Entscheidungsstichwort (Thema)

Sorgerechtsverfahren: Zuständiges Beschwerdegericht für Altverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG finden auf ein vor dem 1.9.2009 eingeleitetes Sorgerechtsverfahren die bis zum 31.8.2009 geltenden gesetzlichen Vorschriften Anwendung. Dies gilt auch für das Beschwerdeverfahren, welches nicht als selbständiges Verfahren im Sinne der Übergangsvorschriften zu behandeln ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 517, 520 Abs. 1-2, § 522 Abs. 1 S. 2, § 621 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

AG Saarlouis (Beschluss vom 10.09.2009; Aktenzeichen 22 F 77/08 SO)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - in Saarlouis vom 10.9.2009 - 22 F 77/08 SO - wird als unzulässig verworfen.

II. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde wird dem Antragsteller verweigert.

III. Der Antragsteller hat den übrigen Beteiligten deren außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

V. Dem Antragsteller wird die nachgesuchte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren verweigert.

 

Gründe

Durch den angefochtenen Beschluss, auf den Bezug genommen wird, hat das FamG den beteiligten Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung der Gesundheitsfürsorge und der Beantragung und Durchführung von Hilfemaßnahmen nach dem SGB VIII bezüglich des Kindes C. M. entzogen (Ziff. 1).

In Ziff. 2 hat es für das Kind C. Pflegschaft angeordnet und das Kreisjugendamt S. zum Pfleger für C. mit dem Wirkungskreis Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung der Gesundheitsfürsorge und der Beantragung und Durchführung von Hilfemaßnahmen nach dem SGB VIII bestellt.

Der Beschluss des FamG wurde dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer ausweislich des Empfangsbekenntnisses am 15.9.2009 zugestellt (Bl. 390).

Mit seiner Beschwerde begehrt der Antragsteller, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung und einer vorausgegangenen Sorgerechtsentscheidung aus dem Jahr 2005 ihm das alleinige Sorgerecht zu übertragen.

Die an das FamG adressierte Beschwerdeschrift des Antragstellers vom 12.10.2009 ist dort am 14.10.2009 eingegangen und wurde gem. Verfügung des Familienrichters vom 15.10.2009 nebst Akten und Beiakten an das Saarländische OLG übersandt, wo die Akten ausweislich des Eingangsstempels am 16.10.2009 eingegangen sind (Bl. 408). Mit Schriftsatz vom 2.11.2009 - beim Senat am gleichen Tage eingegangen - hat der Antragsteller vorsorglich um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gebeten. Darin ist vorgetragen, dass Art. 111 Abs. 2 FGG-RG so verstanden worden sei, dass aufgrund der Einlegung des Rechtsmittels nach Inkrafttreten des Familienverfahrensgesetzes dessen Vorschriften auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung fänden. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeschrift rechtzeitig an das Saarländische OLG weitergeleitet worden wäre, wenn sich seine Verfahrensbevollmächtigten nicht an die ausdrückliche Bitte des FamG gehalten hätten, von Zusendungen vorab per Telefax Abstand zu nehmen.

Die Beschwerde des Antragstellers war gem. §§ 621e Abs. 1 u. 3, 621 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO zu verwerfen, weil sie nicht fristgerecht eingelegt worden ist (§§ 621e Abs. 3 Satz 2, 520 Abs. 1 und 2 ZPO).

Gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG finden auf das am 12.2.2008 eingeleitete Verfahren die bis zum 31.8.2009 geltenden gesetzlichen Vorschriften Anwendung. Dies gilt auch für das Beschwerdeverfahren (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 22.10.2009 - 18 UF 233/09 - juris-Dokument; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.9.2009 - I-3 Wx 187/09 3 Wx 187/09 - juris-Dokument; OLG Köln, Beschl. v. 21.9.2009 - 16 Wx 121/09, FamRZ 2009, 1852 m.w.N.; Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 30. Aufl., Vorbem. § 606 Rz. 3; Hoppenz, Familiensachen, 9. Aufl., Anhang zum FamFG, I B, Art. 111, Rz. 1; Borth, FamRZ 2009, 170; Maurer, FamRZ 2009, 465; Koritz, Das neue FamFG, § 28 Rz. 6). Soweit in der Literatur von Prütting (Prütting/Helms, FamFG, Art. 111 FGG-RG, Rz. 5) unter Hinweis auf Art. 111 Abs. 2 FGG-RG die Auffassung vertreten wird, aus jener Norm ergebe sich, dass jede Instanz als selbständiges Verfahren im Sinne der Übergangsvorschriften zu behandeln sei, findet diese - vereinzelt gebliebene - Auffassung in den Gesetzesmaterialien keine Grundlage. Nach der amtlichen Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum FGG-RG (BT-Drucks. 16/6308, 359) erfolgt in Fällen, in denen - wie hier - das Verfahren in erster Instanz noch nach dem bisherigen Recht eingeleitet worden ist, auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach dem bisher geltenden Recht.

Im Anschluss an OLG Stuttgart (a.a.O.) geht auch der erkennende Senat davon aus, dass sich durch die spätere Einfügung des Art. 111 Abs. 2 FGG-RG an diesem Grundsatz nichts geändert hat, da durch jenen Absatz lediglich klargestellt werden sollte, welche Verfahren grundsätzlich nicht von der Übergangsvorschrift erfasst we...

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