Die der Gemeinschaft obliegende Verkehrssicherungspflicht kann auf einzelne Wohnungseigentümer oder Dritte übertragen werden.[1] Werden die Verkehrssicherungspflichten teilweise auf Dritte, z. B. auf Reinigungs- oder Grundstücksbetreuungsunternehmen übertragen, sind diese faktisch auch für die Verkehrssicherung verantwortlich. Denn in die ursprünglich der Gemeinschaft obliegende Verkehrssicherungspflicht ist die beauftragte Person mit der Folge eingetreten, dass sie insoweit selbst verkehrssicherungspflichtig wird. Die Pflicht der ursprünglich allein verantwortlichen Gemeinschaft der Wohnungseigentümer reduziert sich dann auf Kontroll- und Überwachungspflichten:[2]

  • Auswahl

    Das Drittunternehmen ist sorgfältig auszuwählen; ein Beschluss, den Winterdienst anstelle von Fremdfirmen durch die Einstellung von Minijobbern durchführen zu lassen, entspricht jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Wohnungseigentümer über die damit verbundenen Risiken und Pflichten nicht hinreichend informiert waren.[3]

  • Kontrolle

    Das Drittunternehmen ist zu überwachen, wobei eine stichprobenartige Kontrolle freilich genügt.[4]

Als Ausführungsorgan der Gemeinschaft obliegen dem Verwalter die Kontroll- und Überwachungspflichten auch ohne gesonderte Weisung der Wohnungseigentümer.

 

Übertragung von Verkehrssicherungspflichten auf einzelne Eigentümer

Sollen Verkehrssicherungspflichten in Form von Leistungspflichten auf einzelne Wohnungseigentümer übertragen werden, kann dies nur durch Vereinbarung erfolgen.[5] Ein entsprechender Mehrheitsbeschluss wäre nichtig.

Strebt ein Eigentümer eine bauliche Veränderung an, kann dessen ausdrückliche Bereitschaft, die Verkehrssicherungspflicht zu übernehmen, den übrigen Wohnungseigentümern die Zustimmung "schmackhaft" machen. Aufgrund des bestehenden Gefährdungspotenzials kann die bauliche Veränderung aber hinsichtlich der Verkehrssicherungspflichten und der damit verbundenen Überwachungspflichten einen erheblichen Nachteil für die Gemeinschaft bedeuten.[6]

 
Praxis-Beispiel

Das Trampolin

Die Wohnungseigentümer beschließen auf Initiative mehrerer Familien mit Kindern mehrheitlich das Aufstellen eines Trampolins in der "Kinderspielecke", die sich auf dem gemeinschaftlichen Grundstück befindet. Die Verkehrssicherung für das Trampolin übernehmen die Wohnungseigentümer, deren Kinder das Trampolin nutzen und auf deren Initiative hin das Trampolin aufgestellt werden soll.

Ein solcher Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Errichtung des Trampolins stellt einen Nachteil dar, der über das in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG geregelte Maß hinaus geht. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist grundsätzlich verkehrssicherungspflichtig für ein auf der Gemeinschaftsfläche aufgestelltes Trampolin. Sie ist als Betreiberin des Kinderspielplatzes für die Betriebssicherheit des Kinderspielplatzes verantwortlich. Unabhängig davon, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht und damit das Haftungsrisiko grundsätzlich auf einen Dritten, d. h. die entsprechenden Familien, übertragen kann, betrifft eine solche Übertragung zunächst nur das Innenverhältnis der Vertragsschließenden, d. h. der Wohnungseigentümergemeinschaft sowie der Familien als "Betreiber" des Trampolins. Eine Kontroll- und Überwachungspflicht hinsichtlich der Betriebssicherheit des Trampolins besteht für die Wohnungseigentümergemeinschaft weiter fort[7] – und diese Pflicht stellt einen Nachteil dar.

Sondernutzungsrechte

Ist im Rahmen der Begründung von Sondernutzungsrechten in der Teilungserklärung bzw. einer nachfolgenden Vereinbarung, dem Sondernutzungsberechtigten die Verkehrssicherungspflicht der seiner Sondernutzung unterliegenden Grundstücksflächen oder -bereiche übertragen, verbleiben bei den übrigen Wohnungseigentümern Kontroll- und Überwachungspflichten, die wiederum der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 9a Abs. 2 WEG obliegen und vom Verwalter wahrzunehmen sind.[8]

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