Entscheidungsstichwort (Thema)

Lärmschutz an Straßen. Lärmschutz. Konfliktbewältigung. Straßenplanung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Festsetzung passiven Lärmschutzes für eine eingeschossige Wohnbebauung in Form von Einzel- oder Doppelhäusern auf ca. 25 bis 30 m tiefen Grundstücken neben einer verkehrsreichen Kreisstraße stellt keine angemessene Konfliktbewältigung dar, wenn sich aus der Festsetzung der überbaubaren Fläche ergibt, daß die Terrassen bzw. Hausgärten zu dieser Straße ausgerichtet sind.

2. Zur öffentlichen Reichweite einer Außervollzugsetzung eines Bebauungsplans.

 

Normenkette

BauGB § 1 Abs. 5 Nr. 1; BauGB 1 VI; VwGO 47 VI

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bebauungsplan Nr. 51 „D.” der Antragsgegnerin.

Die Antragstellerin war Eigentümerin des 49.066 m² großen Flurstücks 39/1 der Flur 47 der Gemarkung W., das sich westlich der P. Straße (Kreisstraße K 248) erstreckt und mit Ausnahme der im Südosten des Flurstücks angesiedelten landwirtschaftlichen Hofstelle, die 8.460 m² groß ist, bisher dem Ackerbau diente. Die Ackerfläche ist seit 1. Oktober 1994 an einen Landwirt verpachtet. An einen anderen Landwirt sind seit 1. Dezember 1994 auf neun Jahre weitere landwirtschaftliche Flächen außerhalb des Plangebietes verpachtet, mit verpachtet sind der Schweinestall (80 bis 90 Plätze) und der Kuhstall (20 Anbindungen) auf der Hofstelle.

Der Verwaltungsausschuss des Rates der Antragsgegnerin beschloss am 20. Februar 1997 die Aufstellung des Bebauungsplanes an der südlichen Ortsrandlage zwischen K. und P. Straße auf einem bisher weit überwiegend nicht bebauten Areal, um dort Wohnbauflächen zu schaffen. Die Antragstellerin machte im Aufstellungsverfahren Anregungen und Bedenken geltend. Der Rat der Antragsgegnerin beschloss nach Prüfung der Anregungen und Bedenken am 11. Februar 1999 den Bebauungsplan als Satzung. Die Bekanntmachung datiert vom 24. Februar 1999.

Der Bebauungsplan setzt allgemeines Wohngebiet (WA) mit unterschiedlichen Nutzungsbereichen (Nr. 1 bis 4) fest. Auf der Hofstelle der Antragstellerin wird ein 1.200 m² großes WA 2-Gebiet festgesetzt, in dem Gartenbaubetriebe allgemein zulässig sind. Im Westen und Norden der Hofstelle werden Flächen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 20 BauGB zur Entwicklung einer 2 m hohen Hecke (A 2), im Osten zur Anlage einer Obstbaumwiese (A 5) festgesetzt. In der südöstlichen Ecke des Betriebsgrundstückes wird, einer Festsetzung zum Schutze der dort stehenden erhaltenswerten Bäumen nach Norden folgend, eine Fläche für Versorgungsanlagen mit der Zweckbestimmung Abwasser (Pumpwerk) festgesetzt. Für einen Teilbereich des WA 1-Gebietes entlang der P. Straße wird zum Schutz bzw. zur Vermeidung oder Minderung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch den Straßenverkehr auf der P. Straße festgesetzt, dass passiver Schallschutz für Räume mit dauernder Aufenthaltsfunktion und Schlafräume vorzusehen ist (vgl. die textliche Festsetzung § 5).

1995 leitete der Umlegungsausschuss der Antragsgegnerin das Umlegungsverfahren ein, dass das Flurstück 39/1 der Antragstellerin vollständig erfasste. Einen Antrag der Antragstellerin auf gerichtliche Entscheidung gegen den Umlegungsbeschluss wies das Landgericht Oldenburg mit rechtskräftigem Urteil vom 5. November 1998 zurück (9 O 1868/98). Nach der Umlegungskarte werden der Antragstellerin 34 Baugrundstücke zugewiesen, die mit Ausnahme von vier Bauplätzen im Westen der Hofstelle in dem Bereich des ehemaligen Flurstückes 39/1 liegen (insgesamt 33.514 m²).

Die Antragstellerin hat am 24. August 2000 die Normenkontrolle eingeleitet (1 K 3075/00). Zugleich hat sie um Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht. Sie trägt vor: Die einstweilige Anordnung sei eilbedürftig, weil die Antragsgegnerin mit der Verlegung von Versorgungsleitungen in den Baustraßen im Bereich des ehemaligen Flurstücks 39/1 begonnen habe. In der Sache sei der Antrag wegen der Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren begründet. Der Bebauungsplan verstoße gegen den Grundsatz der Erforderlichkeit der Planung. Etwa 1/3 der festgesetzten Wohnbaufläche stehe nicht zur Bebauung zur Verfügung, weil sie bereits im Aufstellungsverfahren ihre Absicht bekundet habe, ihren Grundbesitz weiterhin landwirtschaftlich und/oder gärtnerisch nutzen zu wollen. Eine solche Planung stelle einen groben städtebaulichen Missgriff dar. Die Nutzungsbeschränkungen seien auch nicht mit dem Abwägungsgebot vereinbar. Auch wenn der Pächter der Ställe derzeit dort keine Tiere halte, sei eine entsprechende landwirtschaftliche Nutzung in den vorhandenen Gebäuden naheliegend. Die auf dem Betriebsgrundstück festgesetzte Baugrenze orientiere sich nicht am vorhandenen Gebäudebestand. Für die Einschränkung der baulichen Nutzbarkeit werde kein hinreichender städtebaulicher Grund genannt. Mit dem Grundsatz der Lastengleichheit sei nicht zu vereinbaren, dass die Antragsgegnerin auf ihrem Grundeigentum Grünflächen mit der Bezeichnung A 2 und A 5 festgesetzt habe. Insbesondere hätten die für die Flä...

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