Im Hinblick auf die geltende Frist zur Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung, ist stets zunächst die Gemeinschaftsordnung zu prüfen. In vielen Fällen finden sich hier vom Gesetz abweichende Fristen. Die maßgebliche Bestimmung des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG kann nämlich durch Vereinbarung geändert werden. Insoweit können kürzere, insbesondere aber längere Fristen geregelt sein.

1.6.1 Gesetzliche Ladungsfrist

Mit Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 ist die gesetzliche Ladungsfrist des § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG von 2 auf 3 Wochen verlängert worden. Auch wenn die Vorschrift als "Soll"-Vorschrift ausgestaltet ist, stellt ein Unterschreiten der Ladungsfrist einen Beschlussmangel dar, der zur erfolgreichen Beschlussanfechtung führen kann. Allerdings kann die Frist bereits auf Grundlage der gesetzlichen Regelung unterschritten werden, wenn ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt.

Liegt kein Fall besonderer Dringlichkeit vor, ist die gesetzliche oder vereinbarte Ladungsfrist unbedingt einzuhalten. Ist es einem Wohnungseigentümer wegen verkürzter Ladungsfrist nicht möglich, an der Versammlung teilzunehmen, werden auf seine Klage hin sämtliche auf der Versammlung gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt. Selbst wenn seine Stimme letztlich für die jeweiligen Beschlussergebnisse nicht ausschlaggebend gewesen wäre, hätte er jedoch durch Diskussionsbeiträge ggf. die Meinung der übrigen Wohnungseigentümer beeinflussen können. Stets besteht jedenfalls eine Kausalitätsvermutung dahin gehend, dass der Ladungsmangel kausal für die Ungültigkeit des Beschlusses ist.[1] Allerdings muss der klagende Wohnungseigentümer darlegen, dass er bei rechtzeitigem Zugang der Ladung an einer Teilnahme nicht gehindert gewesen wäre und warum er auch keinen Vertreter zur Eigentümerversammlung entsenden konnte.[2]

Ausnahmsweise ist die Unterschreitung der Ladungsfrist dann unbeachtlich, wenn die wegen des Ladungsmangels angefochtenen Beschlüsse auch bei ordnungsmäßiger Einberufung gefasst worden wären. Ob dies allerdings der Fall ist, muss die beklagte Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beweisen.[3] In einer Vollversammlung, in der keiner der Wohnungseigentümer das Unterschreiten der Ladungsfrist rügt, wird der Einberufungsmangel geheilt.[4]

Fälle besonderer Dringlichkeit

Die gesetzliche – und auch die vereinbarte – Ladungsfrist kann dann unterschritten werden, wenn ein Fall besonderer Dringlichkeit vorliegt. Bereits sachlogisch sind Anlässe besonders dringlich, in denen die Ladungsfrist zur Vermeidung von Nachteilen und Schäden für Wohnungseigentümer nicht eingehalten werden kann. Dies ist etwa bei einem Heizungsausfall oder einer Einsturzgefahr der Garage der Fall.[5]

 

Nur "Dringliches" darf behandelt werden

In einer Eilversammlung können nur die tatsächlich dringlichen Angelegenheiten geregelt werden. Im Hinblick auf nicht dringliche Angelegenheiten ist die gesetzliche oder vereinbarte Ladungsfrist einzuhalten, diese können also nicht Bestandteil der Eilversammlung sein.

Fristberechnung

Für die Fristberechnung sind die Bestimmungen der §§ 187 Abs. 1 i. V. m. 188 Abs. 2 BGB maßgeblich. Die Frist endet nach 3 Wochen mit Ablauf desjenigen Tages, der durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Einladung dem Wohnungseigentümer zugegangen ist.

 
Praxis-Beispiel

Fristberechnung

Die Eigentümerversammlung soll am Freitag, dem 21.4.2023, stattfinden. Die Einladung muss den Wohnungseigentümern am Donnerstag, dem 30.3.2023, zugegangen sein.

[2] LG Dortmund, Urteil v. 11.7.2017, 1 S 231/16, juris.
[5] LG Düsseldorf, Urteil v. 14.3.2013, 19 S 88/12, ZMR 2013 S. 821.

1.6.2 Vereinbarte Ladungsfrist

Häufig finden sich in Gemeinschaftsordnungen auch Regelungen über die Ladungsfrist. Was insoweit Altvereinbarungen betrifft, die vor Inkrafttreten des WEMoG am 1.12.2020 getroffen worden sind, ordnet § 47 WEG den Vorrang der gesetzlichen Regelung an, so sich nicht aus der Vereinbarung ein anderer Wille ergibt, wobei ein solcher Wille in der Regel nicht anzunehmen ist.

Was abweichend vereinbarte Fristen in Vereinbarungen betrifft, ist danach zu differenzieren, ob diese die jeweils gesetzliche Regelung nur wiederholen oder aber bewusst abweichende Fristen geregelt hatten. Zu prüfen ist insoweit auch, zu welchem Zeitpunkt die Gemeinschaftsordnung erstellt wurde.

 
Praxis-Beispiel

Gemeinschaftsordnung sieht 2-Wochen-Frist vor

Nach dem bis zum 1.7.2007 geltenden WEG hatte die Einberufungsfrist lediglich 1 Woche betragen. War in einer Gemeinschaftsordnung etwa aus dem Jahr 1980 eine 2-wöchige Ladungsfrist vereinbart, war diese maßgeblich. Das WEG-Reformgesetz 2007 hatte die gesetzliche Einberufungsfrist auf 2 Wochen verlängert. Nunmehr ist diese Frist durch das WEMoG auf 3 Wochen verlängert worden. Die vereinbarte Frist von 2 Wochen gilt nicht mehr, es gilt die neue gesetzliche 3-Wochen-Frist. Ursprüngliche Intention der Vereinbarung war,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge