Entscheidungsstichwort (Thema)

Entfernen einer Außenantenne aufgrund Hausordnung. Beseitigung einer Satellitenantenne

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bleibt in einem Wohnungseigentumsverfahren streitiger Sachverhalt unaufgeklärt (hier: Art der Installation einer Parabolantenne und damit einhergehende optische Beeinträchtigung), kann von einer mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren nicht abgesehen werden.

2. Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, durch Mehrheitsbeschluss zur Hausordnung zu regeln, dass Außenantennen gleich welcher Art, nicht angebracht werden dürfen (im Anschluss an BGH NJW 2000, 3500 ff).

3 Durch die grundrechtlich geschützte Informationsfreiheit in Deutschland lebender Ausländer kann die Bestandskraft eines Wohnungseigentümerbeschlusses zum Verbot des Anbringens von Außenantennen jedenfalls für den Ausländer eingeschränkt sein, der erst nach Ablauf der Frist zur Anfechtung des Beschlusses Wohnungseigentümer geworden ist.

 

Normenkette

GG Art. 5, 14; WEG §§ 44-45

 

Verfahrensgang

LG Frankenthal (Pfalz) (Beschluss vom 07.11.2001; Aktenzeichen 1 T 181/01)

AG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 2 UR II 27/01. WEG)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 7. November 2001 wird aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu entscheiden haben wird.

2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 2 000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind Miteigentümer einer Wohnungseigentumsanlage. Der Beteiligte zu 1) ist türkischer Herkunft. Er hat seine Wohnung am 26. Juni 2000 erworben und in der Folgezeit eine Satellitenantenne auf dem Balkon installiert, um Heimatprogramme aus der Türkei zu empfangen. Die übrigen Eigentümer, vertreten durch den Verwalter, verlangen unter Hinweis auf eine am 30. April 1998 beschlossene Hausordnung die Beseitigung der Anlage. § 16 der Hausordnung enthält folgende Regelung:

„Außenantennen, gleich welcher Art, dürfen nicht angebracht werden. Durch das installierte Fernsehkabelnetz ist es in der Wohnanlage für jeden Bewohner möglich, eine Vielzahl an Programmen zu empfangen. Auch ausländische Bewohner haben die Möglichkeit über das Kabelnetz ausländische Programme zu empfangen. Für den Anschluss einer Wohnung an das Kabelnetz sind von den Bewohnern Einzelverträge mit der Kabelbetreibergesellschaft abzuschließen.”

Das Amtsgericht hat den Beteiligten zu 1) verpflichtet, die Parabolantennenanlage zu entfernen. Mit seiner Beschwerde hat dieser geltend gemacht, die Antennenanlage sei nicht angebracht, sondern lediglich auf dem Balkon aufgestellt. Sie überrage die Balkonbrüstung nur um wenige Zentimeter und sei praktisch nicht sichtbar. Mit dem vorhandenen Breitbandkabel seien allenfalls drei bis vier türkische Programme, über die Parabolantenne hingegen 30-50 zu empfangen.

Das Landgericht hat die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, das Beseitigungsverlangen sei aufgrund des bestandskräftigen Beschlusses zur Hausordnung begründet. Die Nichtanfechtung durch den Beteiligten zu 1) habe den Verlust sämtlicher Einwendungen zur Folge. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1), mit der er weiterhin die Aufhebung der Beseitigungsanordnung erstrebt. Dem sind die Beteiligten zu 2) entgegengetreten. Sie machen geltend, die Anlage sei an der Balkonbrüstung befestigt; die Satellitenschüssel sei in voller Größe sichtbar.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 und 4, 22 Abs. 1, 20 FGG). Die Befugnis des Beteiligten zu 1) zur Einlegung der Rechtsbeschwerde folgt bereits daraus, dass das Landgericht seine Erstbeschwerde zurückgewiesen hat. Des Weiteren unterliegt es mit Blick auf den Preis der angeschafften Satellitenanlage und die behaupteten jährlichen Kosten für einen Anschluss an das Breitbandkabelnetz keinen Bedenken, dass der in § 45 Abs. 1 WEG vorausgesetzte Wert des Beschwerdegegenstandes überschritten ist.

II.

In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Denn die angefochtene Entscheidung beruht auf einem Verfahrensmangel, weil das Landgericht nicht mündlich verhandelt hat (§ 44 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO a.F.). Dies nötigt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung, da weitere Ermittlungen erforderlich sind (§ 12 FGG).

1. Gemäß § 44 Abs. 1 WEG soll in Wohnungseigentumssachen der Richter mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und dabei darauf hinwirken, dass sie sich gütlich einigen. § 44 WEG gilt auch für das Beschwerdeverfahren, wobei die mündliche Verhandlung vor der vollbesetzten Zivilkammer stattzufinden hat. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung kann nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden. Wird ei...

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