Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bemessung des Schmerzensgeldanspruchs nach Artt. 6 i.V.m. 82 DSGVO bei rechtswidriger Versendung eines Kontoabschlusses

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Durchsetzung eines Anspruchs auf Unterlassung bei einer rechtswidrigen Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung kann entweder auf §§ 823, 1004 BGB i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO oder auf Artt. 6 und 17 DSGVO i.V.m. Art. 79 DSGVO gestützt werden.

2. Zu einer über die bloße Verletzung der Datenschutzgrundverordnung hinausgehenden spürbaren Beeinträchtigung des Rechts aus Art. 6 DSGVO bei fehlerhafter Versendung eines Kontoabschlusses

3. Zur Bestimmung des Streitwerts für ein auf Art. 6 DSGVO gestütztes Unterlassungsbegehren

 

Normenkette

DSGVO Art. 6, 79, 82; GKG § 63

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 13.12.2019; Aktenzeichen 2-25 O 136/19)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 13. Dezember 2019 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt Main, Az. 2 25 O 136/19, zum Teil abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, personenbezogene Daten, die der Beklagten aus der Kontoverbindung ... bekannt sind, insbesondere Vor- und Nachname sowie Kontoauszüge des Klägers, ohne dessen Einwilligung an dritte Verbraucher wie geschehen mit dem Kontoabschluss vom 28. September 2018 zu übermitteln und/oder auf sonstige Weise dritten Verbrauchern zugänglich zu machen und gegenüber der SCHUFA-Bonitäts-Auskunft personenbezogene Daten zur SCHUFA-Datensatznummer "..." zu übermitteln, die nicht den Kläger und seine Kontoverbindung zur Beklagten betreffen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, 500,00 EUR Schmerzensgeld an den Kläger zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, weitere 159,94 EUR an den Kläger zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz haben der Kläger zu 4/5, die Beklagte zu 1/5 zu tragen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen ihn zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Gebührenstreitwert für die erste und zweite Instanz wird auf bis zu 5.500,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Wesentlichen um Ansprüche aufgrund der Datenschutzgrundverordnung wegen der Versendung eines Kontoabschlusses des Klägers an einen unbeteiligten Dritten.

Das Verfahren hat sich zunächst gegen die Beklagte als bisherige Beklagte zu 1) und die Bank1 ... AG als ehemalige Beklagte zu 2) gerichtet. Die Beklagte ist mittlerweile Gesamtrechtsnachfolgerin der ehemaligen Beklagten zu 2). Die ehemalige Beklagte zu 2) wurde im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf die Beklagte (bisherige Beklagte zu 1)) verschmolzen, was am 15.05.2020 im Handelsregister der Beklagten (AG Stadt3 HRB ...) eingetragen wurde.

Im Zeitpunkt des hier streitgegenständlichen Geschehens waren die Beklagte und die ehemalige Beklagte zu 2) konzernverbundene Kreditinstitute mit gemeinsamem Internetauftritt. Hinsichtlich der Gestaltung des von der ehemaligen Beklagten zu 2) verwendeten Briefkopfs wird auf Anlage K6 (Bl. 51 d. A.) verwiesen.

Der Kläger, Vorname1 A, unterhielt bei der ehemaligen Beklagten zu 2) ein Konto mit der IBAN ....

Im Herbst 2018 versendete die ehemalige Beklagte zu 2) einen Kontoabschluss vom 28. September 2018 zur IBAN ... an "Vorname1 A" in Stadt1 (im Folgenden "der Dritte"). Bei der Kontonummer handelt es sich um die des Klägers, bei der Adresse handelt es sich um die Anschrift des Dritten, der Kunde der ehemaligen Bank2 AG ist und dessen erster Vorname, Nachname sowie Geburtstag mit denen des Klägers übereinstimmen. Aus dem zweiseitigen Kontoabschluss waren an individualisierten Daten neben der Adresse des Dritten in Stadt1 die oben genannte IBAN, der Kontosaldo per 30.09.2018 mit 4.200,99 EUR und näher aufgeschlüsselte Abschlussposten (Sollzinsen, Kosten AktivKonto, Porto) in Höhe von insgesamt 29,28 EUR ersichtlich, die den Kläger betrafen. Hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des übersandten Kontoabschlusses wird auf Anlage K1 (Bl. 5 d. A.) verwiesen (im Folgenden "der Kontoabschluss"). Der Dritte und dessen Vermögensberater nahmen den Kontoabschluss zur Kenntnis, bevor er vom Dritten vernichtet wurde.

Der Dritte meldete sich am 9. Oktober 2018 telefonisch bei der ehemaligen Beklagten zu 2), teilte mit, dass er den Kontoabschluss erhalten, aber auch bereits vernichtet habe.

Der Kläger erhielt daraufhin ein auf den 19. Oktober 2018 datiertes Schreiben, in welchem die "Bank1" unter der weiterlautenden Adres...

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