Leitsatz (amtlich)

Die Anfechtung eines Lebensversicherungsvertrages durch den Versicherer wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer bei Antragstellung im Jahr 1998 ist begründet, wenn der Agent zwar nicht die Fragen des Antragsformulars gestellt, sondern nur gefragt hat, ob der Antragsteller in den letzten fünf Jahren einen Arzt aufgesucht hat, der Antragsteller darauf aber nur seinen Hausarzt wegen einer Routineuntersuchung 1996, nicht aber eine Bypass-Operation 1997 angegeben hat.

 

Normenkette

BGB § 123

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 589/00)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8.2.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die Berufung bleibt ohne Erfolg.

Das LG hat die auf Auszahlung der Lebensversicherungssumme gerichtete Klage zu Recht abgewiesen, weil die Beklagte ihre Vertragserklärung wirksam wegen arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) angefochten hat. Der Versicherungsnehmer – der Ende 1999 verstorbene Herr H. – hat die Lebensversicherung erschlichen, weil er bei Antragstellung am 10.3.1998 verschwiegen hat, sich erst im Jahr zuvor einer koronaren Bypass-Operation unterzogen zu haben. Selbst wenn es so gewesen ist, dass dem Versicherungsnehmer nicht die Fragen des Antragsformulars gestellt worden waren, sondern der aufnehmende Agent oder dessen Mitarbeiter den Antragsteller stattdessen gefragt hatte, ob er in den letzten fünf Jahren einen Arzt aufgesucht habe, war die Angabe „1996 Dr. N.” falsch. Der verständige und um Aufmerksamkeit bemühte Antragsteller (vgl. BGH v. 26.10.1994 – IV ZR 151/93, VersR 1994, 1457) kann die Frage nicht dahin verstehen, es reiche aus, beliebig irgendeinen der Ärzte zu benennen, den er in diesem Zeitraum aufgesucht hatte. Die Frage zielt vielmehr unverkennbar darauf ab, jedenfalls die Behandlung wegen der gravierendsten Erkrankungen in Erfahrung zu bringen. Darauf, ob nicht sogar eine spontane Anzeigenobliegenheit bestanden hatte, kommt es nicht einmal an. Stehen – wie hier – Routineuntersuchungen bei Dr. N. 1996 und eine Herzoperation 1997 zur Debatte, so ist die Offenbarung nur des Hausarztes nicht die volle Wahrheit auf die gestellte Frage (vgl. Prölss/Martin, 26. Aufl., §§ 16, 17 VVG Rz. 21). Das Nichterwähnen der ungleich gewichtigeren Operation rechtfertigt den Schluss, dass sich der Antragsteller zielgerichtet verhalten hat, um den Vertragsschluss nicht zu gefährden. Damit ist das Merkmal der Arglist erfüllt. Der Senat kann es der Klägerin nicht abnehmen, der Antragsteller sei derart unbedarft gewesen, dass er ohne jede Absicht die Herzoperation unerwähnt gelassen habe. Der Eingriff am Herzen ist für jedermann einprägsamer als ein Besuch beim Hausarzt ohne besonderen Anlass.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht erfüllt.

Berufungsstreitwert und Beschwer der Klägerin: 20.000 DM.

Dr. S. Dr. W. Dr. R.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1104664

NVersZ 2002, 500

OLGR Düsseldorf 2002, 348

VersR 2002, 1362

ZfS 2002, 491

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