Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsobliegenheit bei Kindern über drei Jahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Die vom BGH (BGH, 18. März 2009, XII ZR 74/08 in FamRZ 2009, 770 und BGH, 6. Mai 2009, XII ZR 114/08 in FamRZ 2009, 1124) bei Betreuung von Kindern nach vollendetem 3. Lebensjahr geforderte Obliegenheit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, die deutlich über eine halbschichtige Tätigkeit hinausgeht, kann zur Benachteiligung solcher Kinder führen, die als Folge der Trennung der Eltern einer besonderen Zuwendung bedürfen.

 

Normenkette

BGB § 1570 Abs. 1 Sätze 2-3, Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Gießen (Urteil vom 11.12.2008; Aktenzeichen 24 F 907/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 und 2 ZPO)

Der Kläger begehrt die Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtung i.H.v. monatlich 700 EUR ggü. der Beklagten aus dem vor dem OLG Frankfurt am 22.2.2006 geschlossenen Vergleich (5 UF 226/05) nunmehr noch dahingehend, dass er ab November 2009 nicht mehr zur Zahlung verpflichtet ist. Für den ursprünglichen Klagezeitraum ab 1.5.2008 bis 31.10.2009 haben die Parteien am 21.10.2009 vor dem Einzelrichter einen Teilvergleich geschlossen, dass der gezahlte Unterhalt verbindlich sein soll und insoweit keine Rückforderungsansprüche bestehen. Der Kläger ist aufgrund der bereits in dem angefochtenen Urteil berücksichtigten Aufhebung seines früheren Arbeitsvertrags zunächst am 1.1.2009 arbeitslos geworden und erhielt eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld bis März 2009. Im April bezog er 1.815,30 EUR Arbeitslosengeld. Seine Abfindung von insgesamt 30.000 EUR brutto ergab unwidersprochen einen Nettobetrag von ca. 16.230 EUR. Seit 1.5.2009 hat der Kläger jedoch wieder eine Arbeitsstelle mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 4.279 EUR, was damit ziemlich genau seinem unstreitigen Einkommen aus dem Jahre 2008 bei seinem vormaligen Arbeitgeber entspricht. Dieses Arbeitsverhältnis ist nun allerdings - zur Vermeidung einer Kündigung in der Probezeit - mit Einverständnis des Klägers bis zum 28.2.2010 befristet worden.

Der Kläger bemüht sich deswegen erneut um ein Arbeitsverhältnis und hat zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch bereits zwei offene Stellen kontaktiert. Die Beklagte hat ihre Erwerbstätigkeit ausgeweitet und verdient seit März 2009 durchschnittlich monatlich ca. 1.000 EUR netto, muss allerdings auch teils zugestandene, teils bestrittene Betreuungskosten für B aufbringen, um ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können. Soweit ihr Zinseinnahmen von bisher monatlich 330 EUR aus ihrem bis Ende 2009 als Festgeld angelegten ererbten Vermögen zugerechnet worden sind, verringern sich diese bei einem Anlagevermögen von 90.550 EUR und dem derzeitigen Zinssatz von nur noch 1,5 % für ihr "...-Konto" bei der A-Bank auf monatlich ca. 114 EUR ab 2010.

Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des AG Gießen vom 11.12.2008 Bezug genommen.

Das AG hat die Abänderungsklage abgewiesen, weil jedenfalls nach den seinerzeitigen Einkommensverhältnissen der Parteien sogar noch ein höherer Bedarf der Beklagten von monatlich 1.012 EUR bestanden habe und ihr angesichts der bei B ärztlich bestätigten Defizite - hyperkinetische und soziale Störung nebst Legasthenie - auch unter Berücksichtigung der Fremdbetreuungen Bs nicht mehr als eine wöchentliche Arbeitszeit von 23 Stunden zuzumuten sei. Der deswegen fortbestehende Unterhaltsanspruch gem. § 1570 BGB könne nicht befristet werden, weil das Ende der Betreuungsbedürftigkeit von Kindern grundsätzlich nicht vorherzusehen sei.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, die er - wie ausgeführt - auf den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab November 2009 beschränkt hat.

Er räumt ein, dass die Beklagte monatliche Kosten für die Betreuung Bs durch eine Kinderfrau und Hortkosten aufbringen muss, bestreitet allerdings den Betrag von weiteren 120 EUR für die Betreuung Bs durch den Freund der Beklagten. Aufgrund der sowieso bereits umfänglichen Fremdbetreuung Bs, der im Übrigen auch für die Hausaufgaben keine gesonderte häusliche Betreuung mehr benötige, könne die Beklagte vollschichtig arbeiten.

Außerdem müsse sein Einkommen entgegen der erstinstanzlichen Entscheidung um Kosten für den Umgang mit B bereinigt werden. Da er ab Februar 2010 wieder arbeitslos sei, sei er ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr leistungsfähig.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, u.a. unter Darlegung ihres Tagesablaufs in einem beispielhaft genannten Zeitraum von zwei Wochen im November 2009.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Erklärungen der Parteien in den mündlichen Verhandlungen am 21.10.2009 und 13.1.2010 Bezug genommen.

Der Senat hat in der Berufungsverhandlung über die Betreuungs...

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