Entscheidungsstichwort (Thema)

Stundensatz des anwaltlichen Berufsnachlasspflegers

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bemessung des Stundensatzes des anwaltlichen Berufsnachlasspflegers bei einem vermögenden Nachlass gemäß den §§ 1960, 1915 Abs. 1 S. 2 BGB erscheint mit 65 EUR im Normalfall einfacher Abwicklung bis hin zu 115 EUR bei schwieriger Abwicklung als angemessen. Nur im Einzelfall bei ausnahmsweise ganz leichter Aufgabenstellung ist ein noch niedrigerer Satz bis hinunter zu 33,50 EUR/Stunde entsprechend § 3 VBVG denkbar.

 

Normenkette

BGB § 1915 Abs. 1 S. 2, § 1960; VBVG § 3

 

Verfahrensgang

AG Schleswig (Beschluss vom 10.08.2011)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1. wird der Beschluss des AG Schleswig vom 10.8.2011 geändert:

Dem Beteiligten zu 1. wird auf seinen Antrag vom 7.4.2011 für seine Tätigkeit in der Zeit vom 1.4.2010 bis 3.3.2011 eine Vergütung i.H.v. 17,7 Stunden à 90 EUR zzgl. 19 % Mehrwertsteuer = 1.895,67 EUR bewilligt.

Zugleich wird festgestellt, dass dem Nachlasspfleger in dem oben genannten Zeitraum Auslagen i.H.v. 52,87 EUR inklusive 7,75 EUR Mehrwertsteuer entstanden sind.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kostenerstattung findet nicht statt.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 837,25 EUR.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1. wurde mit Beschluss des AG Schleswig vom 31.3.2010 zum Nachlasspfleger mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der Erben bestellt.

Der Beteiligte zu 1. stellte fest, dass der Erblasser kurze Zeit vor seinem Tod Erbe nach seinem am 3.12.2009 verstorbenen Bruder W geworden ist. Im Rahmen seines Versuches, den Nachlasswert in jenem Erbfall zu ermitteln, ging er schließlich nach Mitteilungen des AG ... davon aus, dass der Nachlass des Bruders des Erblassers nicht überschuldet sei. Es wurden ihm später aber Forderungen eines Altenheimes - in beträchtlicher Höhe bereits tituliert - bekannt. Vor diesem Hintergrund erklärte der Nachlasspfleger schließlich die Anfechtung der versäumten Ausschlagungsfrist der Annahme der Erbschaft nach Herrn W.

Zum Nachlass des Erblassers gehörte u.a. ein Grundstück in ... mit der Größe von 1.002 m2, bebaut mit einem abgebrannten Einfamilienhaus. In dem Nachlassverzeichnis gab der Nachlasspfleger den Wert dieses Grundstückes mit ca. 30.000 EUR an und teilte aber auch mit, dass das Grundstück i.H.v. 40.000 DM belastet sei, wobei die tatsächliche Belastungshöhe noch nicht endgültig geprüft sei.

Mit Schreiben an das AG vom 7.4.2011 teilte der Nachlasspfleger mit, dass die Erbausschlagungsangelegenheit nunmehr abgeschlossen sei. Erben nach dem Erblasser hätten bislang nicht ermittelt werden können, diesbezüglich würden noch Anfragen beim AG ... und Standesamt ... laufen. Der Verkauf des Grundstücks in ... stagniere, weil ein Nachbar sämtliche Verkaufsbemühungen des Maklers störe. Nach seiner Einschätzung werde sich der Verkauf des Grundstücks wohl noch hinziehen. Er werde weiter versuchen, erbberechtigte Personen ausfindig zu machen.

Der Nachlasspfleger übersandte zugleich einen Antrag auf Festsetzung von Vergütung und Barauslagen. Dabei gab er einen Zeitaufwand von 17,7 Stunden an und rechnete mit einem Stundensatz von 90 EUR. Die Stundentätigkeit war in einer Anlage im Einzelnen aufgelistet. Insgesamt ergab sich nach diesem Antrag ein Vergütungsanspruch einschließlich Mehrwertsteuer und Barauslagen von 1.948,54 EUR.

Das AG Schleswig teilte durch die zuständige Rechtspflegerin am 6.6.2011 mit, das Nachlassgericht Schleswig habe mit den für dieses Gericht tätig werdenden Nachlasspfleger vereinbart, dass bei vermögenden Nachlässen der 1 ½ -fache Stundensatz nach VBVG = 50,25 EUR abgerechnet werden könne. Bei komplizierter Nachlassabwicklung und nur nach vorheriger Absprache könne der 2-fache Stundensatz des VBVG abgerechnet werden.

Mit Beschluss vom 20.6.2011 ordnete das AG Schleswig den Beteiligten zu 2. als Verfahrenspfleger für die unbekannten Erben für das Verfahren auf Festsetzung der beantragten Vergütung und Auslagen des Nachlasspflegers sowie einer nachlassgerichtlichen Genehmigung zur Entnahme des Gesamtbetrages aus dem Nachlass bei.

Der Beteiligte zu 2. gab am 3.7.2011 eine ausführliche schriftliche Stellungnahme ab. Er führt aus, dass der Tätigkeitsnachweis rechnerisch richtig sei, auch hinsichtlich des dort angegebenen Tätigkeitsnachweises nach Zeitaufwand. Hinsichtlich des Stundensatzes führte er aus, dass sich der Nachlasspfleger mit seinem Vergütungsanspruch von 90 EUR/Stunde offenbar an dem Mindestsatz der Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Nachlasspflegschaft der DVEV orientiere, die bei als Rechtsanwälten tätigen Nachlasspflegern Stundensätze von 90 EUR bis 150 EUR empfehle. Diese Empfehlung sei allerdings nicht verbindlich. Der Beteiligte zu 2. bezog sich weiter auf ein Rundschreiben des AG Bremen vom 4.3.2010 worin es heißt, die Rechtspfleger des Nachlassgerichtes hätten einvernehmlich beschlossen, die Vergütung der Berufsnachlasspfleger ab dem 1.4.2010 auf 75 EUR/Stunde ...

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