Leitsatz (amtlich)

Vorlagebeschluss an den BGH zur Frage, ob die originäre Einzelrichterzuständigkeit des RiOLG gem. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO a.F. dann begründet ist, wenn eine Entscheidung des Vorsitzenden einer KfH angefochten ist.

 

Normenkette

ZPO § 568 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

LG Darmstadt (Aktenzeichen 18 O 507/96)

 

Tenor

Die Sache wird dem BGH zur Bestimmung des für die Entscheidung über die Beschwerde funktionell zuständigen Gerichtes – Senat oder Einzelrichter – vorgelegt.

 

Gründe

Mit der vorliegenden sofortigen Beschwerde wendet die Verfügungsbeklagte sich gegen einen Beschluss einer gem. § 349 Abs. 3 ZPO allein entscheidenden Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen.

Die Geschäftsstelle hat diese Beschwerde zunächst dem nach der Geschäftsverteilung für diese Endziffer zuständigen, dem Senat angehörenden RiOLG Dr. G. als dem originären Einzelrichter zur Bearbeitung vorgelegt.

Dieser hat sich durch Beschluss vom 21.2.2003 (vgl. wegen der Einzelheiten Bl. 149 f. d.A.) für funktional unzuständig erklärt. Er hat die Auffassung vertreten, der Erlass der angefochtenen Entscheidung durch die allein entscheidende Vorsitzende der Kammer für Handelssachen begründe nicht seine Zuständigkeit als originärer Einzelrichter gem. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO, da eine allein entscheidende Vorsitzende einer KfH nicht Einzelrichterin im Sinne dieser Bestimmung sei. Zur Begründung seiner Auffassung hat er sich unter anderem auf die Beschlüsse des OLG Zweibrücken v. 18.6.2002 – 3 W 119/02, NJW 2002, 2722, des OLG Karlsruhe v. 8.2.2002 – 3 AW 50/02, MDR 2002, 778, sowie des OLG Frankfurt v. 24.5.2002 – 5 W 4/02, MDR 2002, 1391 bezogen, die in gleich gelagerten Fällen ebenfalls die Zuständigkeit des Senats für begründet erachtet haben.

Der 13. Zivilsenat teilt diese Auffassung nicht. Vorliegend ist nicht der Senat, sondern der originäre Einzelrichter i.S.v. § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO zur Entscheidung berufen.

Zwar steht der Wortlaut von § 568 S. 1 ZPO (i.d.F. des Zivilprozessreformgesetzes vom 27.7.2001) einer unmittelbaren Anwendung dieser Zuständigkeitsregelung auf die Anfechtung solcher Entscheidungen, die vom Vorsitzenden einer Kammer für Handelssachen allein getroffen worden sind, entgegen. Aus der in §§ 348 bis 349 ZPO getroffenen begrifflichen Unterscheidung, insb. aus § 349 Abs. 4 ZPO, sowie aus den Regelungen in den die Berufung betreffenden Bestimmungen der §§ 526 Abs. 4, 527 Abs. 1 S. 2 ZPO ergibt sich, dass der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung – anders als das allein entscheidende Mitglied einer landgerichtlichen Zivilkammer – nicht als Einzelrichter bezeichnet ist (vgl. hierzu im Einzelnen die Ausführungen der oben zitierten OLG sowie die Darlegungen in dem Aufsatz von Fölsch „Beschwerdeverfahren – Zuständigkeit des originären Einzelrichters gegen Entscheidungen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen” in MDR 2003, S. 308 ff., m.zahl.w.N.). Der Senat folgt insoweit nicht der – auf die Einordnung von § 349 ZPO in den mit „Verfahren vor dem Einzelrichter” überschriebenen 4. Titel des zweiten Buches der ZPO sowie die Entstehungsgeschichte von § 349 ZPO gestützten – Gegenmeinung von Feskorn in seinem Aufsatz „Die Zuständigkeit des Einzelrichters gem. § 568 ZPO” in NJW 2003, 856 ff.

Indes ist § 568 S. 1 ZPO auf das Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen, die der Vorsitzende einer Kammer für Handelssachen allein getroffen hat, entspr. anwendbar.

Denn der Gesetzgeber hat bei der Fassung dieser Bestimmung eine planwidrige Regelungslücke verursacht. Dem Regelungsplan des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.7.2001 liegt der Gedanke zugrunde, dass zur Beschleunigung und Vereinfachung von Entscheidungen, und um einen Ressourcen schonenden Personaleinsatz zu erreichen, verstärkt von einer Entscheidung durch den Einzelrichter Gebrauch gemacht werden soll. Der Einzelrichter soll daher immer dann originär zuständig sein, wenn die Entscheidung eines einzelnen Richters angefochten wird.

Vor diesem Hintergrund ist für die Nichteinbeziehung des allein entscheidenden Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen in § 568 S. 1 ZPO kein sachlicher Grund erkennbar. Ein solcher ergibt sich nicht aus den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. die Nachweise bei Fölsch, MDR 2003, S. 310). Der Gesetzgeber sah eine Entscheidung des Kollegiums beim Beschwerdegericht nur in Fällen als geboten an, in denen eine Kollegialentscheidung angefochten wurde. Es ist angesichts dieser Grundentscheidung – und da, im Gegensatz zur Berufung (§ 527 Abs. 4 ZPO), im Beschwerdeverfahren eine Übertragung einer durch das Kollegium zu entscheidenden Beschwerde auf den Einzelrichter nicht einmal mit Zustimmung der Parteien vorgesehen ist – kaum sinnvoll, über die Beschwerde, die häufig Nebenentscheidungen oder jedenfalls nicht selten Gegenstände einer geringeren Bedeutung betrifft, zwingend ein Kollegialorgan entscheiden zu lassen, während über die Hauptsache selbst in der Berufung der Einzelrichter entscheiden könnte.

Da sich...

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