Leitsatz (amtlich)

1. § 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 VerkProspG führen bei Erwerbshandlungen ab dem 1.7.2005 nur dann zur Anwendung des vor dem 1.7.2005 geltenden Verkaufsprospekthaftungsrechts, wenn der Prospekt vor dem 1.7.2005 unter Beachtung der Vorschriften der §§ 8, 8a und 9 VerkProspG veröffentlicht worden ist.

2. Bei unterjährigen Inhaberteilschuldverschreibungen, die ab dem 1.7.2005 an Kleinanleger vertrieben worden sind, handelt es sich nicht um Geldmarktinstrumente i.S.d. § 2 Nr. 1 WpPG.

3. Der "initiierende Hintermann" haftet bei dem Vertrieb von prospektpflichtigen Wertpapieren ohne Prospekt nach § 13a VerkProspG al "Emittent".

4. Erfolgt der Erwerb von Inhaberteilschuldverschreibungen nicht durch Zahlung von Geld, sondern durch "Umtausch" demnächst fälliger Inhaberteilschuldverschreibungen des selben Emittenten, so bestimmt sich der "Erwerbspreis" i.S.d. § 13a VerkProspG (heute: § 21 VermAnlG) und § 44 BörsG (heute: § 20 VermAnlG) nach den nach außen hin hervorgetretenen Preisvorstellungen der Parteien.

5. Jedenfalls dann, wenn nicht börsennotierte Inhaberteilschuldverschreibungen fortgesetzt unter missbräuchlicher Nutzung von Nachträgen vertrieben werden, können sich die Prospektverantwortlichen nicht auf den Ablauf der 6-Monats-Frist des § 44 BörsG berufen, wenn zwischen dem Beginn des Vertriebs auf Grundlage des letzten Nachtrags und dem Erwerb noch nicht mehr als 6 Monate vergangen sind.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Urteil vom 16.05.2013; Aktenzeichen 02 O 2885/07)

 

Tenor

I. Das Teilversäumnisurteil vom 16.5.2013, mit dem die Berufung des Beklagten zu 3) zurückgewiesen worden ist, wird aufrechterhalten.

II. Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des LG Leipzig vom 31.8.2012 - 2 O 2885/07, wird zurückgewiesen.

III. Die Kosten der Säumnis hat der Beklagte zu 3) zu tragen. Die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu 1) und zu 3) als Gesamtschuldner zu tragen.

IV. Das Urteil des LG Leipzig vom 31.8.2012 - 2 O 2885/07, sowie dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des durch den jeweiligen Kläger gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen, soweit die Beklagten zu 1) und zu 3) als Gesamtschuldner unter Ziff. 1 der angefochtenen Entscheidung zur Zahlung von 50.000 EUR nebst anteiliger Zinsen Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus der Inhaberteilschuldverschreibung mit der ISIN-Nr. xxx und der Coupon-Nr. xxx und soweit sie unter Ziff. 2 der angefochtenen Entscheidung zur Zahlung von 10.000 EUR nebst anteiliger Zinsen Zug um Zug gegen die Abtretung der Ansprüche aus den Inhaberteilschuldverschreibungen mit der ISIN-Nr.: xxx und den Coupon-Nrn. xxx gegenüber der Klägerin zu 1) verurteilt worden sind.

Im Übrigen wird die Revision zugelassen.

 

Gründe

I. Die miteinander verheirateten Kläger machen gegen die Beklagten im Zusammenhang mit dem Erwerb von Inhaberteilschuldverschreibungen (im Folgenden auch: IHS) der Wxxx (im Folgenden: W.) Ansprüche wegen Verwendung fehlerhafter Verkaufsprospekte sowie Schadensersatzansprüche aus Deliktsrecht geltend.

Die W. war, nachdem bereits im Dezember 1989 über ihr Vermögen ein Antrag auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens gestellt worden war, nach Rücknahme des Antrags am 7.2.1990 ab Dezember 1991 zunächst der xxx oHG (im Folgenden: oHG) und danach dem Beklagten zu 3), firmierend als xxx e. K. (im Folgenden: e. K.), durch einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag unterworfen. Der Beklagte zu 3) war auch Mehrheitsaktionär der W. (im Jahr 2006 hielt er 74 % der Aktien) und war bis zum 30.11.1999 ihr Vorstand.

Zum 1.12.1999 wurde der Beklagte zu 1) zum Vorstand der W. bestellt. Bereits ab Mitte 1999 gab die W. Inhaberteilschuldverschreibungen in insgesamt 25 Tranchen an mehr als 35.000 Kapitalanleger aus, wobei in den Jahren 1999 bis 2001 jeweils eine IHS herausgegeben wurde, im Jahr 2002 vier, im Jahr 2003 und 2004 jeweils fünf, im Jahr 2005 sechs und in 2006 noch zwei Tranchen von IHS. Zudem wurden bei mehreren Tranchen von IHS durch Nachträge die Zeichnungsfristen verlängert sowie teilweise auch das Emissionsvolumen erhöht. Die Verbindlichkeiten der W. aus diesen Anleihen stiegen auf über 200 Mio EUR. In den Jahren 1999 bis 2004 zahlte die W. an eine xxx GmbH Beträge i.H.v. über 18 Mio EUR und an den Beklagten zu 3) mehr als 86 Mio EUR; unter Einbeziehung der Zahlungen an den Beklagten zu 3) in den Jahren 2005 und 2006 sind von 1999 bis 2006 insgesamt Zahlungen i.H.v. knapp 100 Mio EUR an den Beklagten zu 3) geflossen.

Die Kläger erwarben folgende streitgegenständliche Inhaberteilschuldverschreibungen:

a) Die Klägerin zu 1) erwarb vier IHS mit einem Nennwert von jeweils 2.500 EUR der Tranche mit der ISIN-Nr. xxx (im Folgenden: IHS 19) mit Zeichnungsdatum vom 17....

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