Leitsatz

Das OLG Frankfurt hat sich in dieser Entscheidung mit der Verlängerung des Anspruchs Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes gemäß § 1570 BGB, und zwar sowohl aus kind- wie aus elternbezogenen Gründen auseinandergesetzt. Im vorliegenden Fall betreute die geschiedene Ehefrau einen am 8.2.1999 geborenen gemeinsamen Sohn, bei dem ärztlich bestätigte hyperkinetische und soziale Störungen nebst Legasthenie vorlagen.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren geschiedene Eheleute. Aus ihrer Ehe war ein am 8.2.1999 geborener gemeinsamer Sohn hervorgegangen, der unter hyperkinetischen und sozialen Störungen nebst Legasthenie litt. Er lebte im Haushalt seiner Mutter.

Der Kläger begehrte die Abänderung seiner Unterhaltsverpflichtungen i.H.v. monatlich 700,00 EUR ggü. der Beklagten aus einem vor dem OLG Frankfurt am 22.2.2006 geschlossenen Vergleich nunmehr dahingehend, dass er ab November 2009 nicht mehr zur Zahlung von Ehegattenunterhalt verpflichtet sei. Für den ursprünglichen Klagezeitraum ab 1.5.2008 bis zum 31.10.2009 schlossen die Parteien am 21.10.2009 vor dem Einzelrichter einen Parteivergleich, wonach der gezahlte Unterhalt verbindlich sein sollte und Rückforderungsansprüche nicht bestehen.

Der Kläger war zunächst am 1.1.2009 arbeitslos geworden und erhielt eine Sperrzeit für den Bezug von Arbeitslosengeld bis März 2009. Im April bezog er Arbeitslosengeld i.H.v. 1.815,30 EUR. Seine Abfindung von insgesamt 30.000,00 EUR brutto ergab unwidersprochen einen Nettobetrag von ca. 16.230,00 EUR. Seit 1.5.2009 hatte der Kläger wieder eine Arbeitsstelle mit einem monatlichen Nettoeinkommen von ca. 4.279,00 EUR, was ziemlich genau seinem unstreitigen Einkommen aus dem Jahre 2008 bei seinem vormaligen Arbeitgeber entsprach. Wegen der Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 28.2.2010 bemühte sich der Kläger um ein neues Arbeitsverhältnis und hatte zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bereits zwei offene Stellen kontaktiert.

Die Beklagte hatte ihre Erwerbstätigkeit ausgeweitet und verdiente seit März 2009 durchschnittlich monatlich ca. 1.000,00 EUR netto, musste allerdings auch teilweise zugestandene, teilweise bestrittene Betreuungskosten für den gemeinsamen Sohn aufbringen, um ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen zu können. Ihr vorher zugerechnete Zinseinnahmen von 330,00 EUR monatlich verringerten sich auf 114,00 EUR monatlich ab dem Jahr 2010.

Das AG hat die Abänderungsklage abgewiesen, weil jedenfalls nach den seinerzeitigen Einkommensverhältnissen der Parteien sogar noch ein höherer Bedarf der Beklagten von monatlich 1.012,00 EUR bestanden habe und ihr angesichts der bei dem Sohn ärztlich bestätigten Defizite auch unter Berücksichtigung seiner Fremdbetreuung nicht mehr als eine wöchentliche Arbeitszeit von 23 Stunden zumutbar sei. Der deswegen fortbestehende Unterhaltsanspruch gemäß § 1570 BGB könne nicht befristet werden, weil das Ende der Betreuungsbedürftigkeit von Kindern grundsätzlich nicht vorherzusehen sei.

Gegen dieses Urteil wandte sich der Kläger mit der Berufung und begehrte weiterhin den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung ab November 2009.

Das OLG hat in der Berufungsverhandlung über die Betreuungsbedürftigkeit des gemeinsamen Sohnes Beweis erhoben durch Vernehmung des Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie des Schulleiters und Klassenlehrers des Sohnes als Zeugen.

Das Rechtsmittel erwies sich als unbegründet.

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, der Klägerin stehe weiterhin ein verlängerter Anspruch auf Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes gemäß § 1570 BGB zu, und zwar sowohl aus kind- wie aus elternbezogenen Gründen.

Nach der Rechtsprechung des BGH zu den Voraussetzungen des Unterhalts wegen Betreuung eines Kindes gemäß § 1570 BGB in der seit 1.1.2008 geltenden Fassung könne ein solcher Unterhalt bei der Betreuung von Kindern, die das 3. Lebensjahr vollendet haben, zwar nur noch bei der ausdrücklichen Darlegung von Gründen, die kind- oder elternbezogen sein müssten, gewährt werden (BGH FamRZ 2009, 770; FamRZ 2009, 1124; FamRZ 2009, 1391). Der BGH habe auch für Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter den Vorrang der elterlichen Betreuung vor der Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen als grundsätzlich nicht mehr mit § 1570 BGB n.F. vereinbar angesehen und ausgeführt, selbst bei einem 6 1/2 Jahre alten Kind bestehe mangels ergänzenden Vortrages eine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit, die deutlich über eine halbschichtige Tätigkeit hinausgehe (Urt. v. 16.12.2009 - XII ZR 50/08, Rz. 53).

Die insoweit vom BGH vertretene Auffassung sah das OLG kritisch, da gemäß Art. 6 Abs. 2 GG Pflege und Erziehung des Kindes das "natürliche Recht" der Eltern sei. Daran könne die Entscheidung des BVerfG vom 28.2.2007, die im Wesentlichen die Gleichbehandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder zum Gegenstand gehabt habe, nichts Grundsätzliches ändern, wenn auch nicht verkannt werde, dass das BVerfG meine, die zeitliche Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf in der Regel drei Jahre sei im Blick auf Art...

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