Entscheidungsstichwort (Thema)

Isolierte Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren bei Nichtzahlung des Sachverständigenvorschusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die unterbliebene Vorschusszahlung durch den Antragsteller eines selbständigen Beweisverfahrens hat nicht zur Folge, dass ihm die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt werden können.

2. Zahlt der Antragsteller des selbständigen Beweisverfahrens den angeforderten Auslagenvorschuss nicht, kann die weitere Beweisaufnahme nicht durchgeführt werden und das selbständige Beweisverfahren ist durch sachliche Erledigung beendet. Der Antragsgegner, der die Erstattung seiner Kosten begehrt, kann in diesem Fall nach § 494a ZPO vorgehen.

 

Normenkette

ZPO § 269 Abs. 3, § 492 Abs. 1, §§ 402, 3790 S. 2, § 494a

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 29.10.2013; Aktenzeichen 27 OH 30/07)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zu 2) wird der Beschluss der 27. Zivilkammer des LG Köln vom 29.10.2013 - 27 OH 30/07 -aufgehoben. Der Kostenantrag der Antragsgegner sowie die Anträge auf Setzung einer Frist zur Erhebung der Hauptsacheklage werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragsgegnerin zu 1) zu 25 %, die Antragsgegnerin zu 2) zu 60 % und die Antragsgegnerin zu 3) zu 15 %.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 11.000 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin zu 2) realisierte über die von ihr gegründete Antragstellerin zu 1) in angemieteten Räumlichkeiten in L das Projekt "L2", welches der Vereinbarkeit von Familie und Beruf diente. Das Gebäude enthielt im Untergeschoss eine Kindertagesstätte und im Erdgeschoss Büro- und Konferenzräume, die von Freiberuflern stundenweise angemietet werden konnten. Hierzu ließen die Antragstellerinnen die angemieteten Gewerberäumlichkeiten umfassend umbauen.

Mit der Planung und Überwachung des Umbaus und der Einrichtungen war die Antragsgegnerin zu 1) beauftragt. Nach dem rechtskräftigen Zwischenurteil des Senats im Verfahren 16 U 77/09 steht fest, dass der Architektenvertrag zwischen der Antragsgegnerin zu 1) und der Antragstellerin zu 2) besteht. Die Antragstellerin zu 2) beauftragte die Antragsgegnerin zu 2) mit den Arbeiten für die Gewerke "Lüftung" und "Heizung und Sanitär" und die Antragsgegnerin zu 3) mit dem Gewerk "Elektroarbeiten".

Unter dem 7.12.2007 haben die Antragstellerinnen ein selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung zahlreicher behaupteter Mängel dieser Gewerke eingeleitet. Das LG hat die Einholung mehrerer Sachverständigengutachten zu verschiedenen Gewerken angeordnet, die inzwischen überwiegend vorliegen. Mit der Begutachtung für das Gewerk Baukonstruktion wurde der Sachverständige L3 beauftragt. Dieser teilte mit Schreiben vom 24.7.2013 (Bl. 1628 d.A.) mit, dass der eingezahlte Vorschuss von 1.500 EUR nicht ausreiche, die Kosten des Gutachtens beliefen sich voraussichtlich auf 3.700 EUR. Mit Verfügung vom 29.7.2013 übersandte die Kammer das Schreiben den Antragstellerinnen mit dem Zusatz: "Es wird um Mitteilung gebeten, ob der weitere Vorschuss eingezahlt wird und gegebenenfalls bis wann. Einer Stellungnahme binnen 2 Wochen sehe ich entgegen." (Bl. 1627R d.A.). Nachdem bis zum 20.8.2013 weder eine Stellungnahme der Antragstellerinnen noch der Vorschuss eingegangen waren, forderte das LG den Sachverständigen auf, die weitere Begutachtung einzustellen. Die Antragsgegnerin zu 1) hat daraufhin beantragt, den Antragstellerinnen die Kosten des Beweisverfahrens aufzuerlegen, hilfsweise ihnen nach § 494a ZPO Frist zur Klageerhebung zu setzen. Die Antragsgegnerinnen zu 2) und 3) haben sich den Anträgen angeschlossen.

Am 5.9.2013 wurde über das Vermögen der Antragstellerin zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet (Bl. 1640 d.A.).

Mit Beschluss vom 29.10.2013 hat das LG der Antragstellerin zu 2) die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu 1/2 auferlegt.

Hiergegen wendet sich die Antragstellerin zu 2) mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie u.a. geltend macht, dass sie den Vorschuss ausschließlich deshalb nicht gezahlt habe, weil das Verfahren wegen Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Antragstellerin zu 1) nach § 240 ZPO unterbrochen sei.

Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg.

1. Das LG hat der Antragstellerin zu 2) zu Unrecht die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens auferlegt, weil sie den angeforderten Kostenvorschuss nicht gezahlt hat.

Grundsätzlich ergeht im selbständigen Beweisverfahren keine Kostenentscheidung, die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens sind vielmehr Kosten des Hauptsacheverfahrens und von der Kostenentscheidung des Hauptsacheverfahrens umfasst, ohne dass dies in der Kostenentscheidung ausdrücklich ausgesprochen werden muss. Eine isolierte Kostenentscheidung im selbständigen Beweisverfahren, die Grundlage einer Kostenerstattung ist, ist nur in drei Fällen möglich, nä...

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