Leitsatz (amtlich)

Grundsätzlich ist eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs von § 494a ZPO nicht veranlasst und eine Kostenentscheidung erst im Hauptsacheprozess möglich. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen wurde. In diesem Fall kann der Antragsgegner, der sich gegen den (unzulässigen) Antrag wehren können muss, eine Entscheidung analog § 91 ZPO beantragen.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 30.09.2009; Aktenzeichen 6 OH 6/09)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers zu 1) wird die Entscheidung des LG Halle vom 15.4.2010 (6 OH 6/09) abgeändert:

Der Beschluss des LG Halle vom 30.9.2009 (6 OH 6/09) wird ergänzt:

Die Antragstellerin trägt die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 30.9.2009 (Bl. 107 ff.) hat das LG den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen. Der Beschluss enthält keine Kostenentscheidung. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner zu 1) am 13.11.2009 zugestellt (Bl. 113). Mit Schriftsatz vom 24.11.2009 (beim LG am 25.11.2009 eingegangen) hat der Antragsgegner zu 1) beantragt, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen (Bl. 122). Über diesen Antrag wurde zunächst im Hinblick auf das Beschwerdeverfahren 1 W 50/09 nicht entschieden. Der Senat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin mit Beschluss vom 30.12.2009 zurückgewiesen (Bl. 144 f.) Mit Schriftsatz vom 6.4.2010 (Bl. 165) hat der Antragsgegner zu 1) erneut beantragt, der Antragstellerin die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens aufzuerlegen. Mit formlosen Schreiben vom 15.4.2010 (Bl. 165 R) hat das LG ausgeführt, dass eine Kostenentscheidung nicht in Betracht komme. Gegen den Inhalt dieses Schreibens hat der Antragsgegner zu 1) mit Schriftsatz vom 26.4.2010 (Bl. 166) sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Datum vom 17.5.2010 hat das LG im Hinblick auf die sofortige Beschwerde vom 26.4.2020 einen Nichtabhilfebeschluss erlassen und die Sache dem OLG vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Es ist zwar zweifelhaft, ob das formlose Schreiben vom 15.4.2010 eine Entscheidung i.S.v. § 567 Abs. 1 ZPO darstellt. Das LG selbst ist davon im Hinblick auf den Nichtabhilfebeschluss vom 17.5.2010 aber ausgegangen (obgleich das Schreiben vom 15.4.2010 als richterliche Verfügung bezeichnet wird), so dass von einer rechtsmittelfähigen Grundentscheidung auszugehen ist. Weder dem Schreiben vom 15.4.2010 noch dem Nichtabhilfebeschluss ist zu entnehmen, über welchen Antrag entschieden werden sollte (der Antragsgegner zu 1) hat zwei Anträge gestellt: 24.11.2009/6.4.2010). Da es für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde entscheidungserheblich darauf ankommt, dass über den Antrag vom 24.11.2009 entschieden wurde, sich Gegenteiliges - trotz des zeitlichen Zusammenhanges zwischen dem Antrag vom 6.4.2010 und dem Schreiben vom 15.4.2010 - den Entscheidungen des LG nicht entnehmen lässt, geht der Senat zugunsten des Antragsgegners zu 1) davon aus, dass - auch - über den Antrag vom 24.11.2009 entschieden wurde. Enthält eine Entscheidung keine Kostenentscheidung, obgleich sie eine solche enthalten müsste, kommt bei Urteilen die Ergänzung des Urteils gem. § 321 ZPO in Betracht. Diese Vorschrift ist entsprechend auch auf andere Entscheidungen - z.B. Beschlüsse - anzuwenden (Zöller/Vollkommer ZPO, 28. Aufl., § 321 Rz. 1 m.w.N.). Ist § 321 ZPO vorliegend grundsätzlich anwendbar, so gilt dies auch für die Frist aus § 321 Abs. 2 ZPO (OLG Bremen, Beschl. v. 12.9.2003 - 2 W 69/03 - [z.B. OLGR 2003, 491]; hier: zitiert nach juris). Einen entsprechend fristgemäßen Antrag enthält der Schriftsatz des Antraggegners zu 1) vom 24.11.2009. Gegen den einen Antrag gem. § 321 ZPO zurückweisenden Beschluss ist grundsätzlich die sofortige Beschwerde statthaft (HansOLG a.a.O.).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Zwar ist eine Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren außerhalb des Anwendungsbereichs von § 494a ZPO nicht veranlasst, weil eine Kostenerstattung grundsätzlich nur und erst im Hauptsacheprozess möglich ist (Zöller/Herget, a.a.O., § 490 Rz. 5). Dieser Grundsatz gilt nach h.M. dann allerdings nicht, wenn der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig zurückgewiesen wurde (Zöller/Herget, a.a.O., § 91 Rz. 13 [selbständiges Beweisverfahren] m.w.N.). Es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum dem mit einem unzulässigen Verfahren überzogenen Gegner eine Kostenentscheidung analog § 91 ZPO zu versagen wäre (HansOLG, a.a.O.). Der Hinweis der Antragstellerin im Schriftsatz 9.5.2010 (Bl. 169 R) darauf, dass die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu den Kosten des anschließenden Hauptsacheverfahrens gehören, verkennt für den vorliegenden Fall, dass es ein solc...

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