Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung von Gemeinden für Antrag auf Eintragung von Zwangssicherungshypothek

 

Leitsatz (amtlich)

Hessische Gemeinden ohne eigene Vollziehungsbeamte oder Vollstreckungsstellen i.S.d. § 16 Abs. 2 HessVwVG sind als Gläubiger berechtigt, zur Vollstreckung ausstehender kommunaler Abgaben selbst bei dem Grundbuchamt das Ersuchen auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu stellen.

 

Normenkette

GBO § 38; ZPO § 867; VwVG HE § 16 Abs. 2; VwVG HE § 58

 

Verfahrensgang

AG Kassel (Beschluss vom 30.07.2014)

 

Tenor

Der Zurückweisungsbeschluss wird aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, die zwischen 25.5.2014 und dem 5.6.2014 gestellten sechs Eintragungsanträge der Antragstellerin nicht aus den Gründen des Zurückweisungsbeschlusses vom 30.7.2014 zurückzuweisen.

 

Gründe

I. Die antragstellende Gemeinde hat mit sechs einzelnen zwischen dem 25.5.2014 und dem 5.6.2014 gestellten Anträgen jeweils die Eintragung von - teilweise aufschiebend bedingten - Zwangssicherungshypotheken wegen rückständiger kommunaler Abgaben und Forderungen auf den eingangs bezeichneten Grundstücken verschiedener Schuldner beantragt. In den jeweils mit dem gemeindlichen Siegel versehenden Antragsschreiben, denen eine detaillierter Forderungsaufstellung beigefügt ist, wird die Vollstreckbarkeit der Forderungen bescheinigt.

Das Grundbuchamt teilte der antragstellenden Gemeinde jeweils mit Aufklärungsverfügung mit, die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken wegen kommunaler Abgaben erfolge aufgrund eines behördlichen Ersuchens i.S.d. § 38 GBO. Dieses Ersuchen müsse durch die Kasse des Landkreises gestellt werden, dem die Gemeinde angehöre, wenn diese nach § 16 Abs. 2 des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes -HessVwVG- nicht selbst die Vollstreckungsbehörde sei. Vorliegend verfüge die antragstellende Gemeinde nicht über eine eigene Vollstreckungsbehörde, so dass der Antrag auf Eintragung der Sicherungshypotheken zu ihren Gunsten über den Landkreis - Kreiskasse als Vollstreckungsbehörde - gestellt werden müsse.

Die antragstellende Gemeinde machte demgegenüber geltend, im Gegensatz zur Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung seien kreisangehörige Gemeinden, die sich bei der Vollstreckung nach § 16 Abs. 2 HessVwVG der Kreiskasse bedienten, nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt vom 21.5.1981 (Az. 20 W 284/81) selbst berechtigt, Anträge auf Eintragung einer Zwangshypothek zu stellen.

Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes wies mit Beschluss vom 30.7.2014 die Anträge auf Eintragung der sechs beantragten Zwangssicherungshypotheken zurück. Zur Begründung wird in dem Beschluss, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ausgeführt, die Vollstreckung eines Verwaltungsaktes, mit dem eine Geldleistung an eine Gemeinde gefordert werde, erfolge gem. § 16 Abs. 1 HessVwVG durch deren Kasse, für Gemeinden ohne eigene Vollziehungsbeamte oder Vollstreckungsstelle - wie vorliegend die Antragstellerin - vollstrecke jedoch gem. § 16 Abs. 2 Satz 1 HessVwVG die Kasse des Landkreises, dem die Gemeinde angehört. Hiernach sei vorliegend nicht die antragstellende Gemeinde, sondern der Landkreis abstrakt befugt, gem. § 38 GBO um die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken zu ersuchen.

Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 4.9.2014, auf dessen Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt. Die Rechtspflegerin des Grundbuchamtes hat der Beschwerde mit einem Nichtabhilfebeschluss, der offenbar versehentlich wie schon der Zurückweisungsbeschluss auf den 30.7.2014 datiert und am 17.9.2014 ausgefertigt wurde, nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.

II. Die Beschwerde, über welche nach der erfolgten Nichtabhilfeentscheidung der Grundbuchrechtspflegerin der Senat als Beschwerdegericht zu entscheiden hat, ist nach §§ 71, 73 GBO zulässig.

Die Beschwerde führt auch in der Sache zum Erfolg, da die antragstellende Gemeinde als Gläubigerin der zu vollstreckenden Forderungen selbst berechtigt ist, jeweils den Antrag auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu stellen.

Im Ansatzpunkt zulässig führt das Grundbuchamt aus, dass es sich bei dem Antrag einer Gemeinde auf Eintragung einer Zwangssicherungshypothek wegen beizutreibender kommunaler Abgaben um ein behördliches Ersuchen im Sinne des 38 GBO handelt, so dass das Grundbuchamt generell, weil es insoweit auch als Vollstreckungsgericht tätig wird, neben den grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung auch das Vorliegen der vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen hat (vgl. BayObLG Rpfleger 1982, 466; OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 1248 und Senatsbeschluss vom 16.2.2010 - 20 W 49/10 - dok. bei Juris; Zöller/Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 867 Rz. 1; Schöner/Stöber, Grund-buchrecht, 15. Aufl., Rz. 2168).

Bei derartigen Ersuchen nach § 38 GBO bezieht sich die Prüfung des Grundbuchamts insbesondere darauf, ob die ersuchende Behörde zur Stellung eines derartigen Er...

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