Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich. In einer anderen Währung als dem Euro oder der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbrachte Zahlungsdienste. Von einem Kreditinstitut erbrachte Zahlungsdienste. Nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung eines Zahlungsauftrags. Person, die dafür haftet. Aufsichtsverfahren. Beschwerdeverfahren. Außergerichtliche Streitbeilegungsverfahren. Zuständige Behörden

 

Normenkette

Richtlinie 2007/64/EG

 

Beteiligte

PrivatBank

„PrivatBank” AS

 

Tenor

1. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die in Art. 82 dieser Richtlinie genannte Behörde für die Prüfung von Beschwerden und die Verhängung von Sanktionen im Fall von in der Währung eines Drittstaats erbrachten Zahlungsdiensten zuständig ist.

2. Die Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 sind in persönlicher Hinsicht nicht auf Kreditinstitute anwendbar.

3. Die Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 sind dahin auszulegen, dass sie die zuständige Behörde im Sinne dieser Vorschriften nicht ermächtigen, unter Anwendung der in Art. 75 dieser Richtlinie festgelegten Kriterien Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern zu regeln, die aus der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsvorgangs entstanden sind, wenn diese Behörde ihre Zuständigkeit ausübt, Beschwerden von Zahlungsdienstnutzern zu prüfen und im Fall von Verstößen gegen die anwendbaren Vorschriften Sanktionen gegen Zahlungsdienstleister zu verhängen. Diese Streitigkeiten sind im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren im Sinne von Art. 83 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 zu entscheiden, unbeschadet des im nationalen Verfahrensrecht vorgesehenen Rechts auf einen Rechtsbehelf bei einem Gericht. Hat sich der nationale Gesetzgeber dafür entschieden, die Zuständigkeiten, die sich zum einen aus den Art. 80 bis 82 dieser Richtlinie und zum anderen aus ihrem Art. 83 ergeben, bei ein und derselben Behörde zu konzentrieren, muss diese jede dieser Kategorien von Zuständigkeiten autonom ausüben, und zwar ausschließlich im Rahmen des jeweiligen Verfahrens.

4. Dem nationalen Gesetzgeber steht es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten frei, die zuständige Behörde im Rahmen der Beschwerde- und Sanktionsverfahren nach den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 zu ermächtigen, das Bestehen und den Inhalt eines Schiedsspruchs zu berücksichtigen, der einen Streit zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister, die von diesen Verfahren betroffen sind, regelt, sofern die dem Schiedsspruch im Rahmen dieser Verfahren zuerkannte Beweiskraft den speziellen Zweck und die speziellen Ziele dieser Verfahren, die Verteidigungsrechte der betroffenen Personen und die autonome Ausübung der dieser Behörde übertragenen Befugnisse und Zuständigkeiten nicht beeinträchtigt, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) mit Entscheidung vom 13. Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Juli 2018, in dem Verfahren

”PrivatBank” AS,

Beteiligte:

Finanšu un kapitāla tirgus komisija,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra (Berichterstatter),

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der lettischen Regierung, vertreten durch I. Kucina und J. Davidoviča als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und L. Dvořáková als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch I. Naglis und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. November 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 sowie der Art. 20, 21, 75 und 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1) in der durch die Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen...

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