Leitsatz (amtlich)

1. Die Veröffentlichung des Bildnisses eines Beamten des gemeindlichen Vollzugsdienstes ist nicht allein deswegen unzulässig, weil dieser bei einer Routinetätigkeit abgebildet wird (hier: Abschleppvorgang).

2. Vielmehr kann sie im Rahmen der Gesamtabwägung auch dann gerechtfertigt sein, wenn ein Ereignis der Zeitschichte bebildert werden soll und das Bildnis den Vorgang an sich erfasst, ohne den Beamten gezielt in den Vordergrund zu rücken.

 

Verfahrensgang

LG Leipzig (Aktenzeichen 08 O 1226/21)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Verhandlungstermin vom 13.9.2022 wird aufgehoben.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren soll auf 8000,- EUR festgesetzt werden.

 

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch - einstimmig gefassten - Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung einer am 19.8.2020 in der "xxx-Zeitung" L... sowie auf deren Y......-Seite erschienenen Veröffentlichung seines Bildnisses in Anspruch, das ihn im Hintergrund eines Abschleppvorgangs in Uniform als gemeindlicher Vollzugsbediensteter zeigt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Abschlepppraxis der Stadt L... sei seit geraumer Zeit Gegenstand des medialen Interesses, der Kläger sei nur im Hintergrund zu sehen und werde nicht als Gesicht des Abschleppvorgangs wahrgenommen. Weder werde er namentlich benannt noch bestehe die Gefahr, dass er aufgrund des Fotos einer größeren Öffentlichkeit bekannt werde. Mit der Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, ebenso wie bei Polizeibeamten dürfe sein Bildnis, das bei einem Routineeinsatz entstanden sei, nicht veröffentlicht werden. Einerseits bestehe an seinem Bildnis nur ein geringer Informationswert, andererseits bestehe die Gefahr, dass er durch die Veröffentlichung als Verantwortlicher für die Abschlepppraxis der Stadt L... bekannt werde. Ein Interesse der Öffentlichkeit an seiner identifizierbaren Abbildung sei nicht erkennbar. Überdies habe das Landgericht in die Abwägung fehlerhaft Gesichtspunkte einbezogen, die allein bei der Frage, ob er erkennbar abgebildet sei, hätten berücksichtigt werden dürfen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit §§ 22, 23 KUG, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auf Unterlassung der Wiedergabe des Bildes im Kontext der Berichterstattung vom 19.8.2020.

1. Der Anwendbarkeit der §§ 22, 23 KUG steht im hier betroffenen journalistischen Bereich die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung/DS-GVO, ABl. L 119 S. 1, ber. ABl. L 314 S. 72 und ABl. 2018 L 127 S. 2) nicht entgegen (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 2020 - VI ZR 246/19, juris Rn. 11).

2. Im Rahmen einer Presseberichterstattung beurteilt sich die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung vielmehr allein nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG, das sowohl mit verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch mit der Europäischen Menschenrechtskonvention in Einklang steht (vgl. BVerfGE 120, 180, 211 ff., juris Rn. 78 ff.; EGMR, NJW 2012, 1053 Rn. 114 ff; BGH, Urteil vom 6. Februar 2018 - VI ZR 76/17, NJW 2018, 1820 Rn. 10). Bildnisse einer Person dürfen danach grundsätzlich nur mit deren - hier nicht vorliegender - Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Hiervon bestehen allerdings gemäß § 23 Abs. 1 KUG Ausnahmen. Diese Ausnahmen gelten aber nicht für eine Verbreitung, durch die berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Die Veröffentlichung des Bildes einer Person begründet grundsätzlich eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts.

a) Bei den von der Beklagten verwendeten Fotografien des Klägers handelt es sich um Bildnisse im Sinne von § 22 Satz 1 KUG.

aa) Der Begriff des Bildnisses setzt die Erkennbarkeit der abgebildeten Person voraus. Dazu genügt es, wenn der Abgebildete durch Merkmale, die sich aus dem Bild ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar ist. Das Recht am eigenen Bild wird schon dann beeinträchtigt, wenn der Abgebildete begründeten Anlass hat, anzunehmen, er kön...

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