Leitsatz (amtlich)

Die Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO greift zu Gunsten von Existenzgründern nicht ein. Existenzgründer erwerben schon in der Phase der Vorbereitung einer selbstständigen Tätigkeit Geschäftskompetenz, sodass sie in ihrer Schutzbedürftigkeit Verbrauchern nicht mehr gleichzustellen sind.

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 24.02.2005; Aktenzeichen III ZB 36/04)

 

Tenor

Auf den Antrag des Antragsgegners wird festgestellt, dass die zwischen den Parteien mit Gemeinschaftspraxisvertrag vom 29.5.2002 unter § 29 vereinbarte Schiedsklausel wirksam ist.

Der Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien sind Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Sie betrieben in der Zeit vom 1.7.2002 bis zum 27.6.2003 eine Gemeinschaftspraxis in ...

Die Antragstellerin war bis zum 30.6.2002 Assistenzärztin am ... Mit Vertrag vom 23.4.2002 erwarb sie von Herrn dessen Praxisanteile an der gemeinschaftlichen Praxis mit dem Antragsgegner unter der aufschiebenden Bedingung, dass sie als Vertragsärztin zugelassen wird (Bl. 17 GA).

Am 29.5.2002 schlossen die Parteien einen Gemeinschaftspraxisvertrag (Bl. 19 ff GA). Der Vertrag stand unter der auflösenden Bedingung, dass zum einen die Gemeinschaftspraxis nicht vom zuständigen Zulassungsausschuss genehmigt und zum anderen die Antragstellerin nicht bestandskräftig zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen wird (Bl. 45 GA). Der Gemeinschaftspraxisvertrag enthält in § 29 auch eine Schiedsklausel, wonach alle Streitigkeiten aus dem Vertrag und über seine Gültigkeit unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs von einem Schiedsgericht endgültig entschieden werden.

Die Antragstellerin wurde am 1.7.2002 vom Zulassungsausschuss als Vertragsärztin zugelassen.

Mit Schreiben vom 27.6.2003 (Bl. 48 f. GA) kündigte der Antragsgegner den Gemeinschaftspraxisvertrag und leitete das Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Abfindungswertes ein. Mit Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 23.11.2003 (Bl. 50 f. GA) beantragte der Antragsgegner, die im Zusammenhang mit der Kündigung des Gemeinschaftspraxisvertrages entstehenden Streitigkeiten einem Schiedsgericht vorzulegen.

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der in § 29 des Gemeinschaftspraxisvertrages enthaltenen Schiedsklausel.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, die Schiedsklausel sei nach § 1031 Abs. 5 ZPO unwirksam, da sie nicht in einer eigenhändig unterzeichneten Urkunde niedergelegt worden sei. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sei sie noch Verbraucherin i.S.d. § 13 BGB gewesen. Erst mit der vertragsärztlichen Zulassung zum 1.7.2002 seien die wesentlichen Voraussetzungen für eine selbstständige ärztliche Tätigkeit geschaffen worden.

Sie beantragt, festzustellen, dass die zwischen den Parteien mit Gemeinschaftspraxisvertrag vom 29.5.2002, dort unter § 29 vereinbarte Schiedsklausel mangels ausreichender Förmlichkeit unwirksam ist und das von Seiten des Antragsgegners mit Schriftsatz vom 23.11.2003 eingeleitete Schiedsverfahren im Ganzen (für sämtliche Streitigkeiten zwischen den Parteien als Gesellschafter aus dem Gemeinschaftspraxisvertrag über die Gemeinschaftspraxis ... vom 29.5.2002 und über seine Gültigkeit) unzulässig ist.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag zurückzuweisen bzw. festzustellen, dass die Schiedsklausel aus § 29 des Gemeinschaftspraxisvertrages zwischen den Parteien vom 29.5.2002 zulässig ist.

Er ist der Auffassung: Die Schiedsklausel erfülle das Formerfordernis des § 1031 Abs. 1 ZPO. § 1031 Abs. 5 ZPO komme nicht zur Anwendung, da die Antragstellerin bei Vertragsabschluss nicht Verbraucherin gewesen sei. Die Antragstellerin habe in der Existenzgründungsphase nicht aus ihren häuslichen Aktivitäten heraus ein Geschäft aufgebaut. Bereits einen Monat zuvor habe sie die Praxisanteile ihres Vorgängers erworben. Damit sei sie bereits ein Engagement zur selbstständigen beruflichen Tätigkeit eingegangen. Auch hätten ihrer Zulassung keinerlei Hindernisse entgegengestanden. Zudem fehle es an dem situationsspezifischen Schutzbedürfnis des Verbrauchers. Die Antragstellerin habe sich vor Abschluss des Gemeinschaftspraxisvertrages eingehend juristisch beraten lassen.

II. Der zulässige Antrag der Antragstellerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der auf positive Feststellung der Wirksamkeit der Schiedsklausel gerichtete Antrag des Antragsgegners hingegen ist begründet. Die in § 29 des Gemeinschaftspraxisvertrages enthaltene Schiedsvereinbarung entspricht dem Formerfordernis des § 1031 Abs. 1 ZPO, da die Antragstellerin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht als Verbraucherin i.S.d. § 1031 Abs. 5 ZPO zu behandeln ist.

1. Der Senat ist sachlich und örtlich zuständig. Nach § 1062 Abs. 1 Nr. 2 ZPO entscheidet das OLG über Anträge betreffend die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahren (§ 1032 ZPO). Zur Entscheidung über den Antrag ist ...

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