Leitsatz (amtlich)

Zuschläge an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung nach § 76g SGB VI (sog. Grundrente) unterliegen grundsätzlich als Anrechte im Sinne des § 2 VersAusglG dem Versorgungsausgleich (entgegen OLG Frankfurt - 6 UF 108/22).

 

Normenkette

FamFG § 224 Abs. 4; SGB VI § 76g Abs. 4, §§ 97a, 120 f.; VersAusglG §§ 2, 19

 

Verfahrensgang

AG Melsungen (Aktenzeichen 51 F 473/20 VA)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Melsungen vom 28.04.2022 teilweise wie folgt abgeändert:

Ziffer 5 des Tenors wird wie folgt neu gefasst:

Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragstellerin und früheren Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.Nr. ...) zugunsten des Antragsgegners und früheren Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 5,5845 Entgeltpunkten auf das vorhandene Konto Nr. ... bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, bezogen auf den 30.11.2002, übertragen.

Es wird eine neue Ziffer 6 angefügt, die wie folgt lautet:

Bezüglich des Anrechts der Antragstellerin und früheren Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers.Nr. ...) auf Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährig Versicherte (Ausgleichswert 0,0366 Entgeltpunkte) findet ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt.

Die bisherige Ziffer 6 des Tenors wird zu Ziffer 7, die bisherige Ziffer 7 des Tenors wird zu Ziffer 8.

Im Übrigen bleibt es bei den Anordnungen des angefochtenen Beschlusses.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.931 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 27.01.1989 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners ist nach Zustellung des Scheidungsantrags am 02.12.2002 durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Korbach vom 12.08.2003 geschieden worden. Im Scheidungsverbund wurde auch der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei sind die jeweiligen Anrechte der Ehegatten in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege des Splittings nach §§ 1587, 1587 b Abs. 1 BGB und die bei der Volkswagen AG bestehenden Anrechte des Antragsgegners im Wege des Supersplittings nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG ausgeglichen worden.

Am 02.06.2020 hat die Antragstellerin (und frühere Antragsgegnerin des Scheidungsverfahrens) beim Amtsgericht - Familiengericht - Melsungen die Abänderung der Versorgungsausgleichsentscheidung mit der Begründung beantragt, dass insbesondere bei den Anrechten der betrieblichen Altersversorgung des Antragsgegners (und früheren Antragstellers des Scheidungsverfahrens) von einer erheblichen Änderung auszugehen sei.

Seit 01.11.2020 bezieht der Antragsgegner Rentenleistungen der Volkswagen AG. Seit 01.08.2021 bezieht die Antragstellerin eine gesetzliche Rente der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Das Amtsgericht hat von den Versorgungsträgern aktuelle Auskünfte eingeholt. Die weitere Beteiligte zu 1), die Deutsche Rentenversicherung Bund, hat dabei für die Antragstellerin in ihrer Auskunft vom 04.11.2021 ein bei ihr bestehendes, in der Leistungsphase befindliches Anrecht mit einem Ehezeitanteil in Höhe von 11,1690 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert in Höhe von 5,5845 Entgeltpunkten mitgeteilt sowie einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit einem Ehezeitanteil in Höhe von 0,0732 Entgeltpunkten und einem Ausgleichswert in Höhe von 0,0366 Entgeltpunkten. Diese Auskunft ersetzte eine Auskunft vom 07.08.2020, in der ein Ausgleichswert für das Anrecht in der allgemeinen Rentenversicherung in Höhe von 5,5817 Entgeltpunkten mitgeteilt worden war.

Mit Beschluss vom 28.04.2022 hat das Amtsgericht die Entscheidung über den Versorgungsausgleich vom 12.08.2003 mit Wirkung ab dem 01.07.2020 abgeändert. Dabei hat es hinsichtlich des bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bestehenden Anrechts der Antragstellerin die interne Teilung durchgeführt mit einem Ausgleichswert in Höhe von 5,5817 Entgeltpunkten. Ein Ausgleich des Zuschlags von Entgeltpunkten für langjährige Versicherung erfolgte nicht.

Gegen den am 13.05.2022 zugestellten Beschluss hat die weitere Beteiligte zu 1), die Deutsche Rentenversicherung Bund, am 08.06.2022 Beschwerde eingelegt und beantragt, den Versorgungsausgleich entsprechend den gesetzlichen Regelungen durchzuführen. Dabei hat sie zunächst einen Ausgleich auch des ehezeitlichen Anrechts der Antragstellerin bezüglich der Grundrentenzeiten begehrt und mit Schriftsatz vom 04.07.2022 zudem um Korrektur des Ausgleichswertes des Anrechtes der Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung gebeten. Der Antragsgegner hat sich der Beschwerde angeschlossen.

Der Senat hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, auf die Beschwerde das Anrecht der Antragstellerin in der allgemeinen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund mit einem Ausgleichswert von 5,5845 Entgeltpunkten auszugleichen und im...

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