Entscheidungsstichwort (Thema)

"Newton-Bilder"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Räumt ein Fotokünstler einem Verlag ausschließliche Rechte an einem Auswahlband mit vorbestehenden Lichtbildwerken ein, verliert er damit ohne unzweideutige Kundgabe nicht das Recht zur anderweitigen Verwertung der einzelnen Lichtbilder in Buchform; seine vertragliche Treuepflicht verschafft dem Verlag kein absolutes Verbietungsrecht gegenüber einer vom Fotografen autorisierten Verwertung durch Dritte.

2. Der Schutz eines Sammelwerks hat seinen Grund in der eigenschöpferischen Auswahl oder Anordnung der Elemente. Die Übernahme wesentlicher Teile kann das Sammelwerkrecht auch dann verletzen, wenn die Elemente in dem neuen Werk in anderer Anordnung erscheinen, doch ist die Wesentlichkeitsgrenze in diesem Fall höher anzusetzen als bei gleichzeitiger Übernahme der Anordnung.

3. Wird eine bestimmte Aufnahme aus einer Fotoserie ausgewählt, so wird bei Verwendung einer anderen Aufnahme derselben Serie nicht die den Sammelwerkschutz begründende Auswahlentscheidung übernommen.

 

Normenkette

UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 4 Abs. 1, § 31 Abs. 5, § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 03.05.2011; Aktenzeichen 33 O 127/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.03.2013; Aktenzeichen I ZR 9/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.5.2011 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des LG Köln - 33 O 127/10 - wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind konkurrierende Kunstbuchverlage. Im Verlag der Klägerin sind u.a. folgende Bände mit Fotografien von Helmut Newton erschienen (Anschauungsstücke Anlagen A bis D): "Private Property" (1989, 45 Fotografien), "Aus dem photographischen Werk" (1993, 105 Fotografien), "Archives de Nuit" (1993, 60 Fotografien) und "Helmut Newton's Illustrated No 1-No 4" (1999, 134 Fotografien). Ihrer Publikation liegen englischsprachige, die Anwendung deutschen Rechts vorsehende Verträge zugrunde, auf die verwiesen wird (Anlagen K 5 bis 8; vgl. auch Anlage B 3 zu einem nicht streitbefangenen weiteren Bildband).

1999 veröffentlichte die Beklagte in limitierter Auflage (10.000 handsignierte Exemplare) den in Bezug auf Format, Gewicht und Preis außergewöhnlichen Band "Sumo" mit Fotografien von Helmut Newton. Nach Verhandlungen zwischen ihm und der Klägerin (vgl. Anlagen K 18 bis 24) dankte Newton im Impressum im Anschluss an die Copyright-Vermerke dem Geschäftsführer der Klägerin für die Erlaubnis zur Veröffentlichung von 107 Bildern (Anlagen K 21 und 31). Im Jahr 2000 gab die Beklagte das Katalogbuch zu der im November beginnenden Ausstellung "Helmut Newton. Work" in Berlin heraus; nach Intervention der Klägerin einigte sie sich mit ihr auf eine pauschale Zahlung von 80.000 DM für die Abbildung von 46 Fotografien aus "Private Property" und "Aus dem photographischen Werk" (Anlagen 25a bis 26).

Nach Newtons Tod 2004 brachte die Beklagte im September 2009 eine verkleinerte Sonderausgabe des "Sumo" (ISBN-Nr. 978-3-8365-1730-0) heraus (Anschauungsstück Anlage AS 3). 73 der knapp 400 Fotografien sind identisch mit Lichtbildern in den eingangs genannten vier Bänden der Klägerin, weitere 35 stammen aus denselben Aufnahmeserien ("Fotoshootings"). Eine Lizenzierungsanfrage der Beklagten bei der Klägerin (Anlage K 29a) wurde zuletzt nicht mehr weiterverfolgt.

Die Klägerin meint, ihr stehe sowohl an ihren Fotobänden als auch an den darin enthaltenen Lichtbildern ein exklusives Recht zur Veröffentlichung und Verbreitung in Buchform zu. Die Beklagte verletze dieses Recht und ahme zugleich ihre Leistung in wettbewerbsrechtlich unlauterer, sie behindernder Weise nach. Sie verlangt deshalb Unterlassung. Wegen der genauen Anträge und der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Das LG hat die KIage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter; hilfsweise beantragt sie, die Beklagte unter Abänderung des Urteils zu verurteilen, es zu unterlassen,

ein Buch zu vervielfältigen und zu verbreiten/verbreiten zu lassen, welches alle diejenigen Fotografien des Künstlers Helmut Newton enthält, die im Hauptantrag unter Nr. 1 bis 4 jeweils unter lit. a und b bezeichnet sind.

Ihr Begehren stützt sie wiederum hilfsweise auf die Unlauterkeit des Verhaltens der Beklagten. Sie rügt Rechtsanwendungsfehler des LG und die unterbliebene Vernehmung ihres Geschäftsführers, vertieft und ergänzt ihr bisheriges Vorbringen und legt ein Rechtsgutachten vor.

Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens die angefochtene Entscheidung.

II. Die zulässige Berufung bl...

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