Leitsatz (amtlich)

1. Die in einem Mietvertrag vorformulierte Verlängerungsklausel wird zur Individualvereinbarung, wenn die Parteien die Verlängerungsdauer in eine Textlücke eintragen.

2. Die ungünstige Umsatz- und Gewinnentwicklung seines Geschäfts in einem Einkaufszentrum gehört zum Verwendungsrisiko des Mieters.

 

Normenkette

BGB §§ 305, 305c, 535-537

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Aktenzeichen 7 O 461/03)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.

 

Tatbestand

Im Anschluss an einen seit 1981 bestehenden Mietvertrag schlossen die Parteien im Jahre 1991 einen neuen Mietvertrag zum Betrieb einer Bäckerei, beginnend mit dem 10.1.1991 und endend zum 30.9.1996.

In einer "Vorbemerkung" zum Vertrag ist Bezug genommen auf das für das Mietobjekt bestehende Pachtverhältnis zwischen der T-GmbH (Verpächterin) und der Klägerin (Pächterin), das am 31.12.2002 ende, allerdings mit einer Verlängerungsmöglichkeit bis Ende 2012. Der Beklagte erklärte sich mit einem für Ende 2002 erwarteten Vermieterwechsel einverstanden.

In § 3 Nr. 1 des Mietvertrages der Parteien heißt es dann: "Das Mietverhältnis verlängert sich um jeweils um weitere 5 Jahre, wenn nicht ein Vertragspartner 12 Monate vor dem jeweiligen Ablauf der Vertragszeit den Vertrag schriftlich kündigt."

Am 18.12.2002 kündigte der Beklagte die Räumung des Mietobjekts "zum Ablauf des Mietvertrages am 31.12.2002". Die Klägerin erwiderte, der Mietvertrag laufe bis zum 30.9.2006. Der Beklagte verblieb in den Räumen bis Ende August 2003. Die Klägerin nahm den Beklagten daraufhin wegen der Mieten für April bis August 2003 in Anspruch. Der Beklagte berief sich ferner auf Mängel des Mietobjekts, weil das Einkaufszentrum, in dem er die Bäckerei betreibe, durch Leerstände und ungünstigen "Branchenmix" geprägt sei, was zu mangelnder Rentabilität seines Geschäfts geführt habe. Dementsprechend hat der Beklagte widerklagend die Feststellung begehrt, er schulde der Klägerin keinen Mietzins mehr.

Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat keine Erfolgsaussicht. Das LG hat den Beklagten zu Recht zur Zahlung der Miete für die Monate April bis August 2003 verurteilt (3.695,10 EUR nebst gesetzlicher gestaffelter Zinsen) und es hat ferner zu Recht die mit der Widerklage verfolgte Feststellung, der Beklagte schulde aus dem Mietverhältnis keine Miete mehr, abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine günstigere Entscheidung. Zu den einzelnen Einwendungen des Beklagten gilt das Folgende:

1. Das LG hat richtig erkannt, dass das Mietverhältnis nicht am 31.12.2002 endete. Mit Blick auf die Verlängerungsklausel (§ 3 Nr. 1 S. 2 MV) hatte sich das Mietverhältnis erstmals mit Ablauf des 30.9.1996 und zum zweiten Mal mit Ablauf des 30.9.2001 mangels Kündigung/Widerspruchs um jeweils fünf Jahre verlängert (Verlängerungsautomatik). Es endet damit erst mit Ablauf des 30.9.2006, nachdem der Beklagte erstmals seinen Beendigungswillen mit Schreiben vom 18.12.2002 ggü. der Klägerin bekundet hat.

a) Die Erwägung des LG, die in § 3 MV vereinbarte Mietdauer stehe in keinem Widerspruch zu dem in der "Vorbemerkung" des Vertrags geregelten antizipierten Zustimmung des Beklagten zu einem künftigen, frühestens für den 31.12.2002 erwarteten Vermieterwechsel, trifft zu. Der Beklagte liest etwas in die "Vorbemerkung" hinein (Beendigung des Mietvertrags zum erstmöglichen Eintritt des Vermieterwechsels), was in ihr ersichtlich nicht geregelt ist. Die Lesart des Beklagten wirkt konstruiert und ist ersichtlich von seinem jetzigen Interesse an schnellstmöglicher Vertragsbeendigung beeinflusst. Aus der maßgeblichen objektiven Sicht unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen bei Vertragsschluss (§§ 133, 157 BGB, OLG Düsseldorf v. 27.5.2004 - I-24 U 270/03, OLGReport Düsseldorf 2004, 501) hat der eine Regelungsgegenstand mit dem anderen nichts zu tun.

b) Auch der Hinweis des Beklagten auf § 4 AGBG (richtig: § 5 AGBG, jetzt, § 305c BGB) hilft nicht weiter, weil bei richtiger Vertragsauslegung kein Widerspruch zwischen beiden in Rede stehenden Klauseln feststellbar ist (BGH NJW 2002, 3232, sub Nr. 4; OLG Düsseldorf v. 27.5.2004 - I-24 U 270/03, OLGReport Düsseldorf 2004, 501).

c) Unrichtig ist die Ansicht des Beklagten, die in § 3 Nr. 1 S. 2 MV vereinbarte Verlängerungsautomatik stelle eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar, sei mit fünf Jahren unangemessen lang und deshalb wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG (jetzt § 307 BGB) nichtig, so dass der Mietvertrag sich nicht automatisch verlängert habe. Der Beurteilung des LG, die Dauer der Vertragsverlängerung sei individuell zwischen den Parteien ausgehandelt worden, schließt sich der Senat an. Die rahmentextliche Gestaltung der Verlängerungsautomatik ist allerdings ersichtlich für ...

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