Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichteinzahlung des Gewährleistungseinbehalts auf gemeinsames Konto trotz Aufforderung des Unternehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Wenn der Besteller trotz Aufforderung des Unternehmers den Gewährleistungseinbehalt nicht auf ein gemeinsames Konto einzahlt, verliert er gemäß § 17 Ziff. G Abs. 3 VOB/B nur sein Zurückbehaltungsrecht aus dem Sicherungseinbehalt, nicht aber sein Zurückbehaltungsrecht aus Gewährleistung für behauptete, bereits erkannte Mängel.

 

Normenkette

VOB/B § 17

 

Verfahrensgang

LG Chemnitz (Aktenzeichen 5 O 6270/99)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 03.12.2002; Aktenzeichen XI ZR 311/01)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Chemnitz vom 30.11.2000 (Az.: 5 O 6270/99) samt dem zugrunde liegenden Verfahren aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsverfahrens – an das LG Chemnitz zurückverwiesen.

3. Gerichtskosten für das Berufungsverfahren werden nicht erhoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Beschwer der Klägerin, zugleich der Streitwert des Berufungsverfahrens, beträgt 49.500 DM.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

 

Gründe

I. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Teilurteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LG.

Das LG hat durch Teilurteil der Klage auf Restwerklohn stattgegeben, obwohl sich der Beklagte u.a. mit Gewährleistungsansprüchen verteidigt hatte, die noch nicht zur Entscheidung reif sind.

Das LG hat sich dennoch zum Erlass eines Teilurteils berechtigt gesehen. Der Beklagte habe sein Recht auf Sicherungseinbehalt als Besteller missbraucht, weil er trotz Verlangen des Unternehmers den Sicherungseinbehalt nicht auf ein gemeinsames Konto eingezahlt habe. Dadurch verliere er das Recht, sich im Werklohnprozess selbst mit Gewährleistungsansprüchen verteidigen zu dürfen.

II. Diese Meinung teilt der Senat nicht.

1. Mit dem LG gehen wir allerdings davon aus, dass die Klägerin durch den § 9.2 des Vertrages ihr Recht nicht eingebüßt hat, nach Wahl Bürgschaft zu stellen oder Einzahlung auf ein gemeinsames Konto zu verlangen, wenn der Besteller den Gewährleistungseinbehalt geltend macht.

a) Auslegung des Vertrages

Es ist bereits fraglich, ob durch die Vereinbarung einer bestimmten Art der Sicherheit im Vertrag das Recht der Klägerin, die Sicherheiten gegeneinander auszutauschen, ausgeschlossen wurde, insbesondere weil die Vereinbarung einen ausdrücklichen und unmissverständlichen Ausschluss nicht erkennen lässt. Ein solcher wird von der Beklagten auch nicht behauptet.

b) AGB-Widrigkeit der Klausel

Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Denn ein Ausschluss des Wahlrechts i.S.d. § 17 Nr. 3 1. Hs. in der Vertragsurkunde, die ersichtlich AGB-Charakter trägt, hält einer Überprüfung vor § 9 Abs. 2 AGBG nicht stand. Eine Beeinträchtigung der nach § 17 Nr. 2 und 3 VOB/B gewährten Möglichkeit der Wahl der Sicherheiten und der Ersetzungsbefugnis würde die Klägerin als Auftragnehmerin unangemessen benachteiligen, da ihr das Risiko der Insolvenz des Auftraggebers aufgebürdet wäre. Denn erkennbar kann für den Auftragnehmer durchaus ein berechtigtes Interesse daran bestehen, seinen ihm von seiner Bank eingeräumten Kreditrahmen nicht durch Bürgschaftsverpflichtungen zu belasten bzw. Avalzinsen zu sparen, insbesondere dann, wenn wie hier, eine Gewährleistungszeit von fünf Jahren zum Zuge kommt. Da dem Auftragnehmer grundsätzlich nach der gesetzlichen Regelung des § 641 Abs. 1 BGB schon mit Abnahme des Werks der volle Werklohn zusteht und er danach bei rechtzeitiger Geltendmachung des Anspruchs dem Risiko später eintretender Insolvenz des Auftraggebers vorbeugen kann, weicht eine AGB-Klausel, die in dem Auftragnehmer die Abwendung dieser Gefahr nur gegen fühlbare zusätzliche Opfer gestattet, gegen Treu und Glauben vom gesetzlichen Leitbild ab, wofür kein anerkennenswertes Interesse des Auftraggebers auszumachen ist. Denn diesem kommt es grundsätzlich nur darauf an, dass er Sicherheit dafür erhält, eventuell bestehende Gewährleistungsansprüche zu befriedigen. Dafür sind die in § 17 Nr. 2 VOB/B enthaltenen Arten der Sicherheitsleistungen aber in gleicher Weise geeignet. Insoweit folgt der Senat der Auffassung des KG in seinem Urt. v. 29.4.1988 (KG v. 29.4.1988 – 24 U 3307/87, BauR 1989, 207).

Der Verpflichtung zur Zahlung des Einbehaltes auf ein Sperrkonto steht nicht entgegen, dass die Klägerin zunächst beabsichtigte, den Einbehalt durch Übergabe einer Bürgschaft abzulösen.

2. Der Verstoß des Bestellers gegen § 17 VOB/B führt nicht zur Verwirkung von Gewährleistungsrechten.

Aus dem Verstoß des Beklagten gegen § 17 VOB/B folgt aber noch nicht, dass er keine Gewährleistungsrechte mehr einwenden darf.

§ 17 VOB/B nimmt dem Besteller nur die Möglichkeit, den vereinbarten Sicherheitseinbehalt dem Unternehmer vorzuenthalten, wenn noch gar keine Mängel gerügt sind. Dann bräuc...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge