUR abzgl. der nun bezahlten 229,55 EUR, somit noch 542,17 EUR. Eine 1,5 Geschäftsgebühr sei schon deshalb nicht zu beanstanden, weil sie innerhalb der Toleranzgrenze von 30% liege, in der ihrem Prozessbevollmächtigten ein nicht überprüfbarer Ermessensspielraum zustehe.

Die Klägerin, die zunächst Zahlung von 3.962,72 EUR beantragt hatte,...

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