Leitsatz (amtlich)

1. Zwischen Rundfunkunternehmen und einem Verband zur Sicherung der Lauterkeit des Wettbewerbs im Glücksspielwesen kann ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehen, wenn das Rundfunkunternehmen Werbung zugunsten von Konkurrenten der in dem Verband organisierten Glücksspielanbieter ausstrahlt.

2. Eine verbotene Glücksspielwerbung liegt auch dann vor, wenn der werbetreibende Unternehmer glücksspielrechtlich geduldete Angebote bewirbt, durch die Werbewirkung aber bewusst ähnlich gestaltete und unter nahe gleichlautenden Domainadressen verbreitete unzulässige Glücksspielangebote mitbeworben werden.

3. Wird einem Rundfunkunternehmen gegenüber eine konkrete Glücksspielwerbung angezeigt, so wird hierdurch eine Prüfpflicht aktiviert, die darauf gerichtet ist, das Angebot auf Verstöße gegen das Glücksspielrecht zu untersuchen.

4. Wird in einem Konzern die rechtliche Prüfung von Verstößen faktisch durch eine Konzernholdinggesellschaft ausgeübt, so trifft die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht diese Holdinggesellschaft.

 

Normenkette

GlüStV § 5 Abs. 5; UWG §§ 3 a, 8 Abs. 2, 3 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 31 O 186/16)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.07.2021; Aktenzeichen I ZR 194/20)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.02.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 152/19 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs jeweils 400.000,- EUR für jedes der durch das Landgericht zu Ziff. 1 a - d) tenorierten Verbote und im Übrigen 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist ein rechtsfähiger Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben "die Förderung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder u.a. in den Bereichen des Glücksspielrechts [und] des Wettbewerbsrechts (...) zur Verbesserung des für das Glücksspielwesen maßgeblichen Verbraucherschutzrechts durch Sicherung eines seriösen, lauteren und verantwortungsvollen staatlichen Glücksspielangebots in der Bundesrepublik Deutschland" gehört (§ 2 Abs. 2 lit. a] der Satzung). Ihm gehören insbesondere die Landeslotteriegesellschaften an. Die Beklagte ist die Holdinggesellschaft eines bundesweit sendenden Rundfunkveranstalters, zu dem die Fernsehsender RTL, RTL plus, RTL nitro, Vox und n-tv zählen. Die vom jeweiligen Sender angebotenen Werbezeiten werden zentral über die K. GmbH vermarktet. Die Beklagte erbringt für die Konzerngesellschaften Serviceleistungen u.a. im Bereich von Steuer- und Rechtsberatung/Legal Affairs.

Im Zeitraum von Juni 2018 bis Februar 2019 bzw. Juni 2019 strahlten Sender der RTL-Gruppe Werbespots für die Internetseiten www.onlinecasino.de, www.drückglück.de, www.wunderino.de und www.mrgreen.de aus. Inhalt und Gestaltung ergeben sich als "story boards" aus Anlagen CBH 1, AH I und CBH 29, AH II. Auf den Internetseiten wird Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an Online-Spielen mit Gewinnchancen gegen eine Registrierung und die Einzahlung von Geldbeiträgen auf ein virtuelles Konto eröffnet. Bei der Seite mrgreen.de ist eine Teilnahme ohne Einzahlung realer Geldbeiträge möglich. Die Anbieter der genannten Seiten verfügten über eine Lizenz des Landes Schleswig-Holstein für die Veranstaltung von Online-Casinospielen, die jeweils zum 18.12.2018 bzw. zum 07.02.2019 auslief und in eine längstens bis zum 30.6.2021 befristete Duldung überführt wurde.

Unter den Adressen www.onlinecasino-eu.com, www.drueckglueck.com, www.wunderino.com und www.mrgreen.com finden sich Internetseiten mit (auch) deutschsprachigem Inhalt, auf denen Nutzern gegen Entgelt die Teilnahme an elektronischen Casino- und Automatenspielen eröffnet wird. Die Betreiber dieser Gesellschaften haben ihren Sitz auf Malta. Sie verfügen über keine deutsche Glücksspiellizenz. Inhalt und Aufmachung dieser Seiten ergeben sich aus den Einblendungen Bl. 19-23 d.A. (www.onlinecasino-eu.com), Bl. 26-31 d.A. (www.drueckglueck.com), Bl. 34-43 d.A. (www.wunderino.com) und Bl. 84-92 d.A. (www.mrgreen.com).

Mit Schreiben vom 23.1.2019 setzte der Kläger die Beklagte darüber in Kenntnis, dass er die bundesweite Ausstrahlung der Werbung durch die Beklagte für die Angebote onlinecasino.de, drückglück.de, wunderino.de für unlauter halte (Anl. CBH 17). Mit Anwaltsschreiben vom 18.2.2019 mahnte der Kläger die Beklagte ab und forderte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf (Anl. CBH 18), welche die Beklagte nur modifiziert abgab (Anl. CBH 20). Unter dem 18.3.2019 gab die Beklagte eine geänderte Unterlassungserklärung ab (Anl. CBH 23). Mit Schreiben vom 4.7.2019 ließ der Kläger die Beklagte erfolglos im Hinblick auf die Werbung für mrgreen.de abmahnen (Anl. CBH 32).

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