Nachgehend

OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 07.12.2010; Aktenzeichen 5 U 29/10)

 

Tenor

Der Beitritt des Streithelfers zu 7) wird zurückgewiesen.

Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 15./16.5.2009 zu Top 2 – Entlastung der im Geschäftsjahr 2008 amtierenden Mitglieder des Vorstandes für diesen Zeitraum –

und

zu Top 3 – Entlastung der im Geschäftsjahr 2008 amtierenden Mitglieder des Aufsichtsrats für diesen Zeitraum –

werden für nichtig erklärt.

Die Beklagte hat die gerichtlichen Kosten des Rechtsstreits und dieaußergerichtlichen Kosten der Kläger und ihrer Streithelfer, mitAusnahme der des Streithelfers zu 7) zu tragen.

Der Streithelfer zu 7) hat seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Das Urteils ist (wegen der Kosten) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Beklagte ist eine deutsche Großbank.

Am 31. August 2008 wurde bekanntgegeben, dass zwischen der Beklagten und der … SE (im Folgenden …) vereinbart worden sei, dass die Beklagte die …-Tochter …Bank für 8,8 Milliarden Euro übernehme. Danach sollte im ersten Schritt die Beklagte von der …. 60,2 Prozent Anteile an der … Bank erwerben, diese erhielte dafür 163,5 Millionen neu emittierte …-Aktien im Wert von 3,4 Milliarden Euro. Darüber hinaus sollte die Beklagte 1,6 Milliarden Euro in bar an die … zahlen, wovon maximal 975 Millionen Euro jedoch nur als vorsorgliche Deckung für einen Trust zur Risikoabdeckung spezieller forderungsbesicherter Wertpapiere (asset-backed securities) dienen. Des Weiteren sollte die mit 0,7 Milliarden Euro bewertete …-Fondstochter cominvest an die … übertragen werden.

In einem zweiten Schritt sollte die … Bank durch die Beklagte übernommen werden, die Beklagte sollte dafür die restlichen …-Bank-Anteile von der … erwerben. Die … sollte dafür …-Aktien im Wert von 3,2 Milliarden Euro erhalten; Ziel ist eine Beteiligungsquote der … an der … von knapp 30 Prozent. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Mitteilung der Beklagten vom 31.8.2009 (Anlage K 3 Sonderband Anlagen zur Klage) verwiesen. Der genaue Wortlaut der Vereinbarung zwischen der Beklagten und der … wurde – auch nicht in der streitgegenständlichen Hauptversammlung – bekannt gegeben. Eine Zustimmung der Hauptversammlung hierzu wurde nicht eingeholt.

Gerichtskundig bestellte der Vorsitzende der erkennenden Kammer mit Beschluss vom 30.9.2008 – 3-05 O 253/08 – auf gemeinsamen Antrag der Beklagten und der … Bank gem. §§ 10, 60 UmwG einen Verschmelzungsprüfer.

Im Zuge der Insolvenz des amerikanischen Bankhauses … Bros. im September 2008 kam es allgemeinkundig zu erheblichen Verwerfungen auf den Finanzmärkten. Wegen dieser Verwerfungen beschloss der Deutsche Bundestag das Finanzmarktstabililsierungsgesetz, welches am 18.10.2008 in Kraft trat.

Es zielt auf die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit von Finanzinstituten mit Sitz in Deutschland und der Vermeidung einer allgemeinen Kreditklemme ab. Hauptbestandteil ist ein Rettungsfonds – SoFFin – bei der neuen Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA), einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die bei der Deutschen Bundesbank angesiedelt ist, jedoch getrennt von dieser organisiert ist (vgl. hierzu z. B. Wienecke/Fett NZG 2009, 8, m.w.Nachw.). Dieses Gesetz wurde in der Folgezeit durch weitere Gesetze und Rechtsverordnungen weiter entwickelt und ergänzt.

Am 3.11.2008 teilte die Beklagte mit, dass sie das von der Bundesregierung hierdurch ins Leben gerufene Programm zur Stärkung der Eigenkapitalbasis nutze und der SoFFin der Beklagten eine stille Einlage in Höhe von 8,2 Milliarden EUR zur Verfügung stelle, die jährlich mit 9 % verzinst werde. Die Dividende für 2009 und 2010 werde ausgesetzt. Die stille Einlage werde zu 100 Prozent als Kernkapital angerechnet, womit die Eigenkapitalquote (Tier 1) auf etwa zehn Prozent gestärkt werde. Die Rückzahlung der stillen Einlage erfolge zum Nominalwert. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Mitteilung der Beklagten vom 3.11.2008 (Anlage K4 Sonderband Anlagen zur Klage) Bezug genommen.

In Folge der Verwerfungen auf den Finanzmärkten nach der Insolvenz des Bankhauses …. musste die … Bank am 27.11.2008 ihren für 2008 geschätzten Verlust für das 2 Quartal von 400 Mio. EUR auf 2 Milliarden EUR korrigieren, und für das 3. Quartal auf 1,3 Milliarden EUR und später noch einmal für das 2. Halbjahr 2008 auf 4,7 Milliarden EUR.

Nach einer Nachverhandlung der Beklagten und der … wurde zwischen diesen am 27.11.2008 vereinbart, dass die Beklagte den 40-prozentigen Restanteil an der … Bank bereits im Januar 2009 übernehme und hierfür 1,4 Milliarden EUR bar zahle. Durch eine weitre Zahlung von 250 Mio. EUR der Beklagten würden die Ansprüche der … aus dem im August 2008 vereinbarten Rettungsschirm abgegolten. Die für Anfang 2009 vorgesehen Hauptversammlung über die beabsichtigte Verschmelzung entfalle. Wegen der weitren Einzelheiten wird auf die Nachricht der Beklagten vom 27.11.2008 (Anlage K5 Sonderband Anlagen zur Klage) v...

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