Leitsatz (amtlich)

In der Neuwertversicherung ist unter dem wirklichen Versicherungswert zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls (§ 57 VVG) der Neuwert zu verstehen.

 

Normenkette

VVG §§ 52, 55, 57; YKB § 4; BGB § 305c Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Mannheim (Urteil vom 12.07.2005; Aktenzeichen 1 O 27/05)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Mannheim vom 12.7.2005 - 1 O 27/05 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

I. Der Kläger begehrt Versicherungsleistungen aus einer Maschinenversicherung (für die in seiner Motoryacht CHAMP installierten Mercruiser-Motoren (Versicherungssumme je Motor 20.000 EUR). Der Versicherungsschein vom 16.7.2002 bestimmt:

"Grundlage sind die beigefügten Bedingungen/Klauseln für die Maschinenversicherung. Die Yacht Kasko Bedingungen gelten soweit anwendbar" und "Grundlage sind die Yacht-Kasko-Bedingungen Stand 2002. § 12 der Kasko-Bedingungen gilt als gestrichen .... Grundlage sind die Yacht-Kasko-Bedingungen Stand 2002. Gemäß § 11 beträgt die Selbstbeteiligung für jeden Schaden 2.500 EUR."

Unter B 1 und 2 der Klauseln für die Maschinenversicherung heißt es:

I. Der Versicherer ersetzt bei total zerstörten oder abhanden gekommenen Sachen ihren Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles oder

II. bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten bis zur Höhe des Versicherungswertes unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles.

§ 4 der Yacht-Kasko-Bedingungen enthält unter der Überschrift "Versicherungswert/Leistungsumfang" folgende Regelungen:

I. Die Versicherungssumme gilt als feste Taxe und entspricht im Falle des Totalverlustes der Versicherungsleistung, abzgl. vorhandener und durch Verkauf erzielbarer Restwerte.

II. Eine Unterversicherung kann vom Versicherer nicht geltend gemacht werden.

III. Ein wirtschaftlicher Totalverlust liegt vor, wenn die Kosten der Wiederbeschaffung der Yacht die Versicherungssumme übersteigen. Ein wirtschaftlicher Totalverlust liegt auch vor, wenn die Differenz zwischen Restwert und Versicherungssumme geringer ist, als die Reparaturkosten.

IV. Im Falle einer Reparatur werden Abzüge neu für alt nicht vorgenommen. Bei Diebstahl, Verlust oder Beschädigung von Teilen wird der Wiederbeschaffungswert für gleichwertige neue Teile ersetzt.

Am 8.5.2004 erlitt einer der Motoren der Motoryacht CHAMP einen Schaden, für den die Beklagte unstreitig einstandspflichtig ist. Die Parteien streiten über die Höhe der Entschädigung. Die Beklagte sieht nach der Reparatur des Motors ihre Leistungspflicht auf die Höhe eines Zeitwerts von 7.000 EUR begrenzt und hat abzgl. des Selbstbehalts von 2.500 EUR und einem Restwert von 1.000 EUR eine Entschädigung von 3.500 EUR geleistet. Der Kläger meint, der als Entschädigungsgrenze anzusetzende Versicherungswert entspreche der Versicherungssumme von 20.000 EUR, weshalb ihm weitere 11.859,44 EUR zustünden.

Das LG hat der Klage unter Abweisung im Übrigen i.H.v. 11.567,28 EUR stattgegeben. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochten Urteils wird Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung strebt die Beklagte eine vollständige Klagabweisung an. Sie führt an, das LG habe zu Unrecht § 4 der Yacht-Kasko-Bedingungen für anwendbar gehalten. Der Versicherungswert ergebe sich zwingend aus § 50 VVG und entspreche dem Zeitwert. Zudem habe das LG auch § 4 der Yacht-Kasko-Bedingungen falsch verstanden. Eine Neuwertversicherung sei nicht vereinbart. § 52 VVG sei nicht beachtet worden.

Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

II. (§ 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)

Das LG hat zutreffend entschieden.

Der Versicherungswert im Zeitpunkt des Schadensfalls entspricht der Versicherungssumme von 20.000 EUR und somit dem taxierten Neuwert. Dies ergibt die Auslegung des Versicherungsvertrags und der in Bezug genommenen Versicherungsbedingungen; jedenfalls aber stellt dieses Verständnis eine mögliche Auslegung von Klausel B. 1 und 2 für die Maschinenversicherung und des einbezogenen § 4 Yacht-Kasko-Bedingungen dar und ist schon deshalb gem. § 305c Abs. 2 BGB zugunsten des Klägers als Versicherungsnehmer maßgebend.

Eine einzelvertraglich vereinbarte Entschädigungsgrenze ist ebenso wenig ersichtlich wie eine Festlegung der Maschinenversicherung auf eine Zeitwertversicherung. Der im Versicherungsschein dokumentierte Vertragswortlaut gibt zu beiden Punkten nichts her. Außervertragliche Umstände, die eine derartige Auslegung stützen könnten, sind seitens der Beklagten nicht dargetan. Dass es nach Auffassung der Beklagten Neuwertversicherungen "erst seit jüngster Zeit überhaupt gibt", vermag angesichts des Vertragsschlusses im Jahr 2002 für die Auslegung des Vertrages keine Bedeutung erlangen. Bestandteil des Vertrages sind auch die Yacht-Kasko-Bedingungen "soweit anwendbar". Dass diese - wie die Beklagte meint - in Bez...

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