Leitsatz (amtlich)

Ein Anlageberater, der eine Geldanlage in einem Medienfonds empfiehlt, hat Erkundigungen über die Bonität und Seriosität der in einem Emissionsprospekt eines Filmfonds erwähnten und für die Einschätzung des Risikos der Anlage nicht unbedeutenden Erlösausfallversicherung einzuziehen, selbst wenn dieser nur beispielhaft genannt war. Dazu genügt es, vorhandene Veröffentlichungen der Wirtschaftspresse auszuwerten. Eine fast vier Jahre alte, vereinzelt gebliebene Mitteilung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen muss der Anlageberater nicht kennen. Eine Anfrage an das Bundesaufsichtsamt kann von ihm nicht verlangt werden.

 

Normenkette

BGB § 280 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Urteil vom 01.12.2008; Aktenzeichen 10 O 5136/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen III ZR 14/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des LG Augsburg vom 1.12.2008 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns Schadensersatzansprüche aufgrund der Empfehlung der Geldanlage in einem Filmfonds geltend.

Die Klägerin und ihr Ehemann sind unternehmerisch tätig. Sie wandten sich erstmals im Oktober 1999 an den Beklagten mit Bitte um eine Anlageberatung. Daraufhin vermittelte der Beklagte ihnen einen Aktienfondsanteil. Im Herbst 2000 wandten sich die Klägerin und ihr Ehemann erneut an den Beklagten mit der Bitte um Beratung über Steuer sparende Anlagen. Der Beklagte vermittelte daraufhin eine Beteiligung i.H.v. EUR 15.338,76 an einem Ferienhausprojekt in Spanien, die in der Berufungsinstanz nicht mehr streitgegenständlich ist, sowie die streitgegenständliche Kommanditbeteiligung an einem Filmfonds, der A. Media GmbH & Co. 4. Filmproduktion KG i.H.v. EUR 40.000,00, zzgl. 5 % Agio. Vor der Beitrittserklärung vom 14.12.2000 (Anlage K 2) kam es zu mehreren Beratungsgesprächen, wobei die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr bestreitet, dass sie und ihr Mann den Emissionsprospekt einige Tage vor der Unterzeichnung erhalten haben. In dem Emissionsprospekt (Anlage B 3), auf den Bezug genommen wird, wird bereits auf S. 3 darauf hingewiesen, dass im Bereich Film der wirtschaftliche Erfolg nicht garantiert werden könne. Ein negatives Ergebnis, selbst ein Totalverlust, könne niemals ausgeschlossen werden. Auf S. 7 wird ausgeführt, dass sich die KG, sofern nicht gleichwertige Erlössicherungen bestehen, nur an einer Co-Produktion beteiligen wird, wenn für dieses Filmprojekt eine Erlösversicherung (Short-Fall-Guarantee) i.H.v. mindestens 80 % der anteiligen Investitionen der Beteiligungsgesellschaft abgeschlossen werden kann; das wirtschaftliche Risiko sei somit deutlich eingeschränkt. Weitere Ausführungen zur Erlösversicherung finden sich auf S. 9. Dort heißt es u.a.: "Zur Reduzierung des Erlösrisikos wird für alle Filmprojekte der A. Media 4. KG - sofern nicht eine gleichwertige Absicherung besteht - eine Short-Fall-Guarantee (Erlösversicherung) abgeschlossen. Diese Versicherung soll sicherstellen, dass innerhalb von 36 Monaten nach Fertigstellung eines Filmprojekts mindestens 80 % des von A. Media 4. KG eingesetzten Produktionskostenanteils zurückfließen. Insofern wird die Versicherung nach 36 Monaten jeweils eine etwaige Erlösdifferenz bis zu 80 % der Co-Produktionsbeteiligung ausgleichen ... Die Versicherung wird dabei grundsätzlich pro Filmprojekt abgeschlossen und abgerechnet.

Grundsätzlich besteht das Risiko, dass es aus wirtschaftlichen (Insolvenz) oder rechtlichen Gründen (Versicherungsbedingungen) nicht zur Auszahlung der Versicherungsleistung kommen könnte. Insofern ist die sorgfältige Auswahl des Versicherungspartners von großer Bedeutung. Erlösversicherungen für A. Media Filmprojekte werden im allgemeinen in enger Zusammenarbeit mit Filmvision P.L.I. Limited, London, ausschließlich bei international tätigen, in Fachkreisen und bei Banken anerkannten Spezialversicherern (z.B. NEIS, Brüssel) abgeschlossen."

Im Abschnitt "weitere Risiken der Beteiligung" wird auf S. 31 auch das Insolvenzrisiko der A. Media 4. KG angesprochen.

Der Beklagte hatte sich vor den Gesprächen mit der Klägerin und ihrem Ehemann auf einer Schulung über das Konzept des Filmfonds kundig gemacht sowie in Fachzeitschriften über den Ruf der Filmfonds der A. Media nachgelesen. Er holte jedoch keine Informationen über die Erlösausfallversicherung, insbesondere die im Prospekt genannte NEIS, Brüssel, ein. Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen hatte mit einer Pressemitteilung vom 24.1.1997 die Besitzer von kleinen und mittleren Privatflugzeugen dringend vor dem Neua...

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