Leitsatz (amtlich)

1. Zur Höhe der Enteignungsentschädigung, wenn die Enteignung ein Grundstück betrifft, das mit überwiegend gewerblich genutzten Gebäuden bebaut ist, deren Räumlichkeiten der Eigentümer vermietet hat.

2. Bei der Ermittlung des Grundstückswertes kann es im Hinblick auf die Vorwirkungen der Enteignung geboten sein, ein vom Wertermittlungsstichtag abweichenden Qualitätsstichtag anzusetzen (§ 2 Abs. 5 ImmoWertV). Dieser Qualitätsstichtag ist jedoch nicht pauschal auf sämtliche wertbildenden Faktoren einheitlich anzuwenden. Nach den Umständen des Einzelfalls kann es geboten sein, einen vom Wertermittlungsstichtag abweichenden Qualitätsstichtag lediglich bezüglich des Bodenwertes anzusetzen und hinsichtlich des objektiven Verkehrswertes der aufstehenden Gebäude auf den Wertermittlungsstichtag (§ 2 Abs. 4 ImmoWertV) abzustellen.

3. Eine Enteignungsentschädigung für nicht vereinnahmte Mietzinsforderungen gem. § 96 BauGB (Entschädigung für andere Vermögensnachteile) ist im Regelfall nicht begründet, weil Erträge bereits bei der Bestimmung der Höhe des Verkehrswertes des Grundstücks berücksichtigt werden.

 

Normenkette

BauGB §§ 95-96, 194

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Aktenzeichen 6 O 10/15 (Baul))

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beteiligten zu 1. gegen das am 19.11.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Arnsberg - Kammer für Baulandsachen gemäß §§ 221 BauGB, 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil er davon überzeugt ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1. begehrt eine höhere als die mit Beschluss der Beteiligten zu 3. vom 12. November 2015 (GA Bl. 317 ff) festgesetzte Entschädigung in Höhe von 394.800,00 Euro für den im Zusammenhang mit dem Bau einer Bahnhofshinterfahrung verbundenen Eingriff durch die Beteiligte zu 2. in sein ehemaliges Eigentum an den Grundstücken Gemarkung J., Flur #7, Flurstück 73 und 74, das mit den überwiegend gewerblich genutzten Gebäuden S.-straße 16,18 und 18a bebaut war, sowie für andere durch die Enteignung eingetretene Vermögensnachteile.

Der Beteiligte zu 1. hatte das Grundstück mit Mietvertrag vom 20. August 1994 an Herrn N. D. vermietet, der unter anderem das Gebäude S.-straße 16 bis zum Ablauf des Jahres 2003 an die Beteilige zu 2., die es als Asylbewerberunterkunft nutzte, untervermietet hatte.

Mit Bescheid vom 28. August 2003 (GA Bl. 124) stellte die Beteiligte zu 2. ein Baugesuch des Mieters für eine Nutzungsänderung des Gebäudes S.-straße 18a in eine Versammlungsstatte mit Räumen für mehr als 200 Personen zurück, nachdem der Rat am 12. Dezember 2002 die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. ##/02 beschlossen hatte, weil damit zu rechnen sei, dass Teile des Grundstücks im Bereich der Trasse der geplanten Bahnhofshinterfahrung lägen.

Der Bebauungsplan Nr. #/07 (##5), der Festsetzungen im obigen Sinne enthält, trat am 21.12.2008 in Kraft. Nachdem Kaufvertragsverhandlungen der Beteiligten zu 1. und 2. zu keiner Einigung geführt hatten, beantragte die Beteiligte zu 2. bei der Beteiligten zu 3. die Einleitung eines Enteignungs- und Entschädigungsfestsetzungsverfahrens. In diesem Verfahren erzielten die Beteiligten zu 1. und 2. in der von der Beteiligten zu 3) anberaumten mündlichen Verhandlung vom 04.07.2012 eine teilweise Einigung hinsichtlich der Übertragung des Eigentums an den Grundstücken gegen Zahlung eines Mindestentschädigungsbetrages von 394.800 Euro (GA Bl. 294 ff.)

Mit dem Entschädigungsfestsetzungsbeschluss vom 12. November 2015 setzte die Beteiligte zu 3. die Gesamtentschädigung für den Eingriff in das Grundeigentum sowie für andere durch die Enteignung eingetretene Vermögensnachteile auf 394.800 Euro fest. Zur Begründung führte sie nach Einholung eines Wertgutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in der Stadt J. aus, dass dem Beteiligten zu 1. eine Entschädigung in Höhe von 293.000 Euro zustehe, die Festsetzung jedoch in Höhe des vereinbarten Mindestentschädigungsbetrages erfolge.

Der Beteiligte zu. 1 hat daraufhin den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt und eine höhere Entschädigung für den Rechtsverlust und darüber hinaus eine Entschädigung für anderweitige Vermögensnachteile insbesondere Mietausfälle begehrt.

Er hat beantragt,

den Entschädigungsfestsetzungsbeschluss der Bezirksregierung C vom 12. November 2015 insoweit aufzuheben, als dass dieser Entschädigungsansprüche zurückweist, die über den Betrag von 394.800 Euro hinausgehen, sowie ihm eine weitere Entschädigung zuzusprechen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Die Beteiligten zu 2. und 3. haben beantragt,

den Antrag auf gerichtliche Ent...

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