Leitsatz (amtlich)

Der Eigentümer eines Grundstücks muss weder nach § 912 BGB noch nach § 7b Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg dulden, dass die Wand eines an die Grundstücksgrenze gebauten Nachbarhauses mit Wärmedämmplatten versehen wird, die 15 cm in den Luftraum seines Grundstücks ragen. Auf eine Hauswand aufgebrachte Wärmedämmplatten stellen kein untergeordnetes Bauteil i.S.v. § 7b Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg dar.

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Urteil vom 17.07.2009; Aktenzeichen 5 O 253/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des LG Karlsruhe vom 17.7.2009 - 5 O 253/09 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die das Grundstück des Antragstellers/Verfügungsklägers bezeichnende Flurstücknummer in Ziff. 1 und 2 des Beschlusses vom 25.6.2009 XX4 lautet.

2. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens um die Zulässigkeit eines Überbaues an einer Außenwand zum Zweck der Wärmedämmung.

Der Verfügungskläger (zukünftig: Kläger) ist Eigentümer des Flurstücks XX. X Das Grundstück des Klägers weist zur Straße eine ca. 4,50-5 m breite Durchfahrt zwischen den Grundstücken K.-Straße 23 und K. Straße 25 auf. Diese bildet eine Zufahrt zum hinteren, sich erweiternden und bebauten Grundstücksbereich des Klägers. Soweit im Tatbestand und im Tenor der angegriffenen Entscheidung eine abweichende Flurstücknummer für das Grundstück des Klägers angegeben ist, haben die Parteien diese auf Hinweis des Senats richtiggestellt. Auch die Breite der Durchfahrt wurde im Senatstermin korrigiert. Die Durchfahrt ist ausweislich der Lichtbilder in Anlage AK 8 als Privatweg und als Brandschutzzone (absolutes Halteverbot) gekennzeichnet. Die Verfügungsbeklagte (zukünftig: Beklagte) ist Eigentümerin des in westlicher Richtung unmittelbar angrenzenden Grundstücks K.-Straße 25 (Flurstück XXX). Im vorderen Bereich grenzen beide Grundstücke an die K.-Straße. Das Grundstück der Beklagten ist bis an die Grundstücksgrenze des Klägers mit einem Gebäude bebaut.

Die Beklagte ließ zunächst am 13.3.2009 ohne Genehmigung des Klägers auf dessen Grundstück entlang ihrer der Durchfahrt zugewandten Gebäudeseite ein Gerüst stellen. Auf die Bitte der Beklagten hin genehmigte der Kläger zeitlich begrenzt nachträglich das Aufstellen des Gerüstes, um die von der Beklagten angegebene dringende Instandsetzungsmaßnahmen im Giebelbereich durchführen lassen zu können. Am 14.5.2009 stellte der Kläger fest, dass die Beklagte begonnen hatte, auf der Außenwand ihres Gebäudes eine mindestens 12 cm starke Isolierung aufzubringen, die anschließend mit einem Grundputz und einem Oberputz versehen werden sollte. Die Gesamtdicke der geplanten Baumaßnahme beläuft sich auf 15 cm. Diese sollte im vorderen Bereich in einer Höhe von 3 m oberhalb des Bodens beginnen und im hinteren Bereich wegen der ansteigenden Durchfahrt in einer Höhe von 2,20 m oberhalb des Bodens enden. Die zu verkleidende Fläche der Außenwand der Beklagten beläuft sich auf 252,96 m2. Da das Gebäude der Beklagten unmittelbar bis an die Grenze des Grundstücks der Beklagten bebaut ist, ragt die beabsichtigte Dämmschicht 15 cm in den Luftraum über das Grundstück des Klägers hinein und würde dessen Durchfahrt einengen. Der Kläger widersprach der Aufbringung der Dämmschicht. Zunächst stoppte die Beklagte die Arbeiten bis zur Klärung. Am 13.6.2009 setzte die Beklagte die zu einem Überbau führenden Arbeiten fort. Der Kläger forderte die Beklagte erfolglos unter Fristsetzung und Androhung gerichtlicher Schritte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.

Daraufhin beantragte der Kläger mit Schriftsatz v. 23.6.2009 den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Er hat hierzu vorgetragen, eine Duldungspflicht ergebe sich weder aus § 912 BGB, noch aus § 7b NRG BW. Die letztere Vorschrift erfasse Dämmmaßnahmen nicht. Im Übrigen handle es sich auch nicht um ein untergeordnetes Bauteil. Aus § 912 BGB ergebe sich ebenfalls keine Duldungspflicht, da es sich nicht um die Neuerrichtung eines Gebäudes handle. Außerdem habe er der angegriffenen Maßnahme umgehend widersprochen.

Das LG hat mit Beschluss vom 25.6.2009 die einstweilige Verfügung im beantragten Umfang wie folgt erlassen (AS I 23):

1. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, auf der östlichen Außenfassade des Anwesens K-Straße 25 (...) in das Grundstück des Antragstellers, K-Straße 23a (...) hineinragende Außenisolierung anzubringen.

2. Die Antragsgegnerin hat jegliche Baumaßnahme an der östlichen Hausfassade des Anwesens K-Straße 25 (...) zu unterlassen, durch die ein Überhang oder ein Überbau des Grundstücks K-Straße 23a (...) entsteht.

3. Den Antragsgegnern wird angedroht, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die in Ziffer 1. und 2. ausgesprochene Verpflichtung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 100.000, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt werden kann.

Auf den Widerspruch der...

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