Leitsatz (amtlich)
Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des 12. Zivilsenat des BGH (Entscheidung v. 9.12.2009 - XII ZB 175/07) an, wonach der Gesetzgeber mit § 15a RVG das RVG nicht geändert, sondern lediglich die seiner Ansicht nach bereits zuvor bestehende Gesetzeslage klargestellt hat. Danach betreffen die Anrechnungsvorschriften grundsätzlich nur das Innenverhältnis zwischen Anwalt und Mandant. Gegenüber dem Gegner musste und muss daher die Verfahrensgebühr auch dann in voller Höhe festgesetzt werden, wenn schon eine Geschäftsgebühr entstanden ist.
Verfahrensgang
LG Saarbrücken (Beschluss vom 23.11.2009; Aktenzeichen 2 O 3/09) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen Beschluss des LG Saarbrücken vom 23.11.2009 - 2 O 3/09 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Beschwerdewert: 809,08 EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. In dem am 8.12.2008 eingeleiteten Verfahren 2 O 3/09 nahm der Kläger die Beklagte, seine Mutter, auf Feststellung, dass er und seine Schwester, Frau A. E., aufgrund gesetzlicher Erbfolge Erben zu je ½ des am 18.5.2008 verstorbenen D. W. E., Vater des Klägers und der Frau A. E. und Ehemann der Beklagten, geworden sind. Das LG Saarbrücken hat mit Urt. v. 15.10.2009 - 2 O 3/09 - auf den Klageantrag erkannt und hat die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt (Bl. 157 ff. d.A.).
Mit am 19.10.2009 eingegangenem Kostenfestsetzungsantrag vom 16.10.2009 begehrt der Kläger u.a. die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Gegenstandswert von 50.000 EUR (Bl. 171 d.A.).
Die Beklagte ist dem nicht entgegen getreten (Bl. 178 d.A.).
Das LG - Rechtspfleger - hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 23.11.2009 - 2 O 3/09 -, auf den Bezug genommen wird (Bl. 185 ff. d.A.), die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 4.524,65 EUR nebst Zinsen festgesetzt.
Gegen den ihr am 2.12.2009 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss (Bl. 189 d.A.) hat die Beklagte mit am 16.12.2009 eingegangenem Faxschreiben sofortige Beschwerde eingelegt und darauf verwiesen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers ggü. der Beklagten persönlich bereits vorprozessual tätig geworden sei, so dass in Anlehnung an die Entscheidung des BGH v. 29.9.2009 - X ZB 1/09 -, wonach § 15a RVG auf Altfälle keine Anwendung finde, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr zu erfolgen habe (Bl. 192 ff. d.A.).
Das LG - Rechtspfleger - hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Saarländischen OLG zur Entscheidung vorgelegt (Bl. 204 d.A.).
II. Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 576, 569 ZPO statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Rechtspfleger des LG hat zu Recht die dem Kläger zu erstattenden Kosten auf 4.524,65 EUR festgesetzt und dabei trotz des unbestrittenen Anfalls der außergerichtlichen Geschäftsgebühr die geltend gemachte 1,3-Verfahrensgebühr (Nr. 3100 RVG-VV) im Ergebnis zutreffend in voller Höhe berücksichtigt.
1. Der Gesetzgeber hat in dem mit Art. 7 Abs. 4 Nr. 3 des am 4.8.2009 verkündeten Gesetzes zur Modernisierung von Verfahren im anwaltlichen und notariellen Berufsrecht, zur Errichtung einer Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 30.7.2009 (BGBl. I, 2449) eingeführten § 15a Abs. 2 RVG geregelt, dass ein Dritter sich auf eine im Gesetz vorgesehene Gebührenanrechnung nur berufen kann, soweit er den Anspruch auf eine der beiden Gebühren erfüllt hat, wegen eines dieser Ansprüche gegen ihn ein Vollstreckungstitel besteht oder beide Gebühren in demselben Verfahren gegen ihn geltend gemacht werden. § 15a RVG ist gem. Art. 10 des vorgenannten Gesetzes am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten.
Eine ausdrückliche Übergangsregelung hat der Gesetzgeber nicht angeordnet. Die Anwendbarkeit des § 15a RVG auf Fallkonstellationen der hier in Rede stehenden Art, sog. Altfälle, ist nicht nur in der obergerichtlichen Rechtsprechung, sondern auch in der Rechtsprechung der Senate des BGH höchst umstritten.
a) Gemäß dem Beschluss des X. Zivilsenats des BGH v. 29.9.2009 - X ZB 1/09 (BGHReport 2009, 1290), der sich auf die bisherige (und gefestigte) Rechtsprechung des BGH bezieht, wird die Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr angerechnet und nicht umgekehrt (grundlegend BGH, Urt. v. 7.3.2007 - VIII ZR 86/06, NJW 2007, 2049 und Beschl. v. 22.1.2008 - VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323; v. 30.4.2008 - III ZB 8/08, NJW-RR 2008, 1095; v. 25.9.2008 - IX ZR 133/07; v. 2.10.2008 - I ZB 30/08, WRP 2009, 75) und ist diese Anrechnungsregel in Anlehnung an die Rechtsprechung des VIII., des III. und des I. Zivilsenats des BGH auch im Außenverhältnis zum Prozessgegner in der Kostenfestsetzung anzuwenden (BGH NJW 2008, 1323; NJW-RR 2008, 1095; WRP 2009, 75) mit der Folge, dass die Verfahrensgebühr nur in der um den Anrechnungsbetrag verminderten Höhe entsteht. Wegen der Übergangsregelung in § 60 Abs. 1 RVG komme ein Rüc...