Verfahrensgang

LG Erfurt (Aktenzeichen 10 O 698/18)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 17.01.2019, Az.: 10 O 698/18, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Erfurt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Der Klägerin, eine Gemeinde, begehrt im Wege der Amtshaftung von dem beklagten Land Schadensersatz wegen der Dauer eines Berufungsverfahrens vor dem Thüringer Oberverwaltungsgericht.

I. Die Klägerin wurde von einem kommunalen Zweckverband vor dem Verwaltungsgericht Gera wegen einer Ausgleichsforderung verklagt. Nach Klageabweisung im Dezember 2006 legte der Zweckverband Berufung beim Thüringer Oberverwaltungsgericht ein. Dieses verurteilte die Klägerin im Juli 2015 zur Zahlung eines Teils der eingeklagten Forderung sowie zu Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Dezember 2003.

Die Klägerin verlangt im hiesigen Verfahren Schadensersatz dafür, dass sie die Forderung des Zweckverbandes in Höhe von 75.988,49 EUR für die Zeit des behaupteten Verfahrensstillstands bei dem Thüringer Oberverwaltungsgericht vom 13.02.2008 bis Ende 2013 (5 Jahre und 10 Monate) zu verzinsen hat. Für die Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzlichen Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht Erfurt hat die Klage mit Urteil vom 17.01.2019 abgewiesen. Es könne dahingestellt bleiben, ob eine amtspflichtwidrige Verfahrensverzögerung vorliege, da diese nicht kausal für den Schaden der Klägerin geworden sei. Grund für die Höhe der Zinsforderung sei vielmehr, dass die Klägerin über Jahre hinweg ihrer durch das Thüringer Oberverwaltungsgericht rechtskräftig festgestellten Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Abwasserzweckverband nicht nachgekommen sei. Der Verzugszins gleiche auch nur die Nichtverfügbarkeit des eingeklagten Betrages aus. Ferner habe die Klägerin entgegen § 839 Abs. 3 BGB nicht bei dem Thüringer Oberverwaltungsgericht auf eine Verfahrensbeschleunigung gedrängt, etwa mit einer Untätigkeitsrüge oder einer Dienstaufsichtsbeschwerde.

Das Urteil des Landgerichts wurde der Klägerin am 31.01.2019 zugestellt. Mit am 08.02.2019 beim Thüringer Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Berufung eingelegt und diese unter dem 20.03.2019 begründet.

Die Klägerin rügt mit der Berufung die Verletzung des materiellen Rechts. Die Annahme des Landgerichts, die überlange Verfahrensdauer sei nicht kausal für den Schaden gewesen, sei fehlerhaft. Die Klägerin habe entsprechende Haushaltsmittel nicht zur Verfügung gehabt, um in dem fraglichen Zeitraum Zinsgewinne zu erwirtschaften bzw. Rücklagen zu bilden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu einer wesentlichen Verfahrensbeschleunigung geführt hätte, da bereits die Durchführung eines solchen Verfahrens geraume Zeit in Anspruch genommen hätte. Die ausufernden Verfahrensdauern bei dem zuständigen 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgericht seien bekannt gewesen und würden durch die Beantwortung einer parlamentarischen kleinen Anfrage durch des Thüringer Ministerium für Migration, Justiz und Verbraucherschutz vom 06.11.2015 zu Tage treten. Denn aus der Beantwortung ergebe sich eine durchschnittliche Verfahrensdauer bei durch Urteil erledigten Berufungsverfahren von 59,8 Monaten.

Auf die rechtlichen Hinweise des Senats vom 19.09.2019 hat die Klägerin im Schriftsatz vom 09.10.2019 vorgetragen, dass sie aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen daran gehindert gewesen sei, die Forderung des Zweckverbands vor Rechtskraft des Urteils zu zahlen bzw. zu hinterlegen oder entsprechende Rücklagen zu bilden.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 17.01.2019 verkündeten Urteils des Landgerichtes Erfurt, Az.: 10 O 698/18, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin 34.790,32 EUR nebst jährlichen Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15.12.2017 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Er ist ferner der Auffassung, dass dem Ausgangsverfahren ein öffentlich-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch zugrunde liegen würde, bei dem die Rechtsprechung die Zuerkennung von Ansprüchen auf Zinsen regelmäßig verneine. Die Klägerin sei daher nicht verpflichtet gewesen, Zinsen an den Zweckverband zu zahlen. Außerdem müsse sie sich zum Ersatz des Schadens nach § 839 Abs. 1 Satz 2 BGB an ihre vormaligen Prozessbevollmächtigten halten. D...

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