Entscheidungsstichwort (Thema)

Einwendungen gegen bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum nach neuem Recht

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Wohnungseigentümer kann dem Anspruch auf Unterlassung von baulichen Veränderungen am Gemeinschaftseigentum wegen des Beschlusszwangs nach neuem Recht nicht gem. § 242 BGB entgegenhalten, dass er einen Anspruch auf Gestattung dieser baulichen Veränderung durch Beschluss gem. § 20 Abs. 3 WEG n.F. hat.(Rn.34)

 

Normenkette

WoEigG § 20 Abs. 3; BGB § 242

 

Verfahrensgang

AG Bremen (Entscheidung vom 12.05.2021; Aktenzeichen 28 C 48/20)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.03.2023; Aktenzeichen V ZR 140/22)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 12.05.2021 (Az.: 28 C 48/20) wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.500 EUR vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz festgesetzt auf: 10.000 EUR.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin klagt gegen die Beklagten auf Unterlassung des Baus eines Swimmingpools, den die Beklagten zu bauen beabsichtigen.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien sind die beiden Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft und je zu ½ Eigentümer des Grundstücks, das mit zwei Doppelhaushälften bebaut ist. Die an das jeweilige Sondereigentum anschließende Gartenfläche des Grundstücks steht im Gemeinschaftseigentum. Hinsichtlich der Nutzung der Gartenfläche ist in der Miteigentümerordnung aus dem Jahr 1971 folgendes geregelt:

„Das Verhältnis der beiden Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach dem Gesetz, wobei lediglich hier gesondert vereinbart wird, daß der Eigentümer des ersten Wohnungseigentums seine alleine Grundstücksnutzung ausschließlich beschränkt auf die westliche Seite des Grundstücks, der Eigentümer des zweiten Eigentums auf die östliche Seite. Die Grenze wird gebildet durch den östlichen Giebel des Hauses Nr. 1 und seine gerade Verlängerung.”

Ferner ist der Wohnungseigentümer für die Reparatur und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums, in dessen Bereich sich sein Sondereigentum befindet, allein verantwortlich und kostenpflichtig (vgl. Ergänzung der Teilungserklärung vom 20.09.2013), in der es wie folgt heißt:

„Jeder Wohnungseigentümer ist für die Reparatur und Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums, in dessen Bereich sich sein Sondereigentum befindet, allein verantwortlich und kostenpflichtig. Entsprechendes gilt für die Gebäude- und Eigentümerhaftpflicht und deren Versicherungen.”

Einen genehmigenden Beschluss der Eigentümergemeinschaft hinsichtlich des von den Beklagten beabsichtigten Baus eines Swimmingpools gibt es nicht.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird ergänzend auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Bremen Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Amtsgericht Bremen hat der Unterlassungsklage der Klägerin mit Urteil vom 12.05.2021 stattgegeben. Zur Prozessführungsbefugnis der Klägerin hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Gesetzgeber eine Fortgeltung des § 15 Abs. 3 WEG a.F. zwar nicht vorgesehen, aber eine unmittelbare Anwendung der neuen Regelung gem. § 9a Abs. 2 S. 1 WEG, wonach nur der Verband zur Geltendmachung des Anspruchs gem. § 1004 BGB berechtigt sei, vorliegend eine unzumutbare Erschwerung der Rechtsdurchsetzung für die Klägerin bedeuten würde. Außerdem sei mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG von einer fortbestehenden Prozessführungsbefugnis auszugehen, da das hiesige Verfahren bereits vor dem Inkrafttreten des neuen WEG ab dem 01.12.2021 anhängig gewesen sei. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Unterlassung gem. § 1004 BGB, da der Bau eines Swimmingpools eine zustimmungsbedürftige bauliche Veränderung gem. § 22 Abs. 1 WEG a.F. sei. Es sei für die Beurteilung der Berechtigung zum Bau des Swimmingpools auf das Wohnungseigentumsgesetz abzustellen, da eine Realteilung nicht vorgenommen worden sei und die gesetzlichen Regelungen des WEG nicht durch eine abweichende Praxis außer Kraft gesetzt werden könnten. Weiter berechtigten weder die Regelungen der Miteigentümerordnung noch die der Ergänzung die Beklagten zu einer derartigen weitreichenden Umgestaltung. Der Bau eines Swimmingpools stelle für die Klägerin aufgrund der völlig anderen Gestaltung und Nutzung des gemeinschaftlichen Grundstücks einen wesentlichen Nachteil dar.

Das am 12.05.2021 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bremen ist der Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 05.07.2021 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 16.07.2021, bei Gericht eingegangen am 18.07.2021, haben die Beklagten durch ihre Prozessbevollmächtigte gegen das Urteil Berufung eingelegen und diese mit Schriftsatz vom 25.08.2021, bei Gericht eingegangen am 26.08.2021, begründen lassen.

Die Beklagten setzen sich gegen ihre Verurteilung zur Wehr. Mit der Berufung rügen sie, dass das Amtsgericht einen Nachteil der Klägerin dur...

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