1.2.1 Überblick

Jeder Wohnungseigentümer hat als Miteigentümer gem. § 16 Abs. 1 Satz 3 WEG auch am gemeinschaftlichen Eigentum ein Mitgebrauchsrecht.[1]

Mitgebrauch i. d. S. ist das aus der Gemeinschaft am Bruchteilseigentum herzuleitende Recht, persönliche Gebrauchsvorteile aus der gemeinschaftlichen Sache zu ziehen, d. h. an dieser den Mitbesitz i. S. d. § 866 BGB auszuüben, der seiner Natur nach nicht in Bruchteilen bestehen kann.[2]

Die Gebrauchsbefugnis ist "persönlichkeitsbezogen" und unteilbar und nicht beispielsweise quotal entsprechend auf den Miteigentumsanteil beschränkt.[3] Dies bedeutet, dass ein Wohnungseigentümer mit 60/1.000 MEA das Treppenhaus oder einen im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Stellplatz genauso gebrauchen darf, wie ein Wohnungseigentümer mit 400/1.000 MEA.

[1] Siehe im Einzelnen SWK WEG-R-WEG/Mehle, Gebrauch gemeinschaftlichen Eigentums.

1.2.2 Vermietung oder Verpachtung

Mitgebrauch ist nach h. M. ferner die Vermietung oder Verpachtung im gemeinschaftlichen Eigentum stehender Flächen oder Räume.[1] Hierin liegt – dogmatisch betrachtet – allerdings kein Mitgebrauch, sondern eine Mitnutzung (= die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zieht aus der Vermietung oder Verpachtung Früchte), die an die Stelle des Mitgebrauchs tritt. Wenigstens aus Gründen der Praktikabilität sollte der h. M., die grundsätzlich unangefochten ist, aber gefolgt werden.[2]

 

Vermietung

Das gemeinschaftliche Eigentum wird von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vermietet. Die Miete oder Pacht ist eine Einnahme und als solche in der Jahresabrechnung darzustellen. Jedem Wohnungseigentümer gebührt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 WEG hieran ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil. Der Anteil bestimmt sich nach dem gem. § 47 GBO im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WEG).

Eine Einschränkung ist allerdings jedenfalls dort geboten, wo eine Vermietung/Verpachtung im Ergebnis zur Begründung eines einem Sondernutzungsrecht gleichkommenden Rechts führt. Denn ein Sondernutzungsrecht kann nicht beschlossen werden. Jedenfalls mit einem Wohnungseigentümer kann daher ein sehr langfristiger Mietvertrag nicht wirksam abgeschlossen werden. Ein entsprechender Beschluss wäre nichtig.[3]

[2] Hügel, Wohnungseigentum-HdB/Elzer, § 7 Rn. 68.
[3] OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 3.9.2004, 20 W 34/02, OLGR 2005 S. 334; siehe auch LG Hamburg, Urteil v. 28.10.2015, 318 S 9/15, ZMR 2016 S. 57, 58.

1.2.3 Grenzen des Mitgebrauchs

Der Mitgebrauch findet seine Grenzen in § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG und damit in der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme der Wohnungseigentümer und zum ordnungsmäßigen Gebrauch.[1] Ein Mitgebrauch ist ferner ausgeschlossen, wenn an der Fläche und/oder dem Raum ein Sondernutzungsrecht besteht (dazu Teilungserklärung, Aufteilungsplan und Gemeinschaftsordnung, Kap. 5), und unzulässig, wenn durch den Gebrauch die anderen Wohnungseigentümer dauerhaft vom Mitgebrauch ausgeschlossen werden.[2] Als weitere Grenzen können Benutzungsbestimmungen nach § 10 Abs. 1 Satz 2 WEG vereinbart oder gem. § 19 Abs. 1 WEG beschlossen werden.

[2] Hügel Wohnungseigentum-HdB/Elzer, § 7 Rn. 69.

1.2.4 Örtlich isoliertes gemeinschaftliches Eigentum

Besteht kein allgemeiner Zugang, ist das gemeinschaftliche Eigentum im Einzelfall "isoliert". Dies kann Räume betreffen, beispielsweise einen Spitzboden, oder Flächen. Liegt es so, ist vorstellbar, dass die Flächen und/oder Räume vor diesen Flächen/Räumen nach § 5 Abs. 2 WEG gemeinschaftliches Eigentum werden und (mit-)gebraucht werden dürfen.[1]

[1] SWK WEG-R-WEG/Mehle, Gebrauch gemeinschaftlichen Eigentums Rn. 7.

1.2.5 Balkone

Wird an ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehendes Gebäude nachträglich ein Balkon angebaut, der nur von einer Einheit aus betreten werden kann, und fehlt es an einer Zuweisung i. S. v. § 5 Abs. 1 WEG oder besteht an einem Gebäude von vornherein ein Balkon ohne weitere Bestimmungen zum Gebrauch, steht nach h. M. ausnahmsweise nur dem Wohnungseigentümer ein (Allein-)Gebrauchsrecht zu, an dessen Sondereigentum sich der Balkon befindet.[1]

[1] BayObLG, Beschluss v. 17.9.2003, 2Z BR 179/03, ZMR 2004 S. 132; SWK WEG-R-WEG/Mehle, Gebrauch gemeinschaftlichen Eigentums Rn. 7.

1.2.6 Bauliche Veränderungen

Hat ein Wohnungseigentümer (oder mehrere) die Kosten einer baulichen Veränderung allein getragen, gebühren nach §§ 16 Abs. 3, 21 Abs. 1 Satz 2 WEG oder §§ 16 Abs. 3, 21 Abs. 3 Satz 2 WEG nur ihm die "Nutzungen" der baulichen Veränderung. "Nutzung" ist auch der hier behandelte Gebrauch. Dieser Alleingebrauch soll gem. § 21 Abs. 4 Satz 1 WEG aber nicht von Dauer sein. Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann danach verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird (siehe hierzu Bauliche Veränderungen (ZertVerwV), Kap. 6.3.2).

 
Praxis-Beispiel

Personenaufzug

Die Wohnungseigentümer haben es den Wohnun...

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