Leitsatz (amtlich)

Zur Frage, ob eine "Alltagsmaske" in Form einer "textilen Mund-Nasen-Bedeckung" ein Medizinprodukt ist und ob - falls sie kein Medizinprodukt ist - hierauf klarstellend hingewiesen werden muss.

 

Normenkette

HWG § 3; MPG § 3 Nr. 1; ProdSG § 3 Abs. 4, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; UWG §§ 3a, 5, 5a

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 25 O 89/20)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster vom 06.11.2020 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegnerin lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen des Vertriebs der in der Anlage F1 (Blatt 9-10 der Gerichtsakte) abgebildeten, zur Bedeckung von Mund und Nase geeigneten "Stoffmaske" und der in der Anlage F2 (Blatt 11-13 der Gerichtsakte) abgebildeten "Mund- und Nasenmaske" geltend. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, soweit dieser auf den Vertrieb der in der Anlage F2 abgebildeten "Mund- und Nasenmaske" gestützt ist, stattgegeben, wobei es sich bei der sprachlichen Fassung des Unterlassungsgebotes in Anwendung des § 938 Abs. 1 ZPO einer von dem diesbezüglich in der Antragsschrift gestellten Verfügungsantrag abweichenden Formulierung bedient hat. Im Übrigen, d.h. soweit das Verfahren die in der Anlage F1 abgebildete "Stoffmaske" betrifft, hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen den den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückweisenden Teil des landgerichtlichen Beschlusses.

II. Die - form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige - sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist, soweit er auf den Vertrieb der in der Anlage F1 abgebildeten "Stoffmaske" gestützt ist, unbegründet. Es fehlt insoweit an einem Verfügungsanspruch.

1. Der Antragstellerin stehen gegen die Antragsgegnerin keine Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit den Bestimmungen des Medizinproduktegesetzes (MPG) zu. Bei der verfahrensgegenständlichen "Stoffmaske" handelt es sich nicht um ein "Medizinprodukt" im Sinne des MPG. Als Grundlage für die Qualifizierung der hier in Rede stehenden Maske als "Medizinprodukt" kommt allein die Regelung in § 3 Nr. 1 MPG in Betracht. Hiernach sind "Medizinprodukte"

"alle einzeln oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software, Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktionen zum Zwecke

a) der Erkennung, Verhütung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten,

b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung, Linderung oder Kompensierung von Verletzungen oder Behinderungen,

c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs oder

d) der Empfängnisregelung

zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann."

Für die Beurteilung, ob ein Produkt - wie für die Einordnung als Medizinprodukt erforderlich - einem medizinischen Zweck dient, kommt es auf die subjektive Bestimmung des Herstellers an, wie sie sich aus den Angaben ergibt, die der angesprochene Verkehr der Kennzeichnung, der Gebrauchsanweisung oder der Werbung entnimmt (BGH, Urteil vom 18.04.2013 - I ZR 53/09 - [Messgerät II] ≪juris≫, Rdnr. 12). Nach diesem Maßstab handelt es sich bei der hier in Rede stehenden "Stoffmaske" nicht um ein "Medizinprodukt" im Sinne des § 3 Nr. 1 MPG. Die Maske selbst ist nicht mit einem Hinweis auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken versehen. Auch ihre Gestaltung und Aufmachung weisen nicht auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken hin: Die Maske ist mit einer - im Stile einer Comic-Zeichnung gehaltenen - Zeichnung eines geöffneten Mundes mit lückenhaftem Gebiss auf grünem Hintergrund bedruckt, die der angesprochene Verkehr nicht mit einer Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken in Verbindung bringt. Die Verpackung der Maske enthält ebenfalls keinerlei - ausdrückliche oder auch nur konkludente - Hinweise auf eine Verwendbarkeit zu medizinischen Zwecken. Dass die Maske im Einzelhandel möglicherweise zusammen mit medizinisch anmutenden Gesichtsmasken ausgestellt wurde, ist weder dem Hersteller ...

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