Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 33 O 6578/18)

 

Tenor

I. Das Verfahren wird gemäß § 148 ZPO ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird gemäß Art. 267 AEUV zur Auslegung von

folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

  • Ist Art. 62 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2015/2366 so auszulegen, dass er einer nationalen Regelung oder Gepflogenheit entgegensteht, die als Übergangsregelung bei Dauerschuldverhältnissen mit Verbrauchern das Verbot von Entgelten für die Nutzung von Zahlungsinstrumenten und Zahlungsdienstleistungen nach der entsprechenden nationalen Umsetzungsvorschrift nur eingreifen lässt, wenn das zugrundeliegende Schuldverhältnis ab dem 13.01.2018 entstanden ist, nicht jedoch wenn das zugrundeliegende Schuldverhältnis vor dem 13.01.2018 entstanden ist, mit der Abwicklung (weiterer) Zahlungsvorgänge aber erst ab dem 13.01.2018 begonnen wird?
 

Gründe

Die Parteien streiten beim vorlegenden Gericht darüber, ob die Beklagte als Kabelnetzbetreiberin und Internetzugangsproviderin berechtigt ist, von Verbrauchern entsprechend ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine sogenannte Selbstzahlerpauschale von EUR 2,50 je Zahlung zu verlangen, wenn diese der Beklagten keine Ermächtigung zum Bankeinzug erteilen, sondern Rechnungen selbst mittels SEPA-Überweisung begleichen, sofern das zugrundeliegende Schuldverhältnis vor dem Zeitpunkt der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2366 ins nationale Recht am 13.01.2018 begründet wurde, mit der Abwicklung (weiterer) Zahlungsvorgänge aber erst danach begonnen wird.

1. Rechtlicher Rahmen

a. Unionsrecht

Die Erwägungsgründe der Richtlinie (EU) 2015/2366 lauten auszugsweise wie folgt:

(1) In den letzten Jahren sind bei der Integration von Massenzahlungen in der Union erhebliche Fortschritte erzielt worden, insbesondere im Zusammenhang mit den Rechtsakten der Union zum Zahlungsverkehr, und hier vor allem durch die Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, die Verordnung (EG) Nr. 924/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates, die Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie die Verordnung (EU) Nr. 260/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates. Mit der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates wurde der Rechtsrahmen für Zahlungsdienste weiter ergänzt, indem durch die Festlegung einer bestimmten Obergrenze die Fähigkeit der Einzelhändler, ihren Kunden für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels einen Aufschlag zu berechnen, eingeschränkt wurde.

(6) Zur Schließung der Regulierungslücken sollten neue Vorschriften vorgesehen werden, und gleichzeitig sollte mehr Rechtsklarheit geschaffen und die unionsweit einheitliche Anwendung des rechtlichen Rahmens sichergestellt werden. Den bestehenden sowie den neuen Marktteilnehmern sollten gleichwertige Bedingungen für ihre Tätigkeit garantiert werden, indem neuen Zahlungsmitteln der Zugang zu einem größeren Markt eröffnet und ein hohes Maß an Verbraucherschutz bei der Nutzung dieser Zahlungsdienstleistungen in der Union als Ganzes gewährleistet wird. Das dürfte zu Effizienzgewinnen im Zahlungssystem insgesamt sowie zu mehr Auswahl und Transparenz bei den Zahlungsdiensten führen und gleichzeitig das Vertrauen der Verbraucher in einen harmonisierten Markt für Zahlungen stärken.

(66) Unterschiedliche Vorgehensweisen in den einzelnen Ländern bei der Entgeltberechnung für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments (nachstehend "zusätzliche Entgelte") haben zu einer enormen Heterogenität des Zahlungsverkehrsmarkts in der Union geführt und bei den Verbrauchern Verwirrung ausgelöst, insbesondere beim elektronischen Geschäftsverkehr und im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Händler, die in Mitgliedstaaten ansässig sind, in denen Aufschlagsberechnung zulässig ist, bieten in Mitgliedstaaten, in denen das verboten ist, Produkte und Dienstleistungen an und berechnen dem Verbraucher einen Aufschlag. Viele Händler berechnen Verbrauchern auch einen Aufschlag, der viel höher ist als die Kosten, die ihnen durch die Nutzung eines bestimmten Zahlungsinstruments entstehen. Deutlich für eine Überprüfung der Praxis der zusätzlichen Entgelte spricht des Weiteren die Tatsache, dass in der Verordnung (EU) 2015/751 Vorschriften über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge festgelegt werden. Interbankenentgelte sind der wichtigste Bestandteil der Händlerentgelte für Karten und Kartenzahlungen. Die zusätzlichen Entgelte werden von Händlern manchmal als Vorgehensweise zur Kompensierung zusätzlicher Kosten von Kartenzahlungen verwendet. Die Verordnung (EU) 2015/751 begrenzt die Interbankenentgelte. Diese Be...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge