Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Streitwertbegünstigung nach § 142 MarkenG, wenn der Verletzer bei eindeutiger Rechtslage nicht auf eine Abmahnung reagiert

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Streitwertbegünstigung nach § 142 MarkenG scheidet bei rechtsmissbräuchlichem Verhalten der antragstellenden Partei regelmäßig aus.

2. Rechtsmissbräuchliches Verhalten muss jedenfalls dann angenommen werden, wenn der Verletzer die der Klage vorausgehende Abmahnung und ein weiteres Nachfass-Schreiben des Markeninhabers ignoriert und den "Kopf in den Sand gesteckt hat", obwohl die Sach- und Rechtslage eindeutig und kein nachvollziehbarer Grund dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, warum er sich nicht schon in dieser Phase Rechtsrat eingeholt hat, wenn er Zweifel an der Berechtigung der geltend gemachten Ansprüche hatte. In diesem Fall führt das Verhalten des Verletzers geradewegs zur Entstehung weiterer Kosten, weil dem Markeninhaber kein anderer Weg als die Klageerhebung bleibt. 3. Die bei § 142 MarkenG für die Streitwertbegünstigung anzuwendenen Erwägungen gelten entsprechend für die Streitwertminderung nach § 12 Abs. 4 UWG.

 

Normenkette

MarkenG § 142; UWG § 12 Abs. 4

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 09.03.2020; Aktenzeichen 2-6 O 287/19)

 

Tenor

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Die angefochtenen Beschlüsse werden abgeändert.

Der Gebührenstreitwert wird wie folgt festgesetzt:

Vor der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung:

Klageantrag zu I. a - c) (Unterlassung) 75.000,- EUR

Klageantrag zu II. (Schadensersatzfeststellung) 20.000,- EUR

Klageantrag zu III. (Auskunft und Rechnungslegung) 5.000,- EUR

100.000,- EUR

Nach der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung:

Klageantrag zu II. 20.000,- EUR

Terminsgebühr aus 20.000,- EUR

Die mit Beschluss vom 19.3.2020 festgesetzten Gegenstandswerte werden wie folgt festgesetzt:

(Für die Festsetzung eines Gegenstandswertes für die Berechnung einer Patentanwaltsgebühr besteht keine Veranlassung.)

Die weitergehenden Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat den Beklagten auf der Grundlage ihrer zahlreichen Kennzeichenrechte sowie auf Wettbewerbsrecht gestützt auf Unterlassung der Verwendung ihrer Zeichen "FERRARI", "Ferrari-Pferd" und "Ferrari-Emblem" in Anspruch genommen. Sie hat weiterhin gefordert, dass es der Beklagte unterlässt, Fahrzeuge unter der Bezeichnung "Daytona 365 Replica H-Zulassung kein Ferrari" anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen (Klageantrag zu I.). Weiterhin hat die Klägerin den Beklagten auf Schadensersatzfeststellung (Klageantrag zu II.) sowie Auskunft- und Rechnungslegung (Klageantrag zu III.) und Kostenerstattung (Klageantrag zu IV.) in Anspruch genommen.

Der Beklagte handelt mit klassischen und historischen Fahrzeugen und anderen gebrauchten Waren. Ende 2018 bot er - als Vermittler des Zeugen A - über seine Homepage, Facebook und eBay-Kleinanzeigen eine Replica des Ferrari 365 GTS/4 (Daytona Spider) für 38.750,- EUR an. Das Fahrzeug wies auf der Karosserie die Markenzeichen der Klägerin auf. Das Fahrzeug ist ein Neubau, wurde nicht von der Klägerin hergestellt und ohne ihre Zustimmung in den Verkehr gebracht.

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 7.3.2019 ab, ohne dass der Beklagte reagierte. Auch auf ein Nachfass-Schreiben vom 17.4.2019 reagierte der Beklagte nicht, weshalb die Klägerin Klage erhoben und dabei als Vorschlag für die Streitwertfestsetzung 500.000,- EUR angegeben hat.

Bereits im ersten Schriftsatz an das Landgericht hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten eine unstreitige Erledigung des Rechtsstreits in Aussicht gestellt. Mit der Klageerwiderung hat er dann jedoch die Abweisung der Klage und eine Streitwertfestsetzung von nicht mehr als 50.000,- EUR beantragt. Im Weiteren hat er einen Streitwertbegünstigungs- und einen Prozesskostenhilfeantrag für den auf Sozialleistungen angewiesenen Beklagten gestellt. Parallel dazu hat der Beklagte außerprozessual bzw. in der Klageerwiderungsschrift eine Unterlassungserklärung abgegeben und Auskunft erteilt.

Nach einer mündlichen Verhandlung hat das Landgericht das schriftliche Verfahren angeordnet. Es hat sodann - nach entsprechenden Anträgen der Parteien - ein Anerkenntnisurteil bezüglich der Schadensersatzfeststellung und der Abmahnkosten erlassen; bezüglich der übrigen Klageanträge haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Kosten des Rechtsstreits hat das Landgericht insgesamt dem Beklagten auferlegt.

Mit Beschluss vom 9.3.2020 (Bl. 152 f. d.A.) hat das Landgericht den Gebührenstreitwert für den Rechtsstreit auf 500.000,- EUR festgesetzt und den Antrag des Beklagten auf Streitwertbegünstigung zurückgewiesen. Mit weiterem Beschluss vom 19.3.2020 (Bl. 156 f. d.A.) hat das Landgericht den Gegenstandswert für die Terminsgebühr gesondert auf 100.000,- EUR und für die Berechnung der Patentanwaltsge...

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