Leitsatz (amtlich)

Der Erwerb einer Beteiligung gehört unabhängig von der hierbei geschaffenen Anteilsquote bei der Aktiengesellschaft in die Reihe vorstandsautonomer Geschäftsführungsangelegenheiten (ebenso MünchkmmAktG/Kubis, 2. Aufl. 2004, § 119 Rz. 67 m.w.N. Fn. 222); wenn die satzungsmäßige Zulassung genereller Art vorliegt, eine Zuständigkeit der Hauptversammlung nach der sog. "Holzmüller-" bzw. "Gelatine-Rechtsprechung" des BGH kommt dann nicht in Betracht.

 

Normenkette

AktG § 119

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Urteil vom 15.12.2009; Aktenzeichen 3-5 O 208/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des LG Frankfurt/M. vom 15.12.2009 teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst.

Der Beitritt des Streithelfers zu 7. wird zurückgewiesen.

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten haben die Kläger und die Streithelfer zu 5. bis 6. jeweils zu 1/6 zu tragen. Im Übrigen tragen die Kläger und die Streithelfer ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger und die Streithelfer zu 5. bis 6. können die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aus dem Urteil gegen sie jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Am 31.8.2008 gab die Beklagte, die zweitgrößte deutsche Bank, ausweislich Anlage [im Folgenden: Anl.] K 3, (SB [im Folgenden: SB] Anl. Klage), auf die wegen inhaltlicher Einzelheiten ebenso wie bezüglich sämtlicher weiterer nachfolgend bezeichneter Aktenstellen Bezug genommen wird, bekannt, sie habe mit der X ... (im Folgenden X) vereinbart, deren nicht mehr börsennotierte Tochter Y-Bank (im Folgenden kurz: Y-Ba) für etwa 8,8 Mrd. EUR zu übernehmen.

Im ersten Schritt sollte die Beklagte von der X 60,2 Prozent Anteile an der Y-Ba erwerben, die X dafür 163,5 Millionen neu emittierte Z-Bank-Aktien im Wert von 3,4 Mrd. EUR erhalten, darüber hinaus sollte die Beklagte 1,6 Mrd. EUR in bar an die X zahlen, zusätzlich sollte die X maximal 975 Millionen EUR nur als vorsorgliche Deckung für einen Trust zur Risikoabdeckung spezieller forderungsbesicherter Wertpapiere (asset-backed securities: ABS) erhalten und ihr die mit 0,7 Mrd. EUR bewertete Z-Bank-Fondstochter ... an die X übertragen werden.

In einem zweiten Schritt sollte die Y-Ba durch die Beklagte im Wege der Verschmelzung übernommen werden, die Beklagte sollte dadurch die restlichen Y-Ba-Anteile von der X erwerben, die X dafür Z-Bank-Aktien im Wert von 3,2 Mrd. EUR erhalten mit dem Ziel einer Beteiligungsquote der X an der Beklagten von knapp 30 Prozent.

Der vollständige Wortlaut der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der X wurde nicht - auch nicht in der streitgegenständlichen Hauptversammlung - bekannt gegeben, eine Zustimmung der Hauptversammlung hierzu nicht eingeholt.

Im Zuge der Insolvenz des amerikanischen Bankhauses A im September 2008 kam es zu erheblichen Verwerfungen auf den Finanzmärkten.

Am 3.11.2008 (Anl. K4 SB Anl. Klage) teilte die Beklagte mit, dass sie die Mittel des bei der Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) angesiedelten Rettungsfonds - SoFFin - nutze und der SoFFin der Beklagten eine stille Einlage i.H.v. 8,2 Mrd. EUR zur Verfügung stelle, die jährlich mit 9 % verzinst werde. Die Dividende für 2009 und 2010 werde ausgesetzt. Die stille Einlage werde zu 100 Prozent als Kernkapital angerechnet, womit die Eigenkapitalquote ("Tier 1") auf etwa zehn Prozent gestärkt werde. Die Rückzahlung der stillen Einlage erfolge zum Nominalwert.

In Folge der genannten Verwerfungen auf den Finanzmärkten musste die Y-Ba am 27.11.2008 ihren für 2008 geschätzten Verlust für das 2 Quartal von 400 Mio. EUR auf 3,3 Mrd. EUR korrigieren, nachdem für das 3. Quartal ein Verlust von 1,3 Mrd. EUR und für das 4. Quartal von 2. Mrd. EUR vorlag. Letztlich betrug nach einer weiteren Korrektur im Dezember 2008 die Ertragsbelastung für das 2. Halbjahr 2008 EUR 4,7 Mrd.

Ausweislich der Nachricht der Beklagten vom 27.11.2008 (Anl. K 5 SB Klage) wurde aufgrund einer Nachverhandlung der Beklagten und der X zwischen diesen am 27.11.2008 vereinbart, dass die Beklagte den 40-prozentigen Restanteil an der Y-Ba bereits im Januar 2009 übernehme und hierfür 1,4 Mrd. EUR bar zahle sowie weitere 250 Mio. EUR zur Abgeltung der Ansprüche der X aus vereinbarten Rettungsschirm.

Infolgedessen entfiel die für Anfang 2009 vorgesehene Hauptversammlung über die beabsichtigte Verschmelzung, eine Zustimmung der Hauptversammlung wurde nicht eingeholt.

Am 9.1.2009 kam es zu einer weiteren Änderung der Verträge zwischen der Beklagten und der X, wie sich aus dem Bericht des gerichtlich bestellten Sachkapitalerhöhungsprüfer vom 9.1.2009 (Anl. B 15, lose in Aktendeckel, dort S. 7 Mitte) ergibt. Eine Mitteilung der Beklagten hierzu erfolgte indirekt in einer Mitteilung vom 8...

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