Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 324 O 502/20)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 19.09.2023; Aktenzeichen VI ZR 116/22)

BGH (Urteil vom 16.05.2023; Aktenzeichen VI ZR 116/22)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 5. März 2021, Geschäftsnummer 324 O 502/20, hinsichtlich der Verbote zu Ziffern I.7. und I.9 abgeändert. Insoweit wird die Klage hinsichtlich der Passagen

"Wir bekommen nichts versprochen, erwarten, fordern das auch nicht. Jederzeit könnte ich mich melden, er erwarte das auch in dieser Angelegenheit. Wir diskutieren noch Hamburger Themen, werden auch um Rat gefragt. Nach 1 1/2 stündigem Gespräch freundschaftlichste Verabschiedung".

und

"Er führt das Gespräch allein. Ich berichte über den zwischenzeitlichen Verlauf und unsere Einstellung. Er fragt, hört zu, äußert keine Meinung, lässt nichts durchblicken, was er denkt und ob und wie er zu handeln gedenkt. Ich verstehe das, will ja auch nicht drängen und ihn auf irgendeine Weise kompromittieren".

abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die erstinstanzlichen Kosten tragen der Kläger zu 18% und die Beklagte zu 82%. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 19% und die Beklagte zu 81%.

Das Urteil des Landgerichts ist hinsichtlich dessen Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 58.000,- vorläufig vollstreckbar. Dieses Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:

A. Der Kläger wendet sich gegen die Wiedergabe von wörtlichen Tagebuchaufzeichnungen in einer Presseberichterstattung. Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht seiner auf Unterlassung gerichteten Klage im Wesentlichen stattgegeben.

Der Kläger ist Bankier und war bis 2019 Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburger Privatbank ≪...≫. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt gegen ihn wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit der sog. "Cum-Ex-Affäre" (vgl. Anlage B 1) und beschlagnahmte 2018 seine Tagebücher (vgl. Beschluss des Amtsgerichts Köln v. 25.5.2018, Anl. BK 4).

Am 19. Februar 2020 erschien in der Bild-Zeitung unter der Überschrift "D. s. d. S. s.?" ein Artikel (Anlage B 3), in dem der Kläger eine Ablichtung der Tagebuchseite vom 10. November 2017 sowie den Wortlaut der später streitgegenständlichen Textpassage zu Ziffer 14. veröffentlichte.

Die Beklagte betreibt unter anderem die Internetseite www.≪...≫.de. Dort veröffentlichte sie am 4. September 2020 unter der Überschrift "N. a. d. f. G." einen Artikel (Anlage K 1), der sich mit einer möglichen Einflussnahme der Hamburger Politik auf Entscheidungen der Finanzbehörden im Zusammenhang mit Steuerrückforderungen nach "Cum-Ex-Geschäften" beschäftigt und die streitgegenständlichen Textpassagen enthält. Die Beklagte zitiert hierin wörtlich aus den Tagebüchern des Klägers, deren Inhalt sie nach der Beschlagnahme eingesehen hatte. Der in dem Artikel behandelte Verdacht ist Gegenstand eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in Hamburg (vgl. Anlage B 2).

Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18. September 2020 (Anlage K 2) ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung auf. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 23. September 2020 (Anlage K 3) ab. Daraufhin beantragte der Kläger am 29. September 2020 beim Landgericht Hamburg den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Az.: 324 O 393/20), dem die Kammer mit Beschluss vom 8. Oktober 2020 nur teilweise stattgab. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers erließ der Senat mit Beschluss vom 2. November 2020 (Az.: 7 W 125/20) die einstweilige Verfügung auch hinsichtlich der weiteren Anträge. Auf Antrag der Beklagten wurde dem Kläger eine Frist zur Erhebung der Klage in der Hauptsache gesetzt.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, aus den Tagebüchern des Klägers zu zitieren bzw. zitieren zu lassen:

1. "Wieder das Warten und das Starren auf das Handy, schreibt er."

2. "H. S., ..., ist pikiert ob des Sieges von Trump und dann: Schicken Sie das Schreiben ohne weitere Bemerkung an den Finanzsenator. Ich frage nichts, danke und lasse das Schreiben T. überbringen. Ich hoffe, daß sich das Abwickeln positiv deuten lässt."

3. "Die Zuständigen der Finanzbehörde haben zusammengesessen, (schreibt O..) Man sieht keine neuen Tatsachen und widerruft nicht die Kapitalertragssteuer-Erstattung."

4. "In diesen führt O. akribisch Buch, Verstöße gegen Gesetze kann er bei sich und seiner Bank keine erkennen. Ich wusste wirklich nichts von den Doppelabtretungen, schreibt er im Februar 2016, habe auch daran nie mitgewirkt."

5. "Er wendet sich an A. P., SPD, einst Hamburger Innensenator. H P. armiere ich mit Unterlagen. Er wir...

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