Leitsatz (amtlich)

1. In Spruchverfahren ist bei der Bestimmung des Unternehmenswerts auf den am Bewertungsstichtag geltenden Bewertungsstandard abzustellen.

2. Neuere und gefestigte bessere Erkenntnisse und Schätzungsmethoden nach dem Bewertungsstichtag, etwa die Ermittlung des Basiszinses anhand der "Zinsstrukturkurve", können ggf. zur Plausibilisierung des berechneten Unternehmenswerts berücksichtigt werden.

 

Normenkette

AktG §§ 327a, 327b; SpruchG § 1 Nr. 3, § 8

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Beschluss vom 25.11.2010; Aktenzeichen 18 O 158/05 (AktE))

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 14.12.2010 und die Anschlussbeschwerden der Antragsteller zu 16. und 17. vom 25.2.2011 wird der Beschluss der 4. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund vom 25.11.2010 aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung und Entscheidung -auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens -an das LG Dortmund zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Antragsgegnerin ist die Mehrheitsaktionärin der B. Die beiden Gesellschaften schlossen am 24.9.2004 einen Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag, dem die Hauptversammlung der B. am 19.11.2004 unter Tagesordnungspunkt 1 zustimmte. Unter Tagesordnungspunkt 2 beschloss die Hauptversammlung auf Verlangen der Antragsgegnerin als Mehrheitsaktionärin darüber hinaus die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragstellerin gegen Gewährung einer Barabfindung (sog. "Squeeze-out").

Nach § 5 des Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrages war ursprünglich eine Abfindung von 86,38 EUR je Aktie vorgesehen und ein Ausgleich i.H.v. 4,69 EUR brutto, abzgl. Körperschaftssteuer einschließlich Solidaritätszuschlag i.H.v. 4,06 EUR, je Aktie für jedes Geschäftsjahr angesetzt worden. Auch die Höhe der Barabfindung für das Squeeze-out war zunächst auf 86,38 EUR je Aktie festgesetzt worden. Grundlage für diese Bewertung war ein Gutachten von C.. Die Gutachter hatten anhand der Ertragswertmethode zum 19.11.2004 einen Unternehmenswert der B. i.H.v. ... EUR ermittelt, woraus sich eine Barabfindung i.H.v. 76,30 EUR je Aktie ergab. Da jedoch der gewichtete durchschnittliche Börsenkurs der B. in der Zeit vom 22.6.2004 bis zum 21.9.2004, dem Tag des Abschlusses der Gutachtenerstellung, 86,38 EUR betrug, war dieser Betrag zunächst als Abfindung für den Beherrschungs-und Gewinnabführungsvertrag bzw. die Squeeze-out-Barabfindung vorgesehen worden. Die D. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, die mit Beschluss des LG Dortmund vom 20.7.2004 gem. § 293c AktG zum Vertragsprüfer für die Bestimmung der Angemessenheit der Barabfindung bestimmt worden war, hatte die angebotene Barabfindung für angemessen gehalten.

In der Folgezeit bis zur Hauptversammlung stieg der Aktienkurs weiter an und der Durchschnittskurs im Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung betrug schließlich 88,51 EUR. Die Abfindung und Barabfindung wurde daher in der Hauptversammlung vom 19.11.2004 auf diesen Betrag angehoben und dies am 5.10.2004 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht.

Das Grundkapital der B. betrug am 19.11.2004 ... EUR und war in ... Inhaberaktien ohne Nennbetrag (Stückaktien) eingeteilt. Die Antragsgegnerin hatte bereits am 12.2.2004 ein öffentliches Übernahmeangebot für alle B.-Aktien zum Preis von 80 EUR je Stück veröffentlich und dann in der Folgezeit börslich und außerbörslich 13,98 % der Aktien der B. erworben. E. hatte am 29.3.2004 dem Vorstand der B. in einer "Fairness Opinion" bestätigt, dass ein Preis i.H.v. 80 EUR je Aktie "fair" sei. In der Folgezeit erwarb die Antragsgegnerin von der F. weitere 61,73 % der Aktien, ebenfalls zum Preis von 80 EUR je Aktie. Am Bewertungsstichtag war die Antragsgegnerin damit mit 96,68 % an der B. beteiligt. Die verbleibenden ... Aktien (= 3,32 %) waren in der Hand der außenstehenden Aktionäre.

Die B. gehört mit ihren Tochtergesellschaften nach eigenen Angaben zu den fünf führenden Brauereikonzernen in Deutschland. Das Unternehmen gliedert sich in die drei Sparten "Produktion und Vertrieb nationaler Biermarken", "Produktion und Vertrieb alkoholfreier Getränke" und die "Verwaltung des nicht betriebsnotwendigen Immobilienbestandes". Kern des Unternehmens in der Sparte "Produktion und Vertrieb nationaler Biermarken" war die B. GmbH mit den Marken ... Dazu gehörte die Prämienmarke ... Außerdem produziert die Q. die Marken ..., die im hochpreisigen Konsum-oder Premiumbereich angesiedelt sind ... Außerdem wurde im Jahr 2003 die T., U., erworben, die regionale Marken ... produziert und vertreibt. Der Unternehmensbereich der alkoholfreien Getränke, vor allem Mineralwasser, besteht aus den Gesellschaften X., und der Z.,. In diesen Gesellschaften werden die Marken ... produziert und angeboten. Der nicht betriebsnotwendige Immobilienbestand wird durch die Cc. verwaltet und vermietet. Die Sparte soll aufgegeben und die Immobilien veräußert werden.

Die Antragsgegnerin gehört zur Firmengruppe der Dd., Ee., und dient als Zwischenholding für die unternehmerischen Ak...

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